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Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen
Autoren: Dana Horáková
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    Ludwigs Liebe für Wagner ist so enorm, dass sie auch Cosima und Bülow umfasst. Auf Wagners Bitte ernennt er den Berliner zum »königlichen Vorspieler«, die Bülows ziehen um nach München, Cosima verwaltet beide Haushalte und verwandelt sich in Wagners Managerin. Sie dient, das aber aus voller Überzeugung: »Jedes Wort von ihm ist mir ein Glaubenssatz.«
    Aber im Unterschied zu Bülow darf Ludwig als katholischer König Wagners ehebrecherische Beziehung nicht dulden. Er verweist ihn des Landes – und Wagner landet, einmal mehr, in der Schweiz. Hier, in der Villa Tribschen bei Luzern, verbringt er sechs glückliche Jahre, komponiert die Meistersinger (für Bülow das »deutscheste, reifste Kunstwerk«), hier kommt seine zweite Tochter Eva auf die Welt. Als Bülow von der Geburt erfährt, eilt er zu Cosimas Bett und sagt unter Tränen: »Ich verzeihe!« Ihre Antwort: »Nicht verzeihen, verstehen muss man.« Und nun geschieht das Unfassbare: Sie zieht mit dem Baby in Bülows Münchner Wohnung ein. Um Wagner zu schützen? Fest steht: Bülow ist kein lächerlicher Hahnrei, eher eine tragischeGestalt. Seine Ehe ist doch schon längst eine platonische, seine Hingabe an seinen »Meister« zu bedingungslos. Er duldet, was nicht zu ändern ist. Und bringt der Kunst ein einmaliges »Freundschaftsopfer«. Die Bülow-Töchter nennen Bülow »Vater«, ihren Stiefvater Wagner »Papa«.
    Es ist Cosima, die beschließt, dass es nicht so weitergehen kann. Sie will die Scheidung. Bülow lehnt ab. 1869 kommt Stammhalter Siegfried auf die Welt. Wagner zerfließt in Tränen. Endlich willigt auch Bülow ein, sich scheiden zu lassen. Mit Wagner spricht er nie wieder ein Wort. Am 25. August 1870, dem Geburtstag von Ludwig II., nimmt Wagner Cosima zur Frau. Wagner jubelt: »Wir sind nicht von dieser Welt, du, Er (der König) und ich.« Sie: »Je tiefer ich leide, je stärker bildet sich in mir diese seltsame Wollust des Leidens!«
    Er nennt sie »Mein Alles’chen«, sie ihn »Erretter meiner Seele«. Er bringt ihr Whist bei, aber sie muss ihn gewinnen lassen. Jeden Abend spielt er ihr vor, was er komponierte. Sie betet oft, schickt die Kinder in die Kirche, er fühlt sich vom Buddhismus angezogen. Er ist verschwenderisch, sie versteht, dass »Luxus in der Not« sein Weg ist, sich aufrechtzuhalten. Friedrich Nietzsche kommt 23 Mal zu Besuch. Sie steckt Richards einjährige Affäre mit einer Französin als ein Symptom seiner »Torschlusspanik« weg. Als 1870 Frankreich Preußen den Krieg erklärt, schreibt die gebürtige Französin in ihr Tagebuch: »Wie hassenswürdig erschien die französische Nation!«
    Auch vom ultimativen Luxus träumt er schon, spätestens seitdem Bismarck 1871 das Reich eint, Wilhelm I. in Versailles zum Kaiser erklärt wird: Er will »nationale Festspiele«, bei denen man seine Opern, allen voran die geplante Tetralogie Der Ring des Nibelungen , aufführen könnte – im eigenen Festspielhaus. Der Plan ist gut, aber es mangelt an Geld. Wagner setzt alle Hebel in Bewegung, Cosima organisiert Kampagnen, lockt Sponsoren und empfindet sich nicht mehr als ergebene Gefährtin eines launischen Genies, eher als Teil einer »nationalen Institution«.
    Am 22. Mai 1872, an Wagners Geburtstag, wird der Grundstein für das Bayreuther Festspielhaus gelegt. Vom 13. bis 17. August 1876 gehen die ersten Festspiele über die Bühne. Zur Eröffnung erscheinenunter anderen Kaiser Wilhelm I. und Dom Pedro II. von Brasilien. Das Ergebnis: gespaltene Kritiken und ein Verlust von 170 000 Mark.
    Nun geht es Cosima um den Erhalt einer »nationalen Institution«. Sie schickt ihn auf Konzertreise (wo er unter anderem von Königin Victoria von England empfangen wird), kämpft mit ihm um ein gemeinsames Ziel – und übernimmt dabei auch Richards grotesken Antisemitismus. Dass Bayreuth später zum Mekka der Nazis wird, ist zwar eher die Folge einer politischen Tendenzverschiebung in der Wagner-Rezeption. Cosimas Kult um Wagner wird jedoch zum Fundament des militanten Deutsch-Nationalismus.
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    »Mir blieb nur die Wahl, die keine Wahl war«
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    Als Wagner stirbt, telegrafiert Bülow: »Schwester, du musst weiterleben!« Das wird sie, aber nur um Wagners Vermächtnis zu konservieren. The Show must go on : »Groß aber kann an mir nur die Widerspiegelung seines Wesens sein.« Die Witwe führt Regie, bestimmt Besetzung, korrespondiert mit Politikern, verhandelt mit Banken, streitet um Aufführungsrechte und Tantiemen. Neues lehnt sie ab.
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