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Starke Frauen

Starke Frauen

Titel: Starke Frauen
Autoren: Dana Horáková
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Wie betörend, der Freiheitsdrang der wunderschönen Jungfer! Ab sofort hört Elisabeth nur, wenn man sie »Hedwig« ruft. Und dann passiert ein Wunder: Der Zirkusdirektor engagiert das Mädchen als »Dornröschen«! Hedwig geht in ihrer Rolle auf und läuft davon, um, von einem Prinzen träumend, für immer beim Zirkus zu bleiben. Zwei Gendarmen bringen die Flüchtige zurück.
    Mit 12 endet für sie die Schule. Sie folgt ihrer Mutter nach Leipzig, arbeitet als Dienstmädchen, ehe sie als Betreuerin einer alten Dame angestellt wird. Sie muss vorlesen. Aus Heftchen-Romanen, Zeitungen und aus der Gartenlaube , dem Familienblatt des Deutschen Reichs (Auflage 400 000). Liest sie eine Geschichte von Eugenie John, die unter dem Pseudonym Marlitt schrieb, sind die Dame und ihre Vorleserin zu Tränen gerührt: »Ich wollte werden wie die von mir so angebetete Marlitt. Kurz und gut, ich schrieb Geschichten.« Damals ließ sie »alle sterben, die in meinen Romanen zu tun hatten. Damals hatte ich ja wenig Grund zu der Hoffnung, dass auch einmal etwas gut ausgehen könnte.«
    Erst als ihr der Kunstmaler und Dekorateur Fritz Courths Zettel mit pfeildurchbohrten Herzen zusteckt, beschert sie ihren Helden ein Happy End. Das Paar zieht nach Halle, wo Fritz eine Stelle als Dekorationsmaler findet, aber so wenig verdient, dass Hedwig, bald zermürbt und unterernährt, Zimmer vermietet und »Tischherren« bekocht, um sich und ihre beiden Töchter Friede und Margarete durchzubringen. Fritz malt Schießscheiben für Schützenvereine, Hedwig steht ihm Modell »im klassischen Kostüm« (nackt). Also schreibt sie wieder. Nachts.
    Dann die Wende: Fritz wird »künstlerischer Direktor« einer Textilfabrik in Chemnitz. 1900 vertritt er die Firma bei der Weltausstellung in Paris, kehrt mit einer goldenen Medaille für das Unternehmen und einer silbernen für seinen Entwurf für Vorhänge aus champagnerfarbener Glanzseide mit stilisierten Nelken zurück. Die Mädchen kommen auf die höhere Töchterschule und spielen Tennis, im Theater wird eine Loge abonniert, Personal angestellt. Vor allem: Sie hat endlich Zeit fürs Schreiben.
    Eines Abends dinieren die Courths bei Freunden, da flüstert Hedwigs Tischpartner ihr zu: »Schöne Frau! Wissen Sie, dass Sie Dichteraugen haben?« Sie erwidert trotzig: »Ich schreibe ja auch!« Der Herr ist kein Geringerer als Paul Herrmann Hartwig, Kulturredakteur des Chemnitzer Tageblatts .
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    »Eine Dame? Nein, das war ich nie, und das werde ich nie sein«
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    Hedwig bringt ihm eines ihrer Werke. Er reagiert schnell: »So etwas von Fehlern in einem Manuskript habe ich noch nie erlebt. Aber Spannung und Herz. Wir bringen den Erstdruck. Schrumm!« Und einen schwungvollen Namen hat er auch schon: HCM, alias Hedwig Courths-Mahler. Für ihre erste gedruckte Geschichte »Sei nicht böse, Regina« erhält sie 42 Pfennig.
    Für ihren ersten Roman Licht und Schatten zahlt das Blatt 250 Mark. Die Chemnitzer Allgemeine bietet 500 Mark für einen Fortsetzungsroman. Die Union Deutscher Verlagsgesellschaften kauft Die Schein-Ehe für 2400 Mark. Von 1905 bis 1910 veröffentlicht Hedwig Courths-Mahler in Zeitungen acht Fortsetzungsromane. Von 1911 bis 1915: 23 (darunter Die Bettelprinzess ). Den Vertrag mit dem Leipziger Rothbarth Verlag muss noch der Gatte mit unterschreiben, der erste Roman in Buchform Ich lasse Dich nicht wird 750 000-mal verkauft.
    »Eine Frau, die schreibt, ist keine Hausfrau mehr«, bemerkt zwar Fritz. Aber der lebenslustige Rheinländer hat keine Probleme damit, im Schatten seiner Gattin zu leben, weil sie sich trotz Ruhm und Reichtum kein bisschen geändert hat. Sie ist gerne Hausfrau, Ehefrau und Mutter. Bei Zwistigkeiten lässt sie ihm das letzte Wort, sie hortet keinen Schmuck (besitzt nur eine goldene Nadel, eine goldene Uhr und zwei winzige Ohrringe mit Chrysopras). Als sie sich endlich, um den Töchtern keine Schande zu machen, einen Persianermantel kauft, etwa für die Oper, ist der Abend verdorben: »Da sitze ich hier, und der teure Persianermantel hängt draußen in der Garderobe, und wer weiß, was aus ihm wird!« Hedwig bleibt bodenständig.
    1905 zieht die Familie nach Berlin um, am 16. Juni 1915 wird imBerliner Hotel »Kempinski« eine Doppelhochzeit gefeiert: Die beiden Kriegsbräute, Friede und Margarete, nehmen einen Schauspieler, beide werden Schriftstellerinnen wie ihre Mutter, beide bleiben kinderlos.
    Von 1916 bis 1920 schreibt sie 20 Romane. Während des Krieges druckt man ihre
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