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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Autoren: Ilona Andrews
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Der Buchhalter nahm die obersten acht Seiten wieder fort. »So, bitte schön, eine kleine Erleichterung für unsere VIP .«
    »Juhu!« Ich griff mir den Papierstapel.
    »Ach, übrigens, Kate, ich wollte dich was fragen.«
    Und ich wollte die Formulare ausfüllen und heim ins Bett. »Schieß los.«
    Er griff unter den Tresen. Die Söldnergilde residierte in einem ehemaligen Sheraton-Hotel am Rande von Atlanta-Buckhead, und dieser Tresen hatte damals zu einer Hotelbar gehört. Der Buchhalter holte eine dunkelbraune Flasche hervor und stellte sie mit einem Glas vor mich hin.
    »Äh, danke, aber ich steh nicht so auf geheimnisvolle Liebestränke.«
    Er lachte. »Das ist Hennessy. Cognac. Sehr guter Stoff. Ich wollte dir nur etwas zu trinken anbieten.«
    »Danke, aber ich trinke nicht.« Nicht mehr jedenfalls. Bei mir daheim hatte ich für den äußersten Notfall immer noch eine Flasche Boone’s Farm Sangria im Schrank, aber Hochprozentiges kam überhaupt nicht infrage. »Was wolltest du mich fragen?«
    »Wie ist es denn so, für den Orden zu arbeiten?«
    »Willst du wechseln?«
    »Nö, ich bin hier ganz zufrieden. Aber ich habe einen Neffen. Und der will Ritter werden.«
    »Wie alt?«
    »Sechzehn.«
    Bestens. Der Orden hatte sie gern so jung. In dem Alter ließen sie sich noch leicht einer Gehirnwäsche unterziehen. Ich nahm mir einen Stuhl. »Ein Glas Wasser würde ich schon trinken.«
    Er brachte mir das Wasser, und ich trank einen Schluck. »Der Orden macht im Grunde das Gleiche wie wir: Sie entsorgen magisches Gefahrengut jeder Art. Mal angenommen, man hat nach einer Magiewoge eine Harpyie bei sich im Baum sitzen. Dann ruft man als Erstes die Polizei.«
    »Wenn man dumm ist«, sagte der Buchhalter und grinste.
    Ich zuckte die Achseln. »Die Polizei wird einem sagen, dass sie gerade voll ausgelastet ist – mit einem Riesenwurm, der drauf und dran ist, ein ganzes Gerichtsgebäude zu verschlingen. Sie wird einem sagen, dass man sich von der Harpyie fernhalten soll und dass sie kommen, sobald sie können. Das übliche Blabla. Dann ruft man bei der Gilde an. Warum sollte man so lange warten, wenn ein paar Söldner für dreihundert Dollar kurzen Prozess mit der Harpyie machen und anschließend dem kleinen Sohnemann auch noch eine hübsche Schwanzfeder für seine Mütze schenken. Nicht wahr?«
    »Stimmt.«
    »Aber wenn man nun nicht einfach so dreihundert Dollar übrig ha t … Oder wenn es sich um einen Kode zwölf handelt – eine Sache, die zu haarig ist, als dass die Gilde sich darum kümmern könnt e … Und da hockt immer noch diese Harpyie im Baum, und man will, dass sie verschwindet. Dann ruft man beim Orden an, denn man hat gehört, dass die nicht so viel Geld dafür verlangen. Sie bitten dich, in ihre Niederlassung zu kommen, und da sprichst du dann mit einem netten Ritter, der deine Einkommenssituation durchcheckt und dir anschließend die gute Nachricht überbringt: Da sie ermittelt haben, dass du dir mehr nicht leisten kannst, werden sie dir dafür nur fünfzig Dollar berechnen. Dein Glückstag.«
    Der Buchhalter sah mich argwöhnisch an. »Und wo ist der Haken?«
    »Der Haken ist der: Sie geben dir einen Wisch, den du unterschreiben sollst. Dein Hilfegesuch an den Orden. Und darin steht in Großbuchstaben, dass du den Orden dazu ermächtigst, jedwede Gefahr für die Menschheit zu beseitigen, die sich im Zusammenhang mit diesem Fall ergeben könnte.«
    Der Orden der mildtätigen Hilfe hatte seinen Namen gut gewählt. Er bot tatsächlich mildtätige Hilfe, meist per Kugel oder Klinge. Das Dumme war bloß, dass man dort manchmal mehr Hilfe bekam, als einem lieb war.
    »Nun sagen wir mal, du unterschreibst das Hilfegesuch. Dann kommen die Ritter zu dir raus und beobachten die Harpyie. Als Nächstes fällt dir auf, dass jedes Mal, wenn du das verdammte Ding entdeckst, deine alte, senile Tante verschwunden ist. Du behältst die alte Dame also im Auge, und es kommt, wie es kommen musste: Als die Magie wiederkehrt, verwandelt sie sich prompt in eine Harpyie. Da sagst du den Rittern natürlich, dass du die ganze Sache abblasen willst – denn du liebst deine alte Tante, und sie tut ja auch keinem was, wenn sie da im Baum hockt. Die Ritter aber erzählen dir, dass fünf Prozent aller Harpyien eine tödliche Krankheit an den Klauen tragen und dass sie daher eine Gefahr für die Menschheit darstellen. Du wirst wütend, du brüllst rum, du rufst die Bullen, aber die Bullen sagen dir, das sei alles vollkommen legal und
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