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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Autoren: Ilona Andrews
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hilfreich, dass wir, da in den nächsten Wochen die Magie nicht herrschte, zu konventioneller Medizin zurückkehren mussten. Ich hatte ein halbes Dutzend Schnittwunden davongetragen, einige unangenehm tief, und mir zwei Rippen gebrochen. Andrea hatte eine klaffende Schnittwunde auf dem Rücken, die unter normalen Umständen flugs geheilt wäre. Doch nach dem Flair dauerte das. Sie war Schmerzen nicht gewöhnt und warf händeweise Schmerzmittel ein.
    Nachdem Red verschwunden war, hatte sich Julie ganz in sich selbst zurückgezogen. Sie gab nur noch einsilbige Antworten, wenn man sie etwas fragte, und aß auch nicht mehr. Am Donnerstag reichte ich meinen letzten Bericht ein, zusammen mit einem Urlaubsantrag, packte sie in meinen alten, benzinbetriebenen Subaru und fuhr mit ihr nach Süden, in die Nähe von Savannah, wo ich immer noch das alte Haus meines Vaters besaß. Andrea versprach, mit dem Orden alles zu regeln, sobald die Ritter zurückgekehrt waren.
    Die Fahrt dauerte ewig. Ich war aus der Übung und musste unterwegs halten, um eine Verschnaufpause einzulegen. Wir fuhren an der Ausfahrt vorbei, die zu meinem Haus führte, und weiter an der Küste entlang bis in eine kleine Stadt namens Eulonia, zu einem alten Restaurant namens Pelican Point. Der Wirt schuldete mir noch einen Gefallen, sonst hätte ich mir ein Essen dort gar nicht leisten können.
    Das Restaurant lag direkt an einem Fluss, kurz vor der Stelle, an der das Süßwasser und der Atlantik aufeinandertrafen. Erst saßen wir draußen, in einer Laube am Hafen, und sahen zu, wie die Fisch- und Krabbenkutter sich ihren Weg durch die Untiefen des Salzsumpfs bahnten und dann ihren Fang entluden. Anschließend gingen wir hinein und suchten uns einen kleinen Tisch am Fenster aus, dann führte ich Julie ans Fisch- und Meeresfrüchtebüfett.
    Mit mehr unterschiedlichen Speisen konfrontiert, als sie je in ihrem Leben auf einem Fleck gesehen hatte, erstarrte Julie. Ich belud ihren Teller, tat uns Krebsbeine auf und führte sie zurück an unseren Tisch. Sie probierte die gebratenen Shrimps und Geschwärzten Buntbarsch.
    Als ich die zweite Portion Krebsbeine zu knacken begann, brach Julie in Tränen aus. Sie weinte und aß in geschmolzene Butter getunktes Krebsfleisch, leckte sich die Finger ab und weinte weiter.
    Auf der Heimfahrt saß sie missmutig da.
    »Was geschieht jetzt mit mir?«, fragte sie schließlich.
    »Der Sommer ist schon fast vorbei. Irgendwann musst du mal zur Schule gehen.«
    »Wieso das?«
    »Weil du eine besondere Gabe hast. Ich will, dass du etwas lernst und andere Leute kennenlernst. Andere Kinder und Erwachsene, damit du erfährst, wie sie denken. Damit dich niemand je wieder ausnutzen kann.«
    »Die werden mich nicht mögen.«
    »Du wirst dich wundern.«
    »Wird es eine dieser Schulen sein, wo man dann auch wohnt?«
    Ich nickte. »Ich würde eine miserable Mom abgeben. Ich bin nicht oft zu Hause, und selbst wenn ich daheim bin, bin ich nicht dazu geeignet, auf ein Kind aufzupassen. Die verrückte Tante aber, die könnte ich sein. In den Ferien kannst du mich immer besuchen kommen. Dann mache ich uns leckeren Gänsebraten.«
    »Wieso nicht Truthahn?«
    »Ich mag keinen Truthahn. Zu trocken.«
    »Und wenn es mir da nicht gefällt?«, wollte Julie wissen.
    »Dann suchen wir weiter, bis wir eine Schule finden, die dir gefällt.«
    »Und ich kann im Notfall immer bei dir wohnen?«
    »Jederzeit«, versprach ich.
    Drei Wochen später gab ich Julie bei der Macon Kao Arts Academy ab. Ihre magischen Fähigkeiten und meine katastrophale Einkommenssituation sorgten dafür, dass sie problemlos ein Stipendium bekam. Es war eine gute Schule in einem friedlichen Ort mit einem schönen, parkartigen Campus, der von einer drei Meter hohen Mauer mit Wachtürmen umgeben war, die mit Maschinengewehren und Pfeilwerfern bestückt waren. Ich lernte jedes einzelne Mitglied des Lehrkörpers kennen, und keiner schien Lust darauf zu haben, sich irgendeinen Schwachsinn bieten zu lassen. Sie hatten eine Empathin als Schulpsychologin. Sie würde Julie helfen, das alles zu überwinden.
    Es war schon dunkel, als ich endlich zu Hause ankam. Wie stets nach einem Flair ließ die Magie die Welt eine ganze Weile in Ruhe, und ich hatte die Fahrt mit Betsi unternehmen müssen, die mich auf halber Strecke ohne erkennbare mechanische Ursache fast im Stich gelassen hätte. Als ich schließlich vor meiner Haustür anhielt, war ich hundemüde. Ich stieg im Halbdunkel die Eingangstreppe
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