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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung
Autoren: Kat Martin
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offensichtlich Mittelpunkt des allseitigen Interesses
geworden zu sein schien.
    Sie wandte
sich um, doch die Augen der Menge schienen ihr zu folgen. Zuerst glaubte sie,
sie würde sich das alles nur einbilden, doch schon bald wurde ihr klar, daß
die Menschen sie wirklich alle anstarrten. Vielleicht war es die Tatsache, daß
sie ohne Begleitung zu sein schien, oder weil ihr Mann so etwas wie ein Held
geworden war? Als sie dann aber die leise geflüsterten Worte hörte und das
Murmeln der Menge, das eindeutig ihr galt, wurde ihr unheimlich.
    Jessie
blickte sich nach einem vertrauten Gesicht um. Sie sah zwar mehrere Damen aus
dem Bekanntenkreis von Lady Bainbridge, doch niemanden, den sie wirklich gut
kannte.
    Die Frau,
die ihr am nächsten stand, flüsterte ihrer Freundin etwas zu. Deren Augen
wurden vor Erstaunen kugelrund, und sie blickte schnell zur Seite. Eine andere
Frau trat ein paar Schritte zurück und zog ihren schweren seidenen Rock hastig
aus dem Weg, als hätte gerade etwas Schmutziges ihren Weg gekreuzt.
    Jessies
Herz begann zu rasen, ihre Handflächen wurden feucht. Lieber Gott, was war nur
los? Sie sah sich um und suchte nach Gwen, doch sie und Adam waren nirgendwo zu
entdecken. Jemand lachte hämisch und deutete in ihre Richtung. Ein alternder
Dandy rollte mit den Augen und sagte etwas zu einem dicken, grauhaarigen
Händler, und die beiden lachten laut auf. Die Menge war weiter zurückgewichen.
Sie bildete nun einen Halbkreis, in dessen Mitte Jessie als Zentrum der allgemeinen
Aufmerksamkeit stand.
    Panik stieg
in ihr auf. Sie kämpfte gegen den verzweifelten Wunsch an wegzulaufen. Sie
zwang sich, ruhig zu bleiben. Gelassen ging sie zur Tür in den nächsten Salon.
Sie hielt den Kopf hoch erhoben, doch mit jedem Schritt zitterten ihre Beine
stärker. Es schien, als würden die Menschen eine Gasse für sie frei machen.
    Irgend
etwas stimmte nicht. Stimmte ganz und gar nicht. Lieber Gott, was war nur
los?
    »Da ist sie
ja«, flüsterte eine grauhaarige Matrone. »Das ist sie.«
    »Ihr könnt
doch sicher nicht Lady Strickland meinen?«
    Die ältere
Frau grunzte. »Wohl kaum eine Lady. Also, dieses Mädchen ist eine Diebin und
eine Betrügerin. Die Wahrheit ist, ihre Mutter war eine Dirne. Nichts als eine
schmutzige kleine Hure.«
    Jessie
schwankte. Oh, lieber Gott. Sie wäre gefallen, wenn nicht in diesem
Augenblick der starke Arm eines Mannes, der aus der Menge trat, sie
festgehalten hätte.
    »Ganz
ruhig«, flüsterte er ihr zu. »Haltet Euch an mir fest.« In seiner
scharlachroten Kavallerieuniform erschien ihr Adrian Kingsland, Lord
Wolvermont, wie ein Ritter in glänzender Rüstung. Er
hatte nie zuvor besser ausgesehen – war ihr nie willkommener gewesen.
    »Lady
Strickland«, beruhigte er sie. »Eure Freunde haben nach Euch gesucht ... Lord
und Lady St. Cere. Sollen wir zu ihnen gehen?«
    Jessie fuhr
sich über die Lippen. Sie fürchtete, daß sie kein Wort herausbringen würde. »
Ja ...«, krächzte sie. Ihre Beine knickten fast ein, und alles Blut schien aus
ihrem Gesicht gewichen zu sein.
    Wolvermont
legte ihre Hand auf seinen Arm, und sie richtete sich auf an seiner Stärke,
faßte neuen Mut. Sie ließ sich von ihm aus dem Salon führen. Gerade, als sie
durch die Tür gingen, entdeckte sie aus den Augenwinkeln Caroline Winston. In
einem weißen Kleid stand sie im Schein eines Kronleuchters.
    Ein
grausames, triumphierendes Lächeln erhellte ihr Gesicht, und Jessies Magen hob
sich bei diesem Anblick. Sie brauchte ihre ganze Kraft, um weiterzugehen.
    »Ruhig.«
Wolvermont hatte Caroline gesehen. Er wußte, wer sie war, und ahnte wie Jessie,
was geschehen war.
    »Ich kann
... ich kann meine Freunde nicht sehen. Ihr sagtet doch, sie suchen nach mir.«
    Er
lächelte. »Ich bin sicher, das würden sie auch tun, wenn sie wüßten, daß Ihr
sie braucht. Doch leider dauert es eine gewisse Zeit, bis wir sie in dieser
Menschenmenge gefunden haben.«
    Ihre Hand
klammerte sich fester um seinen Arm. »Nein ... bitte, Mylord. Ich ... ich würde
gern nach Hause gehen. Dürfte ich Euch bitten, mich nach Hause zu bringen?«
    Er nickte
kurz. »Natürlich, Mylady. Es wird keine Umstände machen. Ich brauche nur einen
Moment, um meine Kutsche rufen zu lassen.« Er wollte sie allein lassen, doch
als er in ihr blasses Gesicht sah und das Zittern ihres Körpers fühlte,
entschied er anders. »Vielleicht wäre es besser, wenn Ihr gleich mit mir
kommt.«
    Ein paar
Minuten später saß Jessie ihm gegenüber in der
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