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Spritztour - Roman

Spritztour - Roman

Titel: Spritztour - Roman
Autoren: Andy Behrens
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wahrscheinlich bald Sex haben würde, falls er nichts verpfuschte. Oder auf den nächsten vierzig Meilen nichts schiefging.
    Er sandte Danielle eine weitere SMS:
WAUMI
    Sie antwortete schon bald:
SUPER PARTY! BEBI! WAUDI …
    Irgendwie machte das Ian noch nervöser. Ein bedrohliches Gefühl beschlich ihn. Er war sicher, dass Danielle schon weg sein würde, wenn er ankam. Oder sie würde über alle Maßen betrunken sein. Oder einfach enttäuscht sein von ihm. Er ließ sich noch tiefer in die bequeme Rückbank der Kreatur sinken.
    »He, äh, Ian«, sagte Felicia. »Haben diese kleinen roten Lichter hier schon auf der ganzen Fahrt geleuchtet? Oder ist das was Neues?«
    Ian schoss hoch. Die Öl- und Motorlämpchen leuchteten auf.
    »Nein«, sagte er. »Das ist ganz sicher neu.«
    »Soll ich anhalten?«, fragte Felicia.
    Unter der Haube fing es an zu rattern. Laut. Dann war ein leises Pfeifen zu hören, das schnell zu einem hohen Jaulen wurde. Felicia ging mit der Geschwindigkeit runter.
    »Wir können nicht auf der Autobahn anhalten«, sagte Ian.
    »Warum nicht?«, fragte sie. »Wir rufen den Automobilclub oder so was. Einen Abschleppwagen.«
    »Hör mal, wir können jetzt nicht anhalten«, sagte Ian und wurde lauter.
    »Na, dann sollten wir vielleicht meine Eltern anrufen und …«
    »Hey!«, fuhr Ian sie an. Seine neuerdings geschwungenen Augenbrauen verliehen seinem Gesicht einen absolut versteinerten, ja beinahe irren Ausdruck. »Eltern werden wir auf keinen Fall anrufen. Wie sind noch weiiiit davon entfernt, Eltern anzurufen, okay? Bleib einfach ruhig.«
    »Du meinst, so wie du?«, fragte Felicia.
    »Nein, ich meine, wie … wie jemand, der viel ruhiger ist als ich. Bleib einfach ruhig, das ist alles. Und egal was du tust: Fahr weiter.«
    Das tat sie. Die Kreatur fuhr noch etwa zehn Meilen lang mit etwa der erlaubten Höchstgeschwindigkeit durch die schwarze Nacht. Für Ian waren das die längsten zehn Meilen seines Lebens. Bis die nächsten zehn Meilen begannen. Der Wagen fuhr durch den dicker werdenden nächtlichen Nebel und brachte nicht mal mehr vierzig Meilen die Stunde. Andere Fahrzeuge flogen an ihnen vorbei. Der Temperaturanzeiger war auf dem Höchststand, die Nadel war bis nach ganz oben gestiegen und steckte in einer roten Markierung, was Schlimmes verhieß.
    »Gleich explodiert dein Motor«, sagte Lance. »Die Kreatur ist heiß gelaufen. Viiiiel zu heiß.«
    »Du solltest die Heizung anstellen, Felicia«, sagte Ian. »Bis zum Anschlag. Das ist ein klassischer Tipp für solche Fälle. Das zieht die Hitze vom Motor ab, sagt mein Vater, so dass wir nicht stehen bleiben. Oder explodieren.«
    »Das ist Wahnsinn«, sagte Felicia. »Bei der nächsten Ausfahrt fahre ich in jedem Fall runter.«
    »Ich glaube, die nächste Ausfahrt ist schon Charleston«, sagte Lance.
    Sie waren tatsächlich sehr nah. Sie sahen schon Schilder, die den Flughafen von Charleston anzeigten. Die nächste Ausfahrt ist dann nur – wie man so schön sagt – einen Steinwurf von Danielle entfernt, dachte Ian.
    Als weißer Dampf unter der Haube der Kreatur hervorkroch, schaltete Felicia die Kühlung aus und die Heizung auf volle Kraft, wie Ian gesagt hatte. Das schien das unerträgliche Pfeifen etwas abzumildern, hatte aber keinen Einfluss auf das heftige Rasseln des Motors.
    »Todesrasseln« nannte es Felicia.

23 Zu behaupten, Ians Auto wäre ins Zentrum von Charleston gehumpelt, wäre eine grobe Beleidigung aller gewesen, die humpeln. In der letzten Stunde seines geschäftigen Lebens kroch und schnaufte der Wagen mit weniger als zwanzig Meilen die Stunde voran und stieß dabei ständig Dampf unter der Haube hervor. Die Fahrer der anderen Autos auf der Straße hätten den Biss und die Entschlossenheit der sterbenden Kreatur beklatschen sollen.
    Stattdessen hupten sie, brüllten Kraftausdrücke und zeigten Felicia immer wieder den Stinkefinger.
    Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Die Heizung lief auf Hochtouren, so dass das Wageninnere zu einem regelrechten Schmelztiegel wurde. Ian, Lance und Felicia waren schweißgebadet. Die Fenster zu öffnen brachte wenig Erleichterung, da das Atmen der heißen Luft von South Carolina sich anfühlte, als würde man heiße Brühe einsaugen. Aber die Kreatur tuckerte weiter, auf die hellen Lichter der Stadt zu.
    Ihren endgültigen Parkplatz fand sie im Parkverbot an der Ecke Queen- und Meeting-Straße, nahe der südlichen Spitze der Halbinsel, auf der die Stadt Charleston liegt. Felicia schob den
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