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Spring in den Himmel

Spring in den Himmel

Titel: Spring in den Himmel
Autoren: Lotte Kinskofer
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Er hatte es gar nicht ernst gemeint. Heute traf er Yoyo, morgen war er mit ihr verabredet. Das konnte er sich sparen.
    Der Schmerz war so groß, so körperlich, dass ihr schwindlig wurde. Jamina schaffte es gerade noch in eine Hofeinfahrt, dort lehnte sie sich an die Wand, atmete tief durch. Konnte aber dennoch nicht aufhören, auf die andere Straßenseite zu starren. Alexander stieg gerade auf sein Fahrrad, Yoyo strich ihm noch zärtlich durchs Haar, dann fuhr er los.
    Halt, bleib da, ich will dich anschreien, dir die gemeinsten Schimpfwörter an den Kopf werfen, schoss es Jamina durch den Kopf. Ich will von dir hören, was das alles soll. Dass du es mit mir nie ernst gemeint hast, das musst du mir ins Gesicht sagen, sonst glaube ich es nicht.
    Doch Alexander war weg. Yoyo sah ihm noch einen Augenblick verträumt nach, dann ging sie in die Richtung, aus der Jamina gekommen war: Englischer Garten. Welle oder Eisverkäufer? Egal. Jamina folgte ihr wie ferngesteuert.
    Yoyo ging so anders. Nicht mehr dieser schlurfende, coole Gang, sondern ein frischer, leicht wippender Schritt. Sie legte ein ziemliches Tempo vor und Jamina hatte Mühe, ihr zu folgen. Dennoch lief sie hinter ihr her wie im Zwang.
    Sie wollte nicht mehr denken, und fühlen konnte sie noch gar nicht. Es gab keine Erklärung für das, was sie beobachtet hatte. Zumindest keine, die sie hören wollte, die sie verstehen würde. Es war einfach alles kaputt. Alles, was sie in den letzten Wochen erlebt, was sie glücklich gemacht hatte. Vorbei, aus. Sie hatte sich eingelassen auf Freundschaft und Liebe, auf den Mut, ihr Leben weit und offen zu machen, anderen zu vertrauen, wie sie sonst nur ihren Eltern vertraut hatte.
    Noch war ihr nicht klar, was das bedeutete, wie ihr Leben nun aussehen würde. Ohne Alexander, ohne Yoyo.
    Sie war so sehr in ihre Gedanken verstrickt, dass sie es erst im letzten Moment merkte: Yoyo drehte sich blitzschnell um und stand auf der Brücke plötzlich vor ihr.
    »Was läufst du hinter mir her?«
    »Was läuft da zwischen dir und Alexander?«
    Yoyo sah nur für einen Moment verblüfft aus, dann lachte sie. »Nach was hat es denn ausgesehen?«
    Jamina packte Yoyo am Arm. Sie fühlte ein großes Verlangen, Yoyo wehzutun.
    »Du hast ihn mir weggenommen.«
    »Hallo? Er kam selbst angedackelt.«
    »So wie du mir alles wegnehmen wolltest …«
    »Jetzt werde mal nicht melodramatisch.«
    »Du bist keine Freundin, du bist die Pest. Lügen und betrügen und …«
    Yoyo packte sie am Haar. Jamina stieß einen Schmerzensschrei aus. Ein Passant sah kurz irritiert herüber, doch dann ging er schnell weiter. Er wollte dem Regenschauer entkommen, der sich bereits mit großen Tropfen ankündigte.
    »Jetzt hör mir mal gut zu, bevor du hier rumschreist. Ich tu, was ich will – und daran kannst auch du mich nicht hindern.«
    »Klar, du schleichst dich in fremde Leben. Du nimmst dir, was du haben willst. Du macht alles kaputt – und du lügst, dass sich die Balken biegen.«
    »Aber du, du hast deine Eltern nicht angelogen, oder?«
    »Ich hab mir nicht ein Leben erfunden und ich mach auch nicht auf armes Waisenkind und außerdem sag ich meinen richtigen Namen. Yoyo – Friederike – Nele. Die mit dem bösen Papa, der keine Zeit für sie hat.«
    »Du hast doch null Ahnung. Nichts weißt du von meinem Alten und wie das ist, den ganzen Tag alleine rumhocken, weil der doch nur mit seiner Sekretärin rummacht!«
    »Du warst als Kind also viel allein? Mit der Oma, im Internat, überall. Weil deine Mutter gestorben ist, als du fünf warst. Stimmt das?«
    Yoyo blickte sie finster an, ihre Augen verengten sich.
    Inzwischen fielen die Tropfen schon dichter, Jamina roch den noch warmen Asphalt, auf den sie aufschlugen.
    »Wenn du mir nicht glaubst, dann lass es doch. Verpiss dich!«
    »Das würde dir so passen. Mir mein Leben wegnehmen und meinen Freund …«
    »Da siehst du mal, wie schnell man allein dastehen kann. Warum sollte es dir anders gehen als mir?«
    Jamina kamen die Tränen. »Du hast alles kaputt gemacht!«
    »Wer sagt denn, dass es nicht schon vorher kaputt war? Deine Super-Familie, dein Super-Freund, dein Super-Leben.«
    Yoyo ließ von ihr ab. Jamina schaute ihr hilflos-verzweifelt nach.
    »Hätte ich dich doch nur nie kennengelernt!«
    Wie eine Furie ging Yoyo jetzt auf sie los.
    »Ich hätte es wissen müssen. Du bist genauso behämmert wie alle anderen. Kleinkariert, billig, dumm. Ich hasse dich, weißt du das? Dabei hab ich dir nur die Augen
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