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Splitter im Auge - Kriminalroman

Titel: Splitter im Auge - Kriminalroman
Autoren: PeP eBooks
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denn bei den Alten hatte der Einsatztrupp den üblen Ruf der Fahndung übernommen und bis heute nicht verloren.
    Früher war der ET mal der Elefantenfriedhof der Behörde gewesen, ein Sammelbecken für alle in der Kripo, die man irgendwann woanders nicht mehr haben wollte. Die Säufer und faulen Säcke, die Stinkstiefel, Kollegenschweine und die, die man nach dem siebten Disziplinarverfahren immer noch nicht rausschmeißen konnte. Und der Job hatte auch nicht dazu beitragen können, dass sich die Einschätzung der Kollegen grundsätzlich änderte. Meist hatte der Dienst am Nachmittag angefangen, und sie hatten sich bis in die Nacht in den Kneipen rumgetrieben, in denen sonst nur Pack verkehrte, um an Informationen zu kommen, was nicht selten geklappt hatte. Dass dem ein oder anderen dabei manchmal die Grenze verrutscht war, war meistens nur ein Gerücht unter den anderen Kollegen gewesen. Aber wen hatte das schon gekümmert. Heute sah das alles ein wenig anders aus. Die Dienstzeiten waren zwar noch dieselben, nur wurde der Einsatztrupp, den alle nur ET nannten, jetzt von den anderen Dienststellen oft um Unterstützung bei Aktionen gebeten, die in den Abend oder die Nacht fielen. Bei den Alten allerdings war der Ruf derselbe geblieben. Renate Winkler schien das nicht zu stören. Vielleicht war sie aber auch nur ein freundlicher Mensch.
    Obwohl es schon nach fünf war, fand Steiger Peter Schulze in seinem Büro. Das passte für ihn ins Bild, denn wer wenig auf der Pfanne hatte, musste wenigstens fleißig sein. Fleiß und Pünktlichkeit waren meist die Tugenden der Unbegabten, dafür hatte es genug Beispiele in seinem Leben gegeben, und für Schulze traf das in jedem Fall zu. Verheiratet war er mit Frau Dr. Grösche von der Gerichtsmedizin. Über aufgesägten Schädeln und herausgenommenen Organen war man sich eines Tages nähergekommen. Sie hatte auch die Obduktion in der MK Brache durchgeführt, die Schulze geleitet hatte. Das war ungewöhnlich, denn in der Regel waren die Kommissariatsleiter bei den Mordkommissionen nicht im Geschäft. Aber es war Urlaubszeit gewesen, und zwei andere Fälle hatten die verbliebene Mannschaft des KK 11 schon ziemlich in Anspruch genommen, da blieb keine andere Wahl als dieses Familienunternehmen.
    Die Tür stand auf, und Steiger trat vor Schulzes Schreibtisch.
    »Was willst du, Steiger?«, fragte dieser und sah nur kurz von seiner Akte auf.
    »Ich würde gern noch einmal einen Blick in die Handakte der MK ›Brache‹ werfen.«
    Jetzt sah Schulze ihn an und lehnte sich zurück. »Die Sache ist gelaufen, der Täter ist heute Morgen zu lebenslänglich verurteilt worden.«
    »Ich weiß das, ich war in der Verhandlung. Ich will nur noch mal etwas nachsehen.«
    »So, so, du willst noch mal was nachsehen?« Schulze schob die Unterlippe nach vorn. »Was soll das bringen, der Käse ist endgültig gegessen, endgültig. Der Bursche wird seinen schwarzen Arsch die nächsten fünfzehn Jahre nicht in Freiheit rumtragen.«
    »Schulze«, Steiger konnte sich nicht erinnern, ihn jemals mit seinem Vornamen angeredet zu haben, »gib mir einfach das Ding, du kriegst sie morgen wieder.«
    Peter Schulze sah ihn noch einen Moment an, dann ging er wortlos zu einem Aktenbock in der Ecke und legte einen Ordner vor Steiger auf den Schreibtisch.
    »Aber morgen, alles klar. Ich will den ganzen Kram beenden und runterbringen.
    Steiger nahm die Akte und ging. Als er schon auf dem Flur war, rief Schulze seinen Namen. Steiger kam zurück und blieb wortlos in der Tür stehen.
    »Ich habe heute dein Diszi als Ermittlungsführer auf den Tisch bekommen. Wir müssten in der Woche noch einen Vernehmungstermin machen.«
    »Schreib mir ’ne Mail. Aber nicht vor zehn.« Bei den letzten Worten war er schon wieder draußen.
    »Ich weiß nicht, ob das möglich ist«, rief Schulze hinterher. Aber er bekam keine Antwort mehr.

8
    1978
    Am Morgen des achten Geburtstags seines Bruders Maximilian hörte Robert Trampe es zum ersten Mal. Es war der Moment, an dem alle um den Tisch standen und die Geschenke noch nicht ausgepackt, die Kerzen noch nicht ausgeblasen waren. Aber er sprach mit niemandem darüber, auch später nicht.
    Robert Trampe war immer ein stilles Kind gewesen, von Anfang an. Nicht nur, dass er kaum weinte, auch dieses kindertypische Gurren, Blubbern und Quieken hatte es bei ihm nicht gegeben. Er fing einfach irgendwann an zu sprechen. Erst einzelne Wörter, die nur hier und da noch ein wenig ungelenk und holprig
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