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Spitze Buben

Spitze Buben

Titel: Spitze Buben
Autoren: Glen Cook
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Ich blieb stehen und sah mir das Gerüst unter mir an.
    Verächtliches Lachen elektrisierte mich. Ich ließ mich die zweieinhalb Meter bis zu dem obersten Brett hinunterfallen. Ich schaffte es, mich festzuhalten, so daß ich nicht die zwanzig Meter auf die Pflastersteine hinabstürzte, wo dunkle Schatten hin und her liefen. Ich war viel zu hoch oben, um jemanden erkennen zu können. Außerdem bemühte ich mich auch nicht sonderlich.
    Der Gottverdammte Papagei flatterte um mich herum und segelte durch das Gerüst. Er flog Zickzack wie eine Fledermaus und schrie einmal wütend auf, als er an Hackebeil vorbeisegelte. Der Regenmacher fluchte. Leise.
    Ich konzentrierte mich darauf, keinen unerwarteten Abflug zu machen. Ich klammerte mich bei meinem vorsichtigen Abstieg an allem möglichen fest und suchte mit den Füßen ebenfalls überall Halt. So stürmte ich behutsam auf die Quelle des kreischenden Lärms zu.
    Hackebeil fluchte schon wieder. Ihn erwartete eine düstere Zukunft. Und eine Menge Ärger.
    Ich blickte auch kurz auf die Straße. Da unten warteten Leute, die nur zu gern ein Wörtchen mit dem Regenmacher gewechselt hätten. Unter vier Augen. Offenbar hatten sie in der Freudenhöhle doch das eine oder andere aufgeschnappt.
    Statt weiter abzusteigen, floh Hackebeil um das Aderlaß-Spital herum. Durch ein offenes Fenster erspähte ich einige Haudegen der Gilde, die über die Korridore schlichen. Belinda hatte anscheinend eine Mannschaft in Bereitschaft gehalten.
    Mir war nur Morpheus' Beziehung zu diesen Leuten rätselhaft. Er ist kein Zunftmitglied. Aber er tut ihnen mehr Gefallen, als gut ist.
    Der Gottverdammte Papagei kreischte Neuigkeiten über Hackebeils Fortschritte heraus. Dieser Vogel gab mir auch Rätsel auf. Dieses Verhalten entsprach gar nicht seinem Charakter. Normalerweise hätte er mich reinrasseln lassen müssen.
    Die Schläger weiter unten konnten uns nicht sehen und versuchten, dem Vogel zu folgen.
     
    Dieser mißratene Schmalspuradler vermasselte natürlich den entscheidenden Auftritt. Hackebeil lauerte mir auf, und Piepmatz ließ mich ungewarnt in den Hinterhalt laufen.
    Ich war doppelt so schwer und zweimal so stark wie Hackebeil. Das ersparte mir einen Sturzflug über drei Stockwerke mit anschließender Bodenberührung. Hackebeil warf sich auf mich. Ich hielt mich an einer Gerüststange fest und fing den Aufprall ab. Dann versuchte ich mich auf ihn zu stürzen, weil ich schon mal dabei war, aber daraus wurde nichts.
    Er prallte von mir ab, knallte gegen einen Pfeiler, prallte davon zurück gegen das Mauerwerk des Aderlaß-Spitals, stieß ein klagendes und wütendes Wimmern aus und stürzte in den Spalt zwischen Gerüst und Gebäude. Er schrammte und knallte und eckte während des Sturzes an, verzichtete aber darauf, alles zu kommentieren.
    Ich folgte etwas bedächtiger. Der Gottverdammte Papagei flatterte um mich herum, hielt aber wenigstens den Schnabel. Ich erreichte Hacker.
    Es war ihm gelungen, seinen Fall zu bremsen und sich auf die Bohlen zu ziehen, vielleicht drei Meter über dem Boden. Anscheinend war er nicht in sonderlich guter Verfassung. Aber er biß die Zähne zusammen.
    Seine Wut war verraucht, aber ich näherte mich ihm trotzdem vorsichtig. Bei einem Burschen mit dem Ruf des Regenmachers ist man selbst nach dessen Tod gut beraten, wenn man aufpaßt.

 
76. Kapitel
     
    Ich kniete mich neben ihn. Eine Hand tastete nach meiner. Bestürzt zuckte ich zurück. Die Hand war warm und weich.
    »Wir hätten ... etwas Besonderes zusammen ... erleben können. Aber du bist ... einfach zu blöd, Garrett. Und ... zu stur.«
    Ich weiß nicht, ob ich stur bin, aber ich bin gut darin, blöd zu sein. Ich begriff es nicht sofort.
    Hackebeil wurde schnell schwächer. Eine lange, quälende Krankheit wäre gerechter gewesen, nicht dieses sachte Dahintreiben ins Vergessen.
    Krampfhaft hielt er meine Hände fest. Ich versuchte nicht sonderlich entschlossen, sie wegzuziehen. Ich empfand genug Mitleid, um mir vorstellen zu können, was in Hackebeil vorging. Obwohl er gebrochen war, zog er mich immer dichter an sich heran, noch dichter ...
    Es dämmerte mir langsam, allmählich, eher beiläufig, ohne daß es einen großen Schock ausgelöst hatte. Dieses Geschöpf, das sich verzweifelt an einen letzten menschlichen Kontakt klammerte, war ganz und gar nicht männlich.
    Ich hielt sie fest. »Ja, Liebling«, flüsterte ich, als sie ihre Bemerkung wiederholte, daß wir beide etwas Bemerkenswertes zusammen
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