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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht
Autoren: Ally Carter
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Zimmer und schaute ihnen beim Schlafen zu. Ich lag still hinter dem Sofa und lauschte den Geräuschen aus dem Fernseher, während meine Eltern sich abends entspannten. Aber selbst für mich war die Nacht der GehOp-Prüfung lang.
23 Uhr: Die Agentinnen kehren ins Hauptquartier zurück und werden angewiesen, in ihre Zimmer zu gehen und sich schlafen zu legen.
23 Uhr 40: Tina Walters berichtet, dass die Schulleiterin Morgan sich mit der Zielperson in ihrem Büro eingeschlossen hat.
01 Uhr 19: Die Agentin schafft es, das Sägemehl und anderen Schmutz aus ihren Haaren zu entfernen.
02 Uhr 30: Die meisten Schülerinnen des zweiten Jahrgangs hören auf, für die LdW-Prüfung zu lernen und gehen ins Bett.
04 Uhr: Die Agentin kann immer noch nicht einschlafen. Der Agentin ist klar, dass die Zielperson im günstigsten Fall mithilfe eines Glases »Gedächtnis-Veränderungs-Tee« dazu gebracht werden könnte, in ein paar Stunden im eigenen Bett aufzuwachen und sich an nichts mehr zu erinnern. Die Agentin erlaubt sich nicht, über den ungünstigsten Fall nachzudenken.
    Am nächsten Morgen um sieben hatte ich genug vom Warten und klopfte an die Bürotür meiner Mutter. Ich dachte, ich wäre auf alles vorbereitet – dass mich nach dem vorangegangenen Tag absolut nichts mehr umhauen könnte.
    Ich hatte mich getäuscht.
    »Hi«, sagte Josh.
    »Was … hä … wie …« Ich sah ihm an, dass er an meinem eben erst offenbarten Status als Genie zu zweifeln begann. Er hätte doch schon längst weg sein sollen. Ich hätte ihm nicht mehr begegnen sollen. Diesen peinlichen Moment, in dem wir uns im Türrahmen meiner Mutter gegenüberstanden, hätte es nicht geben dürfen. Die beiden Hälften meines Lebens hätten nicht aufeinanderprallen sollen.
    »Warst du die ganze Nacht hier?«, fragte ich, als ich endlich wieder fähig war, klar zu denken.
    Seine Augen waren rot und schwer, aber er sah nicht aus, als ob er sich nach Schlaf sehnte, sondern eher wie einer, der nie wieder schlafen würde. Er rieb sich die Augen. »Ja, ich hab meine Mutter angerufen und gesagt, dass ich bei Dillon übernachte. Sie … sie wussten nichts von … sie fanden es okay.«
    »Ja«, sagte ich. »Wir tauchen ja auch nicht bei der Anruferkennung auf.«
    Es war nicht witzig gemeint, aber der »alte Josh« hätte gelacht oder sein langsames, dahinschmelzendes Lächeln gelächelt. Der »neue Josh« stand nur da – und sah mich an.
    »Cammie.« Die Stimme meiner Mutter hallte klar und deutlich durch den Geschichtssaal. »Komm bitte rein!«
    Beim Vorbeigehen streifte ich ihn kurz – von mir aus hätte es länger dauern können.
    »Ich –« Er zeigte auf die Bänke auf dem Treppenabsatz. »Deine Mutter und der Mann – sie haben gesagt, ich könnte warten.«
    Aber ich wollte nicht, dass er wartete. Wenn er wartete, müsste ich ihm in die Augen sehen. Ich müsste Sachen zu ihm sagen, die nur in einer Sprache Sinn ergaben, die ich nicht beherrschte. Ich wollte, dass er ging und nicht zurückblickte. Aber bevor ich es ihm sagen konnte, rief meine Mutter: »Cameron, komm sofort rein!« Da wusste ich, dass unsere Zeit abgelaufen war. In mehr als einer Hinsicht.
    Sie umarmte mich nicht und gab mir auch keinen Kuss, was seltsam war. Nicht unerwartet, aber unser Wiedersehen fühlte sich unfertig an. Ich hatte das Gefühl, an der Tür stehen bleiben zu müssen und abzuwarten, bis sie »Na, Kleine, wie geht’s dir?« sagte, bevor ich mich auf das Sofa setzen und fragen konnte, was es zu essen gab. Ich schaute mich um und sah Mr Solomon in einer Ecke. »Haben Sie gut geschlafen?«, fragte er.
    »Eigentlich nicht.« Keine Lüge.
    »Es hat mir Spaß gemacht, Josh hier zu haben«, sagte meine Mutter. »Er scheint nett zu sein.« Stimmt. »Es war schön, ihn endlich kennenzulernen.«
    »Ja, ich –« Dann merkte ich, dass irgendwas nicht in Ordnung war. »Moment!«
    Mom lächelte Mr Solomon an und er lächelte zurück. Kaum zu glauben! Strahlend! (Er sah richtig sexy aus, aber nur für ein, zwei Sekunden.)
    »Schatz, du bist gut«, sagte Mom, als sie meinen ungläubigen Blick sah. »Aber du musst uns nicht unterschätzen.«
    Ach, du meine Güte! Ich sank auf das Ledersofa. »Wie …« Es gab so viele Möglichkeiten, den Satz zu beenden: Wie lange wisst ihr es schon? Wie weit hättet ihr mich gehen lassen? Wie habt ihr es herausgefunden?
    »Du warst ziemlich beschäftigt«, meinte Mom. Sie setzte sich in einen der schönen Ledersessel mir gegenüber und schlug ein
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