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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland
Autoren: Will Berthold
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man beim ersten Blick unsympathisch findet. Er war viel eher ein Typ, über den man lächelt: seine übertriebene Galanterie Damen gegenüber, die Sucht, durch ausgefallene Maßanzüge aufzufallen, paßten nicht mehr zu seinem Alter.
    Wir blieben auf Distanz und kannten uns vom Wegsehen. Einmal spielten wir zwei Tage und eine Nacht lang Skat miteinander. Er verlor mit Anstand. Dann fuhr er nach Deutschland. Ein paar Monate vor Kriegsausbruch kam er zurück und rief mich an. Es war dringend.
    Der Raum, in dem er mich empfing, war mit dunklen Stilmöbeln ausgestattet.
    Unter dem Hitlerbild surrte ein Ventilator. Wir saßen uns lässig gegenüber.

    Gringer ließ mich nicht aus den Augen.
    »Es wird Krieg geben«, sagte er. »Ich weiß nicht, was dann hier aus uns wird.
    Wir alle haben die Pflicht, uns darauf vorzubereiten. Jeder Deutsche ist Soldat und hat an jedem Platz seine Pflicht zu erfüllen!«
    Er nickte zu jedem Wort, als wol te er sich selbst applaudieren. Sätze dieser Art fielen jeden Tag in Lima. Die deutsche Kolonie übte sich im Nationalismus und unterschied sich darin in nichts von den Franzosen oder Engländern.
    »Nehmen Sie noch einen Schnaps?« fragte mich Gringer. Ich nickte. Man sagt, daß Trinken gut gegen die Hitze sei. Ich litt niemals unter ihr. Vor dem Haus stand mein eigener Wagen, ein Super 6. Auf meinem Bankkonto hatte ich ein paar tausend Dol ar. Jeden Tag war ich auf einer anderen Party. Ich kannte nur eine einzige Sorge: daß ich etwas versäumen könnte. Wenn ich heute an diese Zeit zurückdenke, erscheint sie mir so unwirklich, daß ich daran zweifle, sie je erlebt zu haben. In Lima habe ich keine einzige Party ausgelassen; in Atlanta habe ich elf Jahre meines Lebens versäumt . . .
    »In Deutschland wären Sie jetzt längst bei der Truppe«, fuhr Gringer fort. »Mir ist lieber, daß Sie hier sind. Hier wird auch eine Front aufgebaut. Ich weiß, daß ich mit Ihnen rechnen kann.«
    »Selbstverständlich«, erwiderte ich.
    »Sie führen ein flottes Leben. Man sieht Sie überall gem. Ausgezeichnet! Von jetzt an werden Sie Ihre Beziehungen in den Dienst Ihres Vaterlandes stel en!«
    Er stand auf und lief im Zimmer hin und her. Jetzt kommt gleich wieder das Blockbuchstaben-Deutsch, dachte ich mir. Ich merkte, daß ich einem Fanatiker gegenübersaß.
    »Für uns alle! Für Deutschland arbeiten Sie, Mann! Vergessen Sie das nicht!«
    Ich trank mein Glas aus, und er schenkte sofort nach. »Sie haben einen Marinekomplex, nicht wahr?« »Ja, ich wäre gern Seemann geworden.« »Schön.
    Ich möchte ab sofort wissen, welche Schiffe den Hafen anlaufen, wie die Kapitäne heißen, wie viele Mannschaften auf den Schiffen fahren, was sie geladen haben. Kurzum: Es gibt nichts, was mich nicht interessiert. Können Sie mir das geben?« »Da ist nichts dabei«, antwortete ich. »Das ist auch gar kein Geheimnis. Ich weiß nur nicht, was Sie damit anfangen können.«
    Er lachte. Ich hatte den Eindruck, daß er Spionage auf eigene Faust spielte. So eben, wie sie sich der kleine Gringer vorstellt. Daß er aus mir einen Agenten machen wollte, belustigte mich-Ich hatte auch nichts dagegen. Hier ist alles Sport: das Autofahren, die Politik, das Trinken und die Frauen. Wenn es mich nicht al zusehr in Anspruch nahm . . . Denn hier in Lima, den Rio der Westküste, hat man eine Menge Verpflichtungen. Er gab mir die Hand. Sie war klebrig.
    »Morgen ist ein Ball des Winterhilfswerkes«, sagte er. »Da können Sie sich gleich bewähren. Nach meinen Informationen kommt auch die Familie Texter . .
    . Sie wissen, wer das ist? Ich möchte, daß Sie sich mit Evelyn Texter anfreunden.
    Mal sehen Sie das fertigkriegen. Sehen Sie zu, daß Sie von der Familie das Wochenende eingeladen werden! Das andere sage ich Ihnen dann.«
    Ich war froh, endlich von ihm loszukommen. Ich nahm ihr
    nicht ernst. Mich auch nicht. Aber der Auftrag reizte mich
    Warum auch nicht?
    Besser spionieren als exerzieren.
    So begann meine Karriere als Spion, obwohl ich nie einer »»'erden wol te. Ich begann als Dilettant. Als Amateur. Mit dem fechten Spott über die Sache, bei der mir das Spotten vergehen sollte. Was waren es für lächerlich kleine, lächerlich unwichtig« Aufträge, mit denen meine Laufbahn begann? Und was ist daraus geworden? In welche Situation bin ich gekommen?
    An der Schweizer Grenze öffnete einmal ein Zöllner mein« Handtasche, in der eine halbe Million geschmuggelter Dollars war . . .
    Ein Polizist klopfte mir eines Tages auf
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