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Spillover

Spillover

Titel: Spillover
Autoren: David Quammen
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Ökologie oder einer Kombination der drei Fachgebiete besitzen – kurz gesagt, sollte er von Fragen fasziniert sein, die man nur beantworten kann, wenn man die Tiere fängt und mit ihnen umgeht. Dieses Profil passt zu einem schlaksigen, sanftmütigen Mann namens Hume Field. Als er es zum ersten Mal mit Hendra zu tun bekam, war er Mitte dreißig.
    Field war in den Provinzstädtchen an der Küste von Queensland aufgewachsen. Er liebte die Natur schon als Kind, kletterte auf Bäume, wanderte durch die Buschlandschaften und verbrachte die Schulferien auf der Farm seines Onkels. Field studierte Tiermedizin an der University of Queensland; dort arbeitete er auch als Freiwilliger in einem Tierasyl, wo er mithalf, verwundete wilde Tiere wiederherzustellen. Nach dem Examen war er mehrere Jahre in einer Tierarzt-Gemeinschaftspraxis in Brisbane tätig, später arbeitete er im gesamten Bundesstaat als Praxisvertretung. In dieser Zeit versorgte er auch zahlreiche Pferde. Dabei wurde ihm aber zunehmend bewusst, dass sein eigentliches Interesse nicht den Nutz- und Haustieren galt, sondern den Tieren in freier Wildbahn. Deshalb kehrte Field 1990 an die University of Queensland zurück, dieses Mal um in Ökologie zu promovieren.
    Er konzentrierte sich auf den Naturschutz, und irgendwann brauchte er ein Projekt für seine Dissertation. Da verwilderte Hauskatzen unter den einheimischen Wildtieren Australiens beträchtliche Schäden anrichten, weil sie kleine Beuteltiere und Vögel töten und Krankheiten verbreiten, wurden sie zum Gegenstand seiner Untersuchungen. Als im Stall von Vic Rail die Epidemie ausbrach, war er gerade damit beschäftigt, Katzen mit Fallen einzufangen und mit Funkhalsbändern auszustatten, um sie besser verfolgen zu können. Einer von Fields Mentoren, ein Wissenschaftler, der beim Department of Primary Industries arbeitete, fragte den jungen Mann, ob er Lust habe, das Projekt zu wechseln. Die Behörde brauchte jemanden, der die ökologischen Aspekte der neuen Krankheit untersuchte. »Also habe ich meine verwilderten Katzen vergessen«, erzählt mir Field, als ich ihn lange danach am Animal Research Institute, einer Einrichtung des DPI in der Nähe von Brisbane, besuche, »und stattdessen in freier Wildbahn nach den Reservoiren des Hendra-Virus gesucht.«
    Er begann seine Suche mit dem sogenannten Indexpatienten, dem ersten Opfer, seiner Lebensgeschichte und seinem Aufenthaltsort. Das war Drama Series, die trächtige Stute, die auf der Koppel bei Cannon Hill krank geworden war. Er verfügte nur über wenige Indizien: Bei dem Erreger handelte es sich um ein Paramyxovirus, und ein anderer Wissenschaftler aus Queensland hatte einige Jahre zuvor bei Nagetieren ein neues Paramyxovirus gefunden. Deshalb richtete Field auf der Pferdekoppel ein System von Fallen ein, mit denen er möglichst viele kleine und mittelgroße Wirbeltiere fangen wollte – Nagetiere, Beuteltiere, Reptilien, Amphibien, Vögel, hin und wieder eine verwilderte Hauskatze. Ihnen allen nahm er Blut ab, wobei er ein besonders misstrauisches Augenmerk auf die Nagetiere legte. Die Blutproben schickte er an das Labor des DRI , wo sie auf Antikörper gegen Hendra untersucht wurden.
    Die Suche nach Antikörpern ist etwas anderes als die Isolation des Virus, genau wie ein Fußabdruck etwas anderes ist als ein Schuh. Antikörper sind Moleküle, die das Immunsystem eines Wirtsorganismus als Reaktion auf einen biologischen Eindringling produziert. Sie sind maßgeschneidert, so dass sie sich mit dem jeweiligen Virus, Bakterium oder sonstigen Erreger verbinden und ihn unschädlich machen können. Da sie so spezifisch sind und auch nach dem Sieg über den Eindringling im Blut verbleiben, liefern sie wertvolle Hinweise auf eine aktuelle oder eine frühere Infektion. Solche Hinweise wollte Hume Field finden. Aber die Nagetiere von Cannon Hill trugen keine Antikörper gegen das Hendra-Virus in sich. Ebenso wenig die anderen Tiere, die er gefangen hatte, und nun musste er sich fragen, warum. Entweder suchte er an der falschen Stelle, oder es war die richtige Stelle, aber die falsche Methode oder der falsche Zeitpunkt. Der Zeitpunkt, so dachte er, könnte tatsächlich entscheidend sein. Drama Series war im September erkrankt; seitdem war ein halbes Jahr vergangen, seine Suche fand im März, April und Mai statt. Er hatte den Verdacht, entweder das Virus oder sein Wirt könne auf der Koppel von Cannon Hill nur zu bestimmten Jahreszeiten vorkommen, und diese Zeit war
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