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Spiel der Magier

Spiel der Magier

Titel: Spiel der Magier
Autoren: David Eddings
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Nach ein paar Minuten kamen sie durch eine andere Tür zurück. Silk sah etwas elend aus. »Er frönt einigen ziemlich exotischen Abscheulichkeiten, nicht wahr?« bemerkte er schaudernd.
    Belgaraths Gesicht war finster. »Wir gehen weiter hinauf«, sagte er leise. »Er ist auf der obersten Etage. Das hatte ich mir fast gedacht, aber ich wollte sichergehen.« Sie erklommen eine weitere Treppe.
    Als sie sich dem oberen Ende der Treppe näherten, spürte Garion ein eigenartiges, klingendes Glühen, das irgendwo tief in ihm begann, und eine Art endloser Gesang schien ihn vorwärts zu ziehen. Das Zeichen in seiner rechten Hand brannte. Ein schwarzer, steinerner Altar stand im ersten Zimmer der obersten Etage des Turms, und das stählerne Bildnis von Torak blickte unheilvoll von der Wand dahinter herab. Ein funkelndes Messer, verkrustet von getrocknetem Blut, lag auf dem Altar, und in jede Pore des Steins war Blut eingedrungen. Belgarath bewegte sich jetzt rasch, angespannt und leise wie eine Katze.
    Er blickte durch eine Tür in der Wand hinter dem Altar, schüttelte den Kopf und ging auf eine geschlossene Tür in der gegenüberliegenden Wand zu. Er legte die Finger sacht auf das Holz, dann nickte er. »Er ist da«, murmelte er zufrieden. Er holte tief Luft und grinste dann plötzlich. »Darauf habe ich lange gewartet«, sagte er.
    »Trödle nicht, Vater«, sagte Tante Pol ungeduldig. Ihre Augen waren stählern, und die weiße Locke an ihrer Schläfe glitzerte wie Eis.
    »Ich möchte, daß du dich da heraushältst, wenn wir drin sind, Pol«, erinnerte er sie. »Du auch, Garion. Das ist eine Sache nur zwischen Ctuchik und mir.«
    »Ist gut, Vater«, antwortete Tante Pol.
    Belgarath streckte die Hand aus und öffnete die Tür. Der Raum dahinter war spärlich möbliert, geradezu kahl. Auf dem Steinfußboden lag kein Teppich, und die runden Fenster, die in die Dunkelheit hinausstarrten, hatten keine Vorhänge. Einfache Kerzen brannten in Haltern an der Wand, und ein schlichter Tisch stand mitten im Zimmer. An dem Tisch saß, mit dem Rücken zur Tür, ein Mann in schwarzem Kapuzengewand, der offenbar in eine Eisenschatulle starrte. Garion spürte, wie sein ganzer Körper als Antwort auf das, was in der Schatulle war, bebte. Der Gesang in seinem Geist wurde übermächtig.
    Ein kleiner Junge mit blaßblondem Haar stand vor dem Tisch und schaute ebenfalls in die Schatulle. Er trug einen verschmutzten Leinenkittel und staubige Schuhe. Obwohl seine Miene keine Gedanken widerspiegelte, war eine süße, herzergreifende Unschuld um ihn. Seine Augen waren blau, groß und vertrauensvoll, und er war bestimmt das schönste Kind, das Garion je gesehen hatte.
    »Warum hast du so lange gebraucht, Belgarath?« fragte der Mann am Tisch, ohne sich auch nur umzudrehen. Seine Stimme klang rauh. Er schloß die Eisenschatulle mit einem leisen Klicken. »Ich fing schon an, mir Sorgen um dich zu machen.«
    »Nur ein paar kleine Verzögerungen, Ctuchik«, erwiderte Belgarath. »Hoffentlich haben wir dich nicht zu lange warten lassen.«
    »Ich kann mich gut beschäftigen. Kommt herein. Kommt herein – ihr alle.« Ctuchik drehte sich um und betrachtete sie. Sein Haar und sein Bart waren von einem gelblichen Weiß und sehr lang. Sein Gesicht zeigte tiefe Falten, und seine Augen funkelten in ihren Höhlen. Es war ein Gesicht des uralten und abgrundtiefen Bösen, Grausamkeit und Arroganz hatten alle Spuren von Bescheidenheit und Menschlichkeit daraus getilgt, und ein übersteigerter Eigendünkel hatte es zu einer ständigen Grimasse verzerrt, voller Verachtung für jedes andere Lebewesen. Seine Augen wanderten zu Tante Pol.
    »Polgara«, grüßte er sie mit einer spöttischen Neigung des Kopfes. »Du bist schön wie immer. Hast du dich endlich entschieden, dich dem Willen meines Herrn zu beugen?« Sein Blick war widerlich.
    »Nein, Ctuchik«, sagte sie kalt. »Ich kam, um Gerechtigkeit zu sehen.«
    »Gerechtigkeit?« Er lachte geringschätzig. »Das gibt es nicht, Polgara. Die Starken tun, was ihnen gefällt, und die Schwachen gehorchen. Das hat mein Meister mich gelehrt.«
    »Und sein entstelltes Gesicht hat dich nichts anderes gelehrt?«
    Das Gesicht des Hohepriesters verfinsterte sich kurz, aber er schüttelte den Ärger schnell ab. »Ich würde euch gerne Sitzgelegenheiten und vielleicht eine Erfrischung anbieten«, fuhr er mit derselben rauhen Stimme fort, »aber ich fürchte, ihr bleibt nicht so lange.« Er betrachtete der Reihe nach die anderen.
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