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Special - Zeig dein wahres Gesicht

Special - Zeig dein wahres Gesicht

Titel: Special - Zeig dein wahres Gesicht
Autoren: Scott Westerfeld
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Augen und legte eine nackte Handfläche auf den harten, gefrorenen Boden. In ihren Special-Händen steckten Chips, die selbst die leiseste Schwingung auffingen, und Tally horchte mit dem ganzen Körper nach einem verirrten Laut.
    Etwas lag in der Luft ... ein kaum zu vernehmendes Summen, eher ein Jucken in ihren Ohren als ein echtes Geräusch. Es war eins dieser gespenstischen Phänomene, die sie jetzt hören konnte, wie das Surren ihres eigenen Nervensystems oder das Flackern von fluoreszierenden Lichtern. So viele Geräusche, die für Uglies und Blubberköpfe nicht erfassbar waren, fanden den Weg zu den Ohren der Specials, so seltsam und unerwartet wie die Windungen und Wülste von menschlicher Haut unter einem Mikroskop.
    Aber was genau war das hier? Das Geräusch wogte und floss mit der Brise, wie die Töne der Hochspannungsleitungen zwischen den Sonnenpaneelen der Stadt. Vielleicht war es eine Art Falle, ein zwischen zwei Bäumen aufgespannter Draht. Oder ein rasierklingenscharfes Messer, so gehalten, dass es den Wind einfing.
    Tally hielt die Augen geschlossen, lauschte noch aufmerksamer und runzelte die Stirn.
    Weitere Geräusche hatten sich zu dem ersten hinzugesellt, sie kamen jetzt aus allen Richtungen. Drei, vier, dann fünf sehr hohe Töne erklangen, und alle zusammen waren sie nicht lauter als ein Kolibri auf hundert Meter Entfernung.
    Sie öffnete die Augen, und als sie sich noch auf die Dunkelheit einstellten, sah Tally es plötzlich: eine leichte Verschiebung, die Silhouetten von fünf Gestalten, die sich im Wald verteilt hatten und deren Tarnanzüge fast vollständig mit dem Hintergrund verschwammen.
    Und dann bemerkte sie, wie die fünf dastanden - breitbeinig, einen Arm zurückgezogen, den anderen ausgestreckt -, und ihr wurde klar, was das für Geräusche waren ...
    Bogensehnen, straff gespannt und zum Abschuss bereit.
    „Hinterhalt“, sagte Tally, und dann ging ihr auf, dass sie ihre Hautantenne ausgeschaltet hatte.
    Sie fuhr sie gerade wieder hoch, als der erste Pfeil losflog.

Nächtlicher Kampf
    Pfeile schwirrten durch die Luft.
    Tally ließ sich fallen und presste sich auf ein Bett aus eiskalten Kiefernnadeln. Etwas jagte pfeifend an ihr vorbei, dicht genug, um ihre Haare zu zerzausen.
    Zwanzig Meter weiter traf einer der Pfeile sein Ziel. Elektrisches Zischen schoss durch ihr Gehör wie ein Netzwerkkurzschluss und würgte Tachs’ Stöhnen ab. Dann erwischte es Fausto, und Tally hörte ihn aufkeuchen, ehe die Verbindung zu ihm abriss. Während sie sich hinter dem nächsten Baum in Sicherheit brachte, hörte sie zwei Körper auf den Boden aufprallen. „Shay?“, zischte sie.
    „Sie haben mich verfehlt“, war die Antwort. „Hab es kommen sehen.“
    „Ich auch. Die tragen eindeutig Tarnanzüge.“ Tally drängte sich dicht an den breiten Stamm und hielt zwischen den Bäumen nach Silhouetten Ausschau.
    „Und Infrarot haben sie auch“, sagte Shay. Ihre Stimme war ruhig.
    Tally schaute ihre Hände an, die im Infrarotlicht wütend glühten, und schluckte. „Also können die uns deutlich sehen, aber wir sehen sie nicht?“
    „Da hab ich deinen Schatz wohl unterschätzt, Tally-wa.“
    „Wenn du dich zu der Erinnerung herablassen könntest, dass er auch dein Schatz war, dann würdest du vielleicht ...“ Etwas bewegte sich vor ihr zwischen den Bäumen und Tally hörte eine Bogensehne schnappen. Sie warf sich zur Seite. Der Pfeil traf den Baum mit einem kurzen Brummen wie von einem Schockknüppel und tauchte den Stamm in flackerndes Licht.
    Sie kroch weiter bis zu einer Stelle, wo sich die Äste zweier Bäume miteinander verflochten hatten. Sie quetschte sich in einen schmalen Hohlraum dazwischen und fragte: „Und was machen wir jetzt, Boss?“
    „Wir treten ihnen in den Arsch, Tally-wa“, tadelte Shay sie leise. „Wir sind Specials. Die haben den ersten Schlag geschafft, aber sie sind trotzdem nur Zufall.“ Noch eine Bogensehne schnappte und Shay stieß ein Grunzen aus, dann waren Schritte zu hören, die durchs Unterholz jagten.
    Der Klang weiterer Bogensehnen ließ Tally zu Boden gehen, aber die Pfeile surrten in die Richtung, in die Shay sich zurückgezogen hatte. Zuckende Schatten flackerten durch den Wald, gefolgt vom Geräusch elektrischer Entladungen.
    „Schon wieder daneben“, kicherte Shay vor sich hin.
    Tally schluckte und versuchte trotz des hektischen Hämmerns ihres Herzens etwas zu hören. Sie verfluchte die Tatsache, dass die Schlitzer sich nicht die Mühe gemacht
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