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Späte Heimkehr

Späte Heimkehr

Titel: Späte Heimkehr
Autoren: Di Morrissey
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konnte, verkündete Bob mit breitem Grinsen: »Ganz genau. Heute Nachmittag erwarten wir die zweite Lastwagenladung Rosinen.« Sie lachten, und Bob fuhr mit gespieltem Ernst fort: »Wir haben beschlossen, in die Stadt zu ziehen … um eine Kuchenbäckerei zu eröffnen. Zur Abwechslung kann sich ja auch mal Gwen um den Broterwerb kümmern.«
    »Unterstehen Sie sich«, warnte ihn Sarah und fuchtelte streng mit dem Zeigefinger. »Außerdem war das kein besonders gelungener Scherz, Bob. Haben Sie schon gehört, was dieses Jahr an Weihnachten los sein wird? Die Landfrauenvereinigung organisiert unten auf der Gemeindewiese einen weihnachtlichen Liederabend bei Kerzenschein. Ist das nicht ein toller Einfall?«
    »Wenn sich das Wetter hält, schon«, erwiderte Gwen. »Aber wenn es regnet, passen unmöglich alle in den Gemeindesaal.«
    Bob beschäftigte sich mit der Zigarette, die er gerade drehte, und Sarah ahnte sofort, an was die beiden gerade dachten.
    »Sie kommen doch, oder?«, fragte sie leise. »Das wird ein wundervoller Familienabend. Die Kinder haben immer einen Riesenspaß, wenn sie Kerzen anzünden und Weihnachtslieder singen dürfen.«
    Bob und Gwen sahen sich kurz an. »Natürlich kommen wir«, verkündete Bob mit fester Stimme. »Die ganze McBride-Familie wird da sein und aus voller Lunge mitsingen.«
    Gwen lächelte, erleichtert darüber, dass sie die Entscheidung nicht treffen musste.
     
    Der für Australien typische Dezembermorgen brachte die versprochene Wärme, tiefblauen Himmel, zwitschernde Vögel und Sonnenstrahlen, die durch das Laub der Eukalyptusbäume den Boden mit Licht sprenkelten – ein Morgen, der nur Gutes versprach.
    Mr. Richards summte vor sich hin, während er in Richtung Anglesea fuhr. Es ist nur ein staubiger Feldweg, dachte er, aber er führt zu einem Heim, das von Liebe erfüllt ist. Dieser Gedanke stimmte ihn fröhlich, obwohl es sein erster Besuch war, seit Abby und Barney verunglückt waren, und er wusste, dass es ohne sie nicht dasselbe sein würde.
    Er parkte und trat auf die Veranda, wo ihn Brian und die Zwillinge überfielen, die hinter den Rohrstühlen versteckt auf ihn gelauert hatten. Sie nahmen ihn an der Hand und führten ihn ins Haus. »Jemand da?«, rief er.
    Überglücklich, ihn wiederzusehen, stürzte Gwen aus der Küche und rieb sich die mehligen Hände an der Küchenschürze ab.
    »Warum haben Sie Ihren Besuch nicht angekündigt? Brian, geh doch mal Kevin und Dad suchen und sag ihnen, dass Mr. Richards hier ist. Ach, ich freue mich so, Sie wiederzusehen.«
    Brian stürzte los, die Zwillinge im Schlepptau. Mr. Richards sah Gwen an. Die Freude über das Wiedersehen hatte auch andere Gefühle in ihr wach werden lassen. Ihre Augen sagten alles, und als sie sich mit Tränen füllten, legte er sanft die Arme um sie. Er ließ sie weinen und führte sie dann in die Küche, wo sie sich an den Tisch setzten, auf dem die verschiedenen Zutaten für die Hackfleischpastete ausgebreitet lagen.
    Gwen trocknete sich mit dem Schürzenzipfel die Augen. »Vielen Dank für Ihren Brief«, sagte sie schniefend. Mr. Richards hatte ihnen, gleich nachdem er von Abbys Tod erfahren hatte, geschrieben. »Er hat uns sehr getröstet. Ich lese ihn auch jetzt immer wieder.«
    »Es tut mir sehr Leid, dass ich seitdem nicht mehr vorbeikommen konnte, aber ich habe im Outback gearbeitet, alte Freunde besucht und hatte viel zu erledigen.« Er holte seine Pfeife aus der Westentasche, stopfte sie und zündete sie an. »Bruder John bin ich übrigens ein paar Mal begegnet. Witziger Bursche. Braust immer noch auf seinem Motorrad durch die Gegend und wirbelt dabei viel Staub auf. Ich soll Sie herzlich grüßen.« Er schwieg, zog an seiner Pfeife und fragte dann leise: »Wie geht es dem Jungen?«
    Gwen musste sich zusammennehmen, um nicht erneut von ihren Gefühlen überwältigt zu werden, während sie ihm die Geschichte erzählte und versuchte, ihm in rosigen Farben auszumalen, wie gut man sich auf Amba um Richie kümmerte und welche Chancen ihm dadurch offen stünden. Mr. Richards hörte zu, sagte jedoch nichts, sondern nickte nur gelegentlich bestätigend. Als sie ihren Bericht beendet hatte, nahm er die Pfeife in die Hand und beugte sich vor. »Aber es tut immer noch weh, nicht wahr? Besonders jetzt um diese Jahreszeit.«
    Gwen nickte, sagen konnte sie nichts, weil sie Angst hatte, wieder in Tränen auszubrechen. Dann riss sie sich zusammen. »Richie spielt übrigens begeistert mit Ihrer Lokomotive.
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