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SOULMATE (German Edition)

SOULMATE (German Edition)

Titel: SOULMATE (German Edition)
Autoren: Eileen Janket
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dreißig, das an bundesweiten Marathons teilnahm und gemeinsam eine außergewöhnlich beliebte Karaoke Bar am Prenzlauer Berg bewirtschaftete, in einer hundertsechzig Quadratmeter großen Altbauwohnung im fünften Stock.
    Kein Aufzug.
    Als ich vor der Wohnungstür stand, keuchte und prustete ich wie eine alte Dampflok, was viel über meine bedauernswerte Kondition aussagte. Eine mir unbekannte rothaarige Frau in lilaweiß karierten Schlaghosen und einem knappen rosa Top öffnete mir die Tür, sagte kurz »Hi« und verschwand gleich darauf im Partygetümmel.
    Ich trat ein und drängelte mich an den vielen fremden und einigen entfernt bekannten Körpern vorbei durch den langen, in schrillen Grün- und Orangetönen gestrichenen Flur, wagte einen Blick in die große, ultramodern eingerichtete Wohnküche mit den vielen rahmenlosen Ölbildern - bizarre, humanoide Fantasygestalten mit Weingläsern in der einen und weißen oder roten Trauben in der anderen Hand - den blutroten Fliesen und einer Deckenbeleuchtung wie ein Netz aus tausend Glühwürmchen, das im Kontrast zu den Bildermotiven eine angenehm beruhigende Atmosphäre schuf.
    Hier tummelte sich die Spezies Partygänger, die sich abseits der lauten Musik und des Gedränges in der unmittelbaren Reichweite von Essen und Trinken gern an ernsteren Themen festquatschte oder einfach nur ungestört am offenen Fenster rauchen und den neuesten Klatsch austauschen wollte.
    »Hallo allerseits«, trällerte ich, »weiß jemand von euch, wo Patrick steckt?«
    Mein Lächeln war zwar aufgesetzt und vielleicht auch etwas schräg, okay, aber meine Frage war ernst gemeint und freundlich vorgetragen.
    Alle verstummten gleichzeitig, sahen zu mir rüber und, tja, antworteten nicht. Dann wandten sie sich wie auf Kommando wieder einander zu, um ihre Unterhaltungen fortzuführen. Stirnrunzelnd zog ich mich schnell heraus und schob mich weiter durch die Menge bis in den großen Wohnsaal, wo noch deutlich mehr Leute herumstanden und einige auch schon ausgelassen tanzten.
    Es spielte gerade »Crash« von ‚Papa Roach‘. Cool , dachte ich und wippte zur Musik. Jemand drückte mir eine Flasche Bier in die Hand, die ich mit meinem Feuerzeug öffnen musste, und mit zwei Frauen, die ich vom Sehen her kannte, führte ich einige Minuten lang einen ziemlich dämlichen und viel zu lauten Smalltalk, den ich in keinster Weise mehr rekapitulieren kann.
    Irgendwann stand ich an eine Wand gelehnt herum, knabberte an einer Salzstange und hielt Ausschau nach vertrauten Gesichtern. Ich sah meine alte Schulfreundin Alice, bei der ich gleich nach dem Abitur ein paar Monate gewohnt hatte. Zu jener Zeit hatten wir beide schrecklichen Frust geschoben, oder vielleicht war es Weltschmerz gewesen, etwas in der Art jedenfalls, und uns jede Menge Speckröllchen angefuttert. Alice jammerte und jammerte einfach über alles: über ihr - angeblich - burschikoses Aussehen, ihre, Dank der Depressionen ihrer Mutter, vernebelte Kindheit, über die himmelschreiende Ungerechtigkeit in der ganzen Welt, die aggressive Stimmung auf Berlins Straßen, die Umweltzerstörung, gentechnisch veränderte Lebensmittel, ihren mittelmäßigen Abi Durchschnitt, die Benzinpreise und … die Ignoranz, mit der ihr der schnuckelige Typ vom Plattenladen am Kudamm jedes Mal begegne, wenn sie ihn nach einem Titel frage.
    Stundenlange Diskussionen am Küchentisch endeten meistens mit dem Satz: »Scheiße, Valerie, die Welt ist ein stinkiger Sumpf, das Leben die Gedärme zur Hölle … die reinste Augenwischerei. Komm wir schieben `ne DVD rein.«
    Und statt auszugehen, glotzten wir einen Film nach dem anderen. Wir wurden beide unschlagbare »Filmfresser«, und Alice hatte immer einen Lieblingsstar, den sie anschmachten, nein, nach dem sie sich regelrecht verzehren konnte.
    Eines unserer beliebtesten Spiele lautete ‚Wo kommt das vor?‘: Es folgte ein Zitat, und man musste den dazu gehörigen Film erraten.
    »Wo kommt das vor, Valerie: ‚KING KONG IST NICHTS IM VERGLEICH ZU MIR‘, naaa, naaa?«
    Pff … Kinderspiel!
    »Training Day!«
    »Ah, du Mistkröte … gut, gut, jetzt du …«
    Lange konnte es so nicht mehr weitergehen!
    Also suchte ich mir eine eigene Wohnung und einen besseren Job, hatte bis dahin in einem heruntergekommenen, italienischen Café/Restaurant gekellnert, und zog endlich aus, allerdings nicht ohne Alice davon überzeugt zu haben, dass wir immer noch Freundinnen waren, dicke Freundinnen, haha, sinnbildlich natürlich …
    Ich
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