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Sophies schlimme Briefe (German Edition)

Sophies schlimme Briefe (German Edition)

Titel: Sophies schlimme Briefe (German Edition)
Autoren: Kirsten Boie
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Weg zurückgegangen. Da konnte ich nicht noch mal gucken, ob sich die Leute vielleicht doch noch was unter den Pullover gezogen hatten. Das wäre besser für sie. Sonst gibt es bloß Blasenentzündung und dann haben sie die Bescherung.

    PS Ich hab den Brief noch mal durchgelesen, liebe Omi, Mama sagt, das soll man tun. Ich weiß nicht, ob »Blasenentzündung« ein schlechtes Wort ist, sonst entschuldige bitte! Ich kenn aber leider kein anderes.

[zurück]

    Heute war bei uns aber vielleicht was los! Es war wegen Timon und mir, und zuerst hat Timon geweint und dann hab ich geweint und die Leute waren auch alle ganz aufgeregt, aber dann haben sie uns gerettet. Es sind bestimmt keine hässlichen Wörter dabei, und es war so:
    Weil es doch wieder geregnet hat (leider, liebe Omi! Da kann man ja verrückt werden, sagt Papa), bin ich mit Timon im Fahrstuhl gefahren, zuerst immer rauf und runter, das ist uns aber schnell langweilig geworden. Wir hatten es ja schon so oft gemacht. Dann haben wir gar keine Knöpfe mehr gedrückt und nur im Fahrstuhl gestanden und gewartet, wo die anderen Leute uns hingeschickt haben, mal hoch und mal runter. Das war aber noch viel langweiliger, liebe Omi, du kannst es ja mal ausprobieren. Manchmal ist mindestens hundert Stunden lang nichts passiert.
    Da hab ich so die Knöpfe angestarrt, die kannte ich schon auswendig. Es gibt »E« und » 1 « bis » 9 «, das sind die Stockwerke, und dann gibt es noch die interessanten. Vier Stück sind das, die heißen: »Tür auf« und »Tür zu« und »Notruf« und »Nothalt«. Die hab ich alle noch nie gedrückt.
    »Das sind aber viele Knöpfe, was, Timon?«, hab ich gesagt. Timon hat gesagt, ja, das sind viele Knöpfe, aber ihm ist jetzt langweilig. Da hab ich gesagt, er kann ja mal auf den drücken, das war »Tür auf«.
    Zuerst wollte er nicht, weil er gedacht hat, vielleicht passiert was Schlimmes, aber dann hat er es doch gemacht. Da ist immer die Tür aufgegangen und Timon war ganz begeistert.
    Aber dann ist es uns auch wieder ein bisschen langweilig geworden (das geht ja schnell, liebe Omi) und da hat Timon den zweiten Knopf gedrückt. Das war der mit »Tür zu«. Es war also wieder nicht so sehr aufregend, aber wenigstens etwas.
    Dann wollte Timon aussteigen, aber ich hatte plötzlich so ein Kribbeln, und ich hab gesagt, wir können ja wenigstens noch ein bisschen rauf- und runterfahren. Und dann, liebe Omi, ist es passiert.
    Timon sagt, ich hab gesagt, er soll den Knopf drücken, aber das kann ich gar nicht glauben. Weil ich ja lesen kann und
weiß
, dass da »Nothalt« draufsteht. Vielleicht hab ich ihn so angeguckt, dass er
gedacht
hat, er soll ihn drücken, das kann ja sein.
    Und da
hat
er ihn gedrückt, liebe Omi, und dann, oha! Das glaubst du gar nicht, wie schnell der Fahrstuhl da angehalten hat! Richtig mit einem Ruck und mitten zwischen zwei Stockwerken. Es war sehr ungewöhnlich und überhaupt kein bisschen mehr langweilig.
    Aber leider hat Timon gleich angefangen zu heulen, weil wir den Fahrstuhl nämlich leider nicht mehr in Gang gekriegt haben, mit keinem einzigen Knopf. Und Timon hat geschrien: »Du bist schuld!«, und ich hab geschrien, er ist schuld, weil er doch gedrückt hat, und dann hat von oben eine Stimme runtergebrüllt durch den Fahrstuhlschacht, das war richtig gruselig.
    »Was ist denn da los?«, hat die Stimme gebrüllt, und da hab ich leider plötzlich auch Angst gekriegt, liebe Omi, das kann ja mal passieren, und ich musste auch ganz schrecklich weinen.

Und oben war plötzlich ein Gerenne und Gerufe, sie haben geschrien: »Wir retten euch!« und »Wir holen euch raus!«, und ich hab mich plötzlich gefühlt wie ein Kind im Fernsehen. Da musste ich noch mehr weinen, weil ich gedacht habe, sie kriegen uns nie wieder raus, und wir müssen hier sitzen, bis wir alt sind und Bärte kriegen, aber nur, wenn die Leute oben es schaffen, uns Essen durch den kleinen Spalt runterzulassen. Sonst müssen wir vorher verhungern, das ist auch nicht schön.

    Dann hab ich Papas Stimme gehört, der hat gerufen, dass ich sein tapferes kleines Mädchen sein soll. Ich konnte aber nicht antworten, ich musste viel zu doll weinen.
    Und dann hat es plötzlich in den Ohren gedröhnt und es war eine Stimme im Fahrstuhl, die kam aus dem Lautsprecher. Du kennst doch die Lautsprecher im Fahrstuhl, liebe Omi? Da war die Stimme drin, die hat gesagt, sie ist der Technische Notdienst und gleich gibt es einen Ruck, dann holen sie uns hoch. Wir sollen
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