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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs
Autoren: Colin Greenland
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gegossen und begonnen, sich unter den Armen und zwischen den Beinen zu waschen. Dabei spricht sie die ganze Zeit zu dem Gast, in fröhlichem, schmeichelhaftem, routiniertem Tonfall – wie ein Friseur. »Ich weiß, ihr Gentlemen habt ein Mädchen gern frisch und sauber«, sagt sie. Sie hat seinen Ring bemerkt, Glattgold ohne Prägung, die Knöpfe an seiner Weste aus Muskovit von einem der Marsmonde.
    Er hört nicht zu, was sie redet, und auch sie selbst achtet nicht darauf. Er entkleidet sich und legt die Kleider auf den Sessel. In einem Anflug von Trotz hat er sich entschlossen, sie zu ficken – weil ihm dies nicht aufgetragen war, und weil ihn diese indirekte Unbotmäßigkeit amüsiert.
    Molly ist verwundert. Noch vor nicht allzu langer Zeit war das anders; aber in diesen Tagen sieht dieses Zimmer nur gewöhnliche Männer, und von denen auch nur zweierlei Arten: die, die voller Lust und Gier sind, und die, die voller Schuldgefühle sind und sich und die Frauen verachten. Der da gehört zu keiner von beiden Kategorien. Er bleibt so unerreichbar wie die Sterne. Obwohl er so viel gezahlt hat, sagt er nichts von speziellen Wünschen oder Neigungen. Sein Schwanz ist hart, sein Gesicht weich, aber verschlossen.
    Er wirkt wie ein Sammler, der Frauen testet. Molly hat von Männern gehört, die das tun, die von Hafen zu Hafen reisen und Frauen jeder Art und Rasse ausprobieren, als würden sie Schmetterlinge sammeln. Aber vielleicht bewegt ihn ja doch etwas. Manche Männer lieben es, sich ihr anzuvertrauen, nachdem sie sich in ihr erschöpft haben, den Kopf auf ihre weichen Brüste zu legen und ihr all ihre Sorgen und Nöte zu erzählen. Der hier jedoch nicht. Er ist so verschlossen wie ein Grab. Irgendwie ist sie froh darüber, und sie küßt seine kastanienbraunen Locken, als er sich in sie ergossen hat.
    Dann liegt er mit dem Kopf auf ihrer Schulter, ohne sich durch den Schweißgeruch ihrer stoppeligen Achselhöhlen stören zu lassen. »Du bist ein gutes Mädchen, Molly«, sagt er in so vertrautem Tonfall, daß sie sich fragt, ob er nicht doch schon mal bei ihr gewesen ist. Aber es ist nicht gut, der Kundschaft zu zeigen, daß man sich nicht mehr erinnert. Also läßt sie es dabei bewenden, lauscht dem Rauschen des Regens vor dem Fenster und fragt sich, wann wohl die anderen Mädchen vom Laden zurückkommen, und was sie zum Abendessen eingekauft haben.
    Ihr Besucher setzt sich auf und schwingt die Beine aus dem Bett. Er hat ihr den Rücken zugewendet und betrachtet die Zierstücke auf dem Kaminsims. Eins nimmt er in die Hand. Es ist ein Foto in einem Rahmen aus dunkelgrünem Metall und zeigt eine Frau mit Korkenzieher-Löckchen in hohen Schnürstiefeln, einem Bolerojäckchen über dem engen Kleid und einer Torerokappe. Sie steht in der Ecke einer italienischen Säulenloggia vor einer schimmernden Ebene unter einem schwarzen Himmel. Im Hintergrund sind andere Leute zu sehen, aber nur zufällig, wie er glaubt, denn die Aufnahme wurde an einem bevölkerten Ort gemacht. Es scheinen Ladies und Gentlemen von Stand zu sein, solche, wie sie jeden Abend aus der Oper oder aus dem Ballett kommen. Die Gestalten sind in der Bewegung unscharf, und keine schaut in die Kamera.
    Die Frau ist Molly Clare. Sie hält einen Strauß weiße Blumen, die schon die Köpfe hängen lassen, in der Hand und zeigt ein freches Lächeln. Das Bild ist noch ziemlich neu, vielleicht zwei, drei Jahre alt. Es wurde merkwürdig beschnitten; wahrscheinlich hätte es sonst nicht in den Rahmen gepaßt. Jedenfalls fehlt ein Teil ihrer linken Schulter.
    »Was ist das für ein Bild, Molly?«
    Sie hebt den Kopf und betrachtet es. »Das da? Es ist eine Urlaubserinnerung. Das bin ich vor dem Meer der Ruhe.« Sie redet voller Stolz, rollt das ›R‹ auf der Zunge und erfreut sich an dem Klang des Wortes. Aber in ihren Worten schwingt auch eine Spur von Wehmut mit. »Kennen Sie's?«
    Er antwortet nicht, und sein wenig mitteilsamer Rücken verrät nicht, ob er es kennt oder nicht. Er stellt das Bild lediglich an seinen alten Platz zurück, als ob er jegliches Interesse daran verloren hätte. Molly ist nicht beleidigt. Sie fühlt sich beschwingt, denn er hat für den Rest des Tages und, falls er das will, auch für die kommende Nacht bezahlt. Obwohl – er ist so schnell gekommen. Jetzt greift er nach seinen Kleidern auf dem Sessel neben dem Bett, sucht, wie sie glaubt, nach der Zigarrendose. Sie überlegt, ob sie sich einen Tee aufbrühen soll.
    Als er sich ihr wieder
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