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Sonnenwende

Sonnenwende

Titel: Sonnenwende
Autoren: Aufbau
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nicht gesehen. Die Wohnung war … aseptisch.
Ich
hab’ ja schon einen Sauberkeitsfimmel, aber gegen ihre Wohnung ist meine die reinste Milbendisko. Dann hatte sie auch noch überall so merkwürdige Bilder aufgehängt – Fotos. Auf einem war nur ein Messer drauf. Ihr Schlafzimmer hat sie mir auch gezeigt, lauter Regale mit Büchern, die da standen wie mit dem Lineal gezogen, und an der Decke alles voller Leuchtsterne. Sie dachte, die würden mir gefallen.«
    Sie warteten, bis die dunkle Harmonie verklungen war, dann faltete Tom die Seiten zusammen und legte sie zurück auf den Stapel. Der Sommer war vorbei. Als Nächstes spielte er die Melodie von »Angel Eyes«. Der Text erzählte von etwas, das |219| wie Liebe aussah, und von jemandem, der auf der Suche war. Er sang ihn in Gedanken mit, während er spielte
    Pardon me, but I gotta run,
    The fact’s uncommonly clear.
    Gotta find who’s now ›Number One‹,
    And why my Angel Eyes ain’t here.
    Wladimir blickte aus dem Fenster; vorübergehend hatte er vergessen, wo er war. Minutenlang schwieg er und trieb auf der Musik dahin. Dann sagte er schließlich: »Menschen sind komisch.«
    »Ja«, antwortete Tom, während der Schlussakkord verhallte. »Menschen sind komisch.«

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    |220| Over and out
    Der Wind rieb den Sand gegen Adas Beine. Ein Prickeln, das sie ihren Körper spüren ließ. Sie ging ein Stück. Nahe am Wasser war der Sand weich und zugleich fest, die Abdrücke ihrer Füße waren deutlich zu sehen. Die erste Welle, die bis zu ihr hinaufkroch und ihre Zehen umspülte, ließ ihr Herz einen Schlag aussetzen; Ada musste stehenbleiben und warten, so gewaltig war das Erlebnis.
    Der Strand war weit, sein Ende löste sich im Wasser auf. Entfernt konnte sie zwei Menschen erkennen, sonst war niemand zu sehen. Die einzige Bar war geschlossen. Als sie sich setzte, gesellte sich ein einsamer Hund zu ihr und legte seinen schweren Kopf auf ihre Füße, sein kupferfarbenes Fell war dick und schmutzig. Er leckte ihre Zehen und sah erwartungsvoll zu ihr auf, als hoffte er, dass sie etwas Abwechslung in sein Leben bringen würde.
    Das Meeresrauschen schien von allen Seiten gleichzeitig zu kommen, auf den Wellen spiegelte sich die Sonne in tausend kleinen Scherben. Ada musste die Augen zusammenkneifen und zusätzlich mit der Hand abschirmen.
     
    Die Sonne hatte sich weiterbewegt, der Hund zu ihren Füßen war eingeschlafen. Dies war der Ort, an dem alles von ihr abfallen würde. Hier gab es niemanden, der ihr Leben störte, nichts, das sie tun musste. Für immer könnte sie hier liegen, und niemand würde daran Anstoß nehmen. Dies war das Ende der Welt. Unter dem großen Felsen machte sie ihr letztes Foto – ein Spiel aus Licht und Bewegung.

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Informationen zum Buch
    Tom glaubt an die Liebe, und weil er seit Jahren mit Helen zusammen und ihr dabei auch noch treu ist, halten seine Freunde ihn für nicht ganz normal. Vor allem Wladimir, für den jede Frau ein Verfallsdatum trägt. Das Wort „Beziehung“ hat auf ihn dieselbe Wirkung wie Knoblauch auf einen Vampir, und wenn man in seiner Gegenwart „heiraten“ sagt, dann zerfällt er zu Staub. Doch in diesem heißen Berliner Sommer werden die Karten völlig neu gemischt: Ebenso verzweifelt wie vergeblich versucht Tom, den heiligen Gral seiner Liebe durch einen Seitensprung zu retten, und Wladimir verfängt sich im Netz einer rothaarigen Schönen.
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