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Sonnensturm

Sonnensturm

Titel: Sonnensturm
Autoren: Arthur C. Clarke , Stephen Baxter
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Siobhan zu und sagte leise:
»Falls es uns überhaupt gelingt, das verdammte alte
Gerät zum Anspringen zu bewegen.« Dann führte er
das Telefon wieder ans Ohr, und sein Gesicht wurde von
Sorgenfalten zerfurcht.
    Es war ein heißer Junitag mit über dreißig
Grad; der Raum heizte sich bereits auf, und der Hosenanzug klebte
Siobhan am Körper. Sie spürte, dass ihr Unbehagen
zunahm.
    Von jenseits des Fensters ertönte ein berstendes Krachen,
dann ein Knattern wie von kleinen Feuerwerkskörpern und eine
Kakophonie von Autohupen und Alarmsirenen. Die Kosmologen hielten
wie in einem kollektiven Impuls die Luft an. Siobhan schob sich
durch die Menge, um auch einen Blick zu erhaschen.
    Der Stau auf der Mall hatte sich noch nicht aufgelöst.
Die Fahrzeuge hatten sich dennoch in Bewegung gesetzt, fuhren
ineinander und rammten sich gegenseitig, sodass die Kolonne nun
in eine Massenkarambolage verwickelt war. Die Leute
verließen ihre Fahrzeuge; ein paar von ihnen schienen
verletzt zu sein. Plötzlich war der Stau aus einer –
immerhin geordneten - Unannehmlichkeit zu einer kleinen
Katastrophe aus Blechschäden, auslaufendem Benzin und
leichten Verletzungen eskaliert. Und nirgends waren Anzeichen von
Polizei oder Rettungsdiensten zu entdecken.
    Siobhan war perplex. Sie hatte so etwas noch nie gesehen. Alle
Autos besaßen heutzutage künstliche Intelligenz. Sie
übernahmen Daten und Instruktionen von
Verkehrskontrollsystemen und Navigationssatelliten und vermochten
anderen Fahrzeugen, Fußgängern und sonstigen
Hindernissen in ihrer unmittelbaren Umgebung auszuweichen. Von
Unfällen hörte man praktisch nichts mehr, und die Zahl
der Unfalltoten war auf ein Minimum geschrumpft. Doch die Szene
auf der Straße weckte Erinnerungen an die Staus auf den
Autobahnen, die Großbritannien während ihrer Kindheit
in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts einen großen
volkswirtschaftlichen Schaden zugefügt hatten. War es
möglich, dass die elektronischen Leitsysteme aller Fahrzeuge
gleichzeitig ausgefallen waren?
    Ein Lichtblitz blendete sie. Sie zuckte zusammen und hob die
Hand vors Gesicht. Als das Sehvermögen zurückkehrte,
sah sie eine schwarze Rauchsäule, die irgendwo südlich
des Flusses aufstieg. Der Ursprung der Wolke war nicht zu
erkennen. Dann brandete eine Druckwelle gegen das Gebäude
der Society an. Das solide alte Gemäuer erbebte und das
Fenster knackte. Sie hörte ein leises gläsernes
Klirren, Alarmsirenen und Schreie.
    Das war eine Explosion gewesen, und zwar eine gewaltige. Von
den Kosmologen war ein besorgtes Raunen zu vernehmen.
    Toby Pitt berührte ihre Schulter. Das Lachen war ihm nun
gründlich vergangen. »Siobhan. Wir hatten einen Anruf
vom Büro der Bürgermeisterin. Man hat nach Ihnen
gefragt.«
    »Nach mir…?« Sie schaute sich um und kam
sich verloren vor. Sie hatte keine Ahnung, was überhaupt los
war. »Die Konferenz…«
    »Ich glaube, dass man angesichts der Umstände eine
Vertagung akzeptieren wird.«
    »Wie soll ich überhaupt dorthin kommen? Wenn dieses
Chaos da draußen typisch für…«
    Er schüttelte den Kopf. »Wir können von hier
aus eine Videokonferenz schalten. Kommen Sie mit.«
    Als sie dem breitschultrigen Mann aus dem Raum folgte,
klingelte ihr Handy. »Mutter?«
    »Du bist immer noch da? Ich habe nur Bahnhof
verstanden.«
    »Das ist eben die Sprache der Kosmologie. Mir geht es
gut, Mutter. Und dir…«
    »Mir auch. Die Explosion war weit von hier
entfernt.«
    »Gut«, sagte Siobhan erleichtert.
    »Ich habe Perdita angerufen. Die Verbindung war zwar
schlecht, aber es geht ihr gut. Die Kinder bleiben so lange im
College, bis die Lage sich wieder normalisiert hat.«
    Siobhan fiel eine Zentnerlast vom Herzen. »Vielen
Dank.«
    »Die Ärzte laufen wie aufgescheuchte Hühner
herum«, sagte Maria. »Ihre Pager blinken wie
verrückt. Man sollte meinen, dass Notfälle eingeliefert
werden, aber ich habe bisher noch niemanden gesehen…
Glaubst du, es waren Terroristen?«
    »Ich weiß nicht.« Toby Pitt hatte die
Tür erreicht und winkte ihr. »Ich will versuchen, die
Verbindung aufrechtzuerhalten.« Sie eilte aus dem Raum.

 
{ 4 }
BESUCHER
     
     
    Das Mondfahrzeug erreichte die Station lange bevor Michail den
beschwerlichen Abstieg beendet hatte. Der Besucher wartete am
Eingang des Habitats mit einer Ungeduld, die auch der Anzug nicht
zu verbergen vermochte.
    Michail glaubte, die Gestalt allein schon anhand ihrer
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