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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer
Autoren: Patricia Shaw
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China – wenn Sie eine Frau gefunden haben und sich Nachwuchs ankündigt. Ich weiß, daß die Chinesen ihren Familien sehr verbunden sind, aber Sie haben nie von Ihren Angehörigen gesprochen. Ich nehme an, Sie haben ebenso Ihre Rückschläge erlitten wie wir auch.«
    Daß Mrs. Middleton so einfühlsam war, rührte Ying. »Ja, es ist sehr schmerzlich für mich, daß ich mich von meinen Vorfahren abwenden muß«, gab er zu. »Mit dieser Frage habe ich mich viele Nächte lang auseinandergesetzt. Doch ich will überleben. Mein Vater hat mir Feinde hinterlassen, die niemals Ruhe geben werden. Und deshalb muß Chin Ying untertauchen.«
    Alice Middleton saß schweigend da. Weder bedauerte sie ihn noch gab sie gute Ratschläge. Sie war zwar in England aufgewachsen und hatte ein schweres Leben geführt, aber sie bewies die gleiche Würde wie eine weise chinesische Matrone nobler Herkunft. »Möchten Sie mein Gewächshaus sehen?« fragte sie schließlich. »Ich habe einige wunderschöne Orchideen. Es gibt hier so viele verschiedenen Sorten. Ich glaube, sie würden Ihnen gefallen.«
    »Ja, gern«, antwortete er und verbeugte sich vor ihr.
     
    Perfy saß in einem Schaukelstuhl auf der Veranda. Sie hatte ihr bestes Sonntagskleid aus feinem, weißen Batist mit einem üppigen Spitzenbesatz am Saum angezogen. Die Taille zierte ein grünes Samtband. Das Leibchen, das sich eng an ihre schlanke Büste schmiegte, war mit einer gerüschten, gefälteten Bordüre aus englischer Stickerei besetzt. Die Haare trug sie jetzt offen, so daß ihr die langen Locken, nur von einem schmalen grünen Samtband zusammengehalten, weich auf die Schulter fielen. Am Mieder prangte das einzige Schmuckstück, das sie besaß, die Jadebrosche, die Mr. Chin ihr als Glücksbringer geschenkt hatte.
    Als sie Lew in seinem feinen Anzug durch den strömenden Regen auf das Haus zulaufen sah, mußte sie sich das Lachen verkneifen.
    Damit sein neuer Panamahut nicht naß wurde, hielt er ihn an die Brust gepreßt. Offensichtlich machte es ihm nichts aus, daß ihm von seinem dunklen Krauskopf, den normalerweise eine abgetragene Seemannskappe zierte, der Regen ins Gesicht tropfte.
    »Meine Güte«, rief er, als er unter das Dach der Veranda flüchtete, »jetzt habe ich mir einen neuen Anzug gekauft und nun dies! Ich bin naß bis auf die Knochen, und bestimmt läuft er ein.«
    Welch eine romantische Einleitung, dachte sie. Doch wie immer wirkte er ungeheuer anziehend, so braungebrannt und gutaussehend!
    Warum hatte sie sich nur von ihm abgewandt? Perfy erhob sich zur Begrüßung.
    »Oh, Perfy!« seufzte er und nahm sie in die Arme. Daß dadurch ihr Kleid naß wurde, und sie völlig überrumpelt war, beachtete er nicht. »Du hast mir so gefehlt! Wenn du einen Verehrer hast, schick ihn auf der Stelle fort, hast du mich verstanden?« Er küßte sie immer wieder. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr du mir gefehlt hast. Ich liebe dich. Und ich habe dich immer geliebt. Aber das weißt du ja schon …«
    Seine leidenschaftliche Begrüßung gab ihr keine Möglichkeit, die kurze Rede zu halten, die sie sich zurechtgelegt hatte. Aneinandergeschmiegt saßen sie auf der Veranda und blickten hinaus in den strömenden Regen.
    »Liebst du mich, Perfy?« fragte er drängend.
    »Natürlich tu ich das, du Dummkopf«, antwortete sie. »Sonst würde ich nicht mit dir auf der Veranda sitzen und für all unsere Nachbarn dieses Schauspiel aufführen.«
    »Dann muß ich mit dir etwas Ernstes besprechen. Du hast doch keinen Verehrer, oder? Ist dies hier vielleicht Herberts Stammplatz?«
    »Herbert?« Perfy mußte lachen. »Oh, Lew, hast du denn nicht gehört, daß Herbert fortgegangen ist?«
    »Nein, aber über ihn wollte ich auch gar nicht reden.« Er nahm ihren Arm und trat mit ihr in die geräumige Eingangshalle. »Also, Chin Ying hat mir einen Vorschlag gemacht …«
    »Du meinst wohl Mr. Wong Sun Lee?«
    Verwundert blieb er stehen. »Woher kennst du diesen Namen?« Sie lachte. »Weil er hier ist, draußen im Garten. Er läßt sich von meiner Mutter seltene Orchideen zeigen. Komm, wir gehen zu ihnen. Ich weiß, das Leben in Hongkong wird wunderbar.«

8
    D ie dralle deutsche Frau eilte an Bord des eleganten neuen Segelschiffs
Bremen.
Hastig bahnte sie sich ihren Weg durch die Menge und rief dem Träger über die Schulter immer neue Anweisungen zu. Die anderen Passagiere verabschiedeten sich unter Tränen von ihren Verwandten, denn gleich mußten die Zurückbleibenden das Schiff
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