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Sommernachtszauber

Sommernachtszauber

Titel: Sommernachtszauber
Autoren: Christina Jones
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kann. Es ist schon ganz geschwollen und steif.«
    »Bei einem Kerl hat so was ja durchaus seine Reize«, murmelte Chelsea.
    »Tja …«, Topsy musterte mit in die Hüften gestemmten Armen ihre zerzauste Cancan-Truppe. »Das ist ja wirklich eine schöne Bescherung. Kannst du nicht versuchen, ihr mit einer deiner Massagen zu helfen, Sukie? Wir kommen auf dieser Bühne nicht mit einer Tänzerin weniger aus, das verpatzt die ganze Choreografie.«
    Sukie bemühte sich, nicht zu grinsen. Offen gestanden hatte sie an schlechten Tagen das Gefühl, die Cancan-Truppe aus Bagley verpatzte die Choreografie ohne weiteres Zutun auch so schon. »Äh, hm, ja, natürlich kann ich ihr das Bein massieren, aber nicht hier. Ich hab meine Sachen nicht da, und außerdem braucht sie mehr Wärme.«
    Die Cancan-Tänzerinnen waren bei ihren Bemühungen ganz schön ins Schwitzen gekommen, aber der Saal selbst war eiskalt. Die Muskeln wurden steif, und die schweißnassen Körper kühlten rasch aus.
    »Dann ab nach Hause mit ihr«, sagte Topsy, eindeutig eingeschnappt, dass sie um den Genuss einer Horde Sanitäter und eines lebensrettenden Luftröhrenschnitts gebracht wurde. »Sie muss sich ein bisschen flachlegen.«
    »Ich würd mich auch gern mal wieder flachlegen lassen«, sagte Chelsea grinsend und zog ihre ausgeleierten Leggings hoch. »Aber nicht von Sukie.«
    Valerie, auf Sukie gestützt und wie ein pummeliger Storch auf einem Bein stehend, zuckte die Schultern. »Vielleicht hat mein Alter ja recht. Vielleicht bin ich einfach nicht mehr jung genug für solche Späße.«
    »Unsinn!«, fauchte Topsy. »Als ich noch Ballett unterrichtet habe, waren meine Mädels von der Wiege bis ins Grab zäh wie Leder. Margot Fonteyn und Dame Nellie Melba zum Beispiel haben bis ins hohe Alter noch getanzt. Außerdem war diese Truppe hier deine Idee, Valerie Pridmore. Du warst es schließlich, die Mitzi letztes Jahr erzählt hat, du wärst so gern Revuetänzerin, da kannst du doch jetzt nicht einfach zurücktreten, bloß weil das bei den Kandidaten der Liberal Democrats gerade groß in Mode zu sein scheint.«
    Sukie kicherte, obwohl sie in ihrem ausgeleierten T-Shirt und den Jogginghosen vor Kälte zitterte.
    »Das ist überhaupt nicht zum Lachen.« Topsy machte ein empörtes Gesicht. »Diesen Sommer stehen jede Menge Auftritte an – Partys und Galas und so weiter -, ganz zu schweigen von der Hochzeitsfeier für Fern und Timmy … Wir haben mit sechs Tänzerinnen geprobt. Wir können die Choreografie jetzt nicht mehr umschreiben. Wir brauchen einen Ersatz. Schon wieder.«
    »Ersatz hin oder her«, schniefte Valerie und hielt heftig hinkend ihren hängenden Busen fest, »ich hol jetzt meinen Mantel und geh heim. Kommt jemand mit?«
    Allgemeine Zustimmung – so viel Begeisterung hatten die Cancan-Tänzerinnen den ganzen Abend über noch nicht gezeigt.
    Alle zogen dicke Jacken und Handschuhe und Schals über ihre Trainingssachen, Sukie und Chelsea kümmerten sich um Valerie, während die anderen, Betty, Roo und Trace, Topsy dabei halfen, die Lichter auszumachen, stets in der Hoffnung, dass es im Lauf der Nacht keinen Kurzschluss geben würde. Der Gemeindesaal von Hazy Hassocks hätte eigentlich dringend neue elektrische Leitungen und eine neue Heizung gebraucht. Wahrscheinlich gehörte er sogar abgerissen. Aber da es im weiten Umkreis der einzige Raum für Veranstaltungen und Aktivitäten war, und Mitzi Blessing den Eigentümern quasi ihre Seele verkauft hatte, damit ihre Leute ihn benutzen konnten, wagte niemand vorzuschlagen, den Saal für Renovierungsarbeiten zu schließen, denn es stand zu befürchten, dass er dann womöglich nie wieder geöffnet werden würde.
    »Bist du mit dem Rad gekommen?« Chelsea sah Valerie fragend an, als sie in die bitterkalte, schwarze und stürmische Märznacht hinaustraten.
    Valerie nickte.
    »Dann lass das Fahrrad hier, ich nehm dich im Auto mit«, bibberte Sukie. »Mit dem Bein kannst du garantiert nicht in die Pedale treten.«
    »Ich fahr das Rad zu ihr nach Hause«, sagte Topsy, die gerade ins Freie trat und ein graubraunes Kopftuch mit Paisleymuster unter ihrem runzeligen Kinn verknotete, wodurch sie noch schildkrötenhafter aussah. »Ich bin von Bagley zu Fuß hergelaufen.«
    Sukie seufzte. Topsy ging überallhin zu Fuß. Und zwar ganz schön flott. Es war schon ärgerlich, auf allen Ebenen von einer Frau abgehängt zu werden, die so alt war, dass ihr bei dem Namen Victoria als Erstes die Königin einfiel, und nicht Mrs
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