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Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht

Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht

Titel: Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht
Autoren: Melissa Marr
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Mutter-Schwester einer offenen Gefühlsbekundung ihm gegenüber noch nie gekommen. Er war sich nicht sicher, ob er glücklich oder erschrocken sein sollte. Die personifizierte Vernunft sollte so etwas eigentlich nicht tun, doch insgeheim fragte er sich, ob sie vielleicht nur die wahren Gefühle verbarg, ob sie nur beschlossen hatte, sich von der Vernunft leiten zu lassen.
    »Mit der Zeit ändert sich alles, Bruder«, flüsterte Sorcha. »Geh zu Seth, aber nimm dich vor der Kriegstreiberin in Acht. Mir wäre es lieber, wenn du nicht verletzt würdest.«
    Er öffnete den Mund, um ihr zu widersprechen, doch sie hatte sich schon umgedreht und ließ ihn stumm in ihrem Park zurück.

Drei
    Ani hatte gewusst, dass ihr im Haus des Königs der Finsternis eine weitere schmerzhafte Erfahrung bevorstand – und zwar nicht die angenehme Art von Schmerz .
    Irial hielt ihre Hand, was sie ein wenig tröstete. »Bist du bereit?«
    »Nimm es dir.« Ani streckte dem früheren König der Dunkelelfen ihren anderen Arm hin. Sie betrachtete die Lilientapete, die flackernden Kerzen, alles – nur nicht den neben ihr sitzenden Elf. »Nimm dir alles , wenn es das ist, was du brauchst.«
    »Nicht alles, Ani.« Er drückte noch einmal ihre Hand und ließ sie dann los. »Wenn es einen anderen Weg gäbe …«
    »Du bist mein König. Ich gebe dir, was immer du von mir verlangst. Leg los.« Sie beobachtete, wie er ein dünnes Röhrchen in ihre Haut stieß. Von den letzten Malen hatte sie noch lauter kleine Blutergüsse auf den Armen, die wie Knutschflecken aussahen.
    »Ich bin nicht mehr dein König. Niall ist der König der Finsternis.«
    »Egal.« Ani wollte dieses Streitgespräch, aus dem sie schon zu oft als Verliererin hervorgegangen war, nicht noch einmal von vorn beginnen: Es mochte ja sein, dass Irial nicht mehr König war, aber sie blieb ihm gegenüber trotzdem loyal. Und sie stand damit nicht allein: Viele Bewohner des Hofs der Finsternis waren ihm treu ergeben. Denn auch wenn er nicht mehr über sie herrschte, sorgte er sich immer noch um sie. Er kümmerte sich weiter um die Dinge, die den neuen König der Finsternis zu sehr beunruhigt hätten. Irial verhätschelte Niall.
    Ani dagegen wurde nicht beschützt. Nicht mehr. Seit Irial entdeckt hatte, dass Ani sich sowohl von Berührungen als auch von Emotionen ernähren konnte – dass ich beides brauche  –, versuchte er herauszufinden, wie er aus dieser Tatsache Nutzen für den Hof der Finsternis ziehen konnte. Irial zufolge hätte Ani als Halbling eigentlich weder den einen noch den anderen Appetit haben dürfen. Und schon gar nicht Hunger auf beides. Noch viel weniger hätte sie die Fähigkeit besitzen sollen, bei Sterblichen Nahrung zu finden. Irial glaubte, dass Anis Blut vielleicht der Schlüssel zur Stärkung ihres Hofs sein konnte, deshalb führte er diese Experimente mit ihr durch.
    Was in Ordnung ist. Es ist für meinen Hof. Für Irial.
    »Noch mehr?«, fragte sie.
    »Nur noch ein bisschen.« Irial zog mit den Zähnen den Korken aus der nächsten Glasampulle. Den Verschluss zwischen den Lippen fügte er hinzu: »Neige ihn nach unten.«
    Sie senkte den Arm, dann öffnete und schloss sie ihre Faust, damit das Blut floss. Sie war sich nicht sicher, ob das wirklich etwas brachte, aber so hatte sie immerhin das Gefühl, etwas tun zu können. Der Aderlass war nicht leichter geworden, trotz der vielen Male, die sie bereits hinter sich gebracht hatte.
    Sie nahm Irial mit ihrer freien Hand den Korken aus dem Mund. »Ich hab ihn. Nimm die nächste.«
    Während sich die Phiole füllte, nahm Irial eine weitere leere Ampulle vom Ständer und hob sie an seine Lippen. Sobald sie entkorkt war, ersetzte er mit ihr das inzwischen gefüllte Fläschchen. »Hältst du mal?«
    Sie nahm den Glasbehälter stumm mit derselben Hand, in der sie den Korken hielt, und stellte ihn neben die anderen mit ihrem Blut gefüllten Phiolen, die inzwischen alle wieder neu verkorkt waren. Dann drückte sie den Stopfen darauf.
    »Die letzte«, murmelte Irial. »Toll machst du das.«
    Ani betrachtete den leeren Platz auf dem Ständer; überall sonst steckten bereits gefüllte Fläschchen in den Halterungen. »Gut.«
    Irial reichte ihr das letzte Gefäß und drückte einen Kuss auf die gerötete Stelle an ihrem Arm, wo er das Blut entnommen hatte. Keiner von ihnen sagte ein Wort, als er den letzten Glasbehälter zu den anderen stellte und sie alle zur Tür trug, um sie einem Elf zu übergeben, den sie nicht
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