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Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens
Autoren: Susan Wiggs
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verloren um. „Ich brauch etwas, worauf ich schreiben kann.“
    Ross nahm einen Stift aus seiner Tasche. „Hier“, sagte er und zeigte auf die nackte Brust des Teenagers.
    Sie zögerte, dann fing sie an, auf die Haut des Jungen zu schreiben. Weiteres Gewehrfeuer schlug draußen auf dem Boden ein. Nach einer Zeit, die ihnen wie eine Ewigkeit vorkam, obwohl vermutlich nur zwanzig Minuten vergangen waren, traf eine weitere Dustoff-Einheit ein, ließ einen Sanitäter über die Winde hinunter und flog dann weiter, um einen sicheren Landeplatz zu suchen. In der Hütte ging die Sichtung der Verletzten weiter, wobei alle den Sanitätern halfen, so gut sie konnten.
    Ross ging an ein paar Soldaten vorbei, die offensichtlich tot waren. Er empfand nichts. Er ließ es einfach nicht zu. Die Albträume würden später kommen.
    „Seht zu, ob ihr die Blutung da gestoppt kriegt“, sagte die neue Sanitäterin und zeigte auf ein weiteres Opfer. „Haltet einfach irgendwas darauf.“
    Ross riss einen Ärmel seines Hemdes ab, um eine blutende Wunde zu stillen. Erst als er den Stoff auf den Arm drückte, sah er, dass dieser zu einem alten Mann gehörte, der in den Armen eines Jungen lag, der ihm leise etwas vorsang. Es schien den Verwundeten zu beruhigen, wie Ross bemerkte.
    Er musste den Teil von sich finden, der noch etwas fühlenkonnte. Er brauchte das, was er in der Art sah, wie die Hand des Jungen die Wange des alten Mannes streichelte. Familie. Sie gab dem Leben einen Sinn. Familie war das Einzige, was zählte, das Einzige, was einen die Bodenhaftung nicht verlieren ließ. Doch außer seinem Großvater hatte Ross auf diesem Gebiet nichts vorzuweisen. Er hasste es, sich so leer und taub zu fühlen.
    Das Feuer der Aufständischen klang ab. Zwei weitere Hubschraubercrews trafen mit Tragen ein und liefen über das offene Feld, um zu den anderen zu gelangen. Alle machten sich an die Arbeit und nutzten die kurze Feuerpause, um so viele Verwundete wie möglich zu retten. Sie wurden auf die Tragen geschnallt, auf Ponchos über den Boden gezogen oder in müden Armen getragen. Die, die noch selber gehen konnten, machten sich selber auf den Weg und verursachten Chaos. Der erste Vogel hob schwer beladen ab und taumelte einen Moment wie ein Jahrmarktkarussell in der Luft.
    Ross ging im zweiten Heli als Letzter an Bord. Er griff nach einer Klampe, um sich festzuhalten. Das Feuer setzte wieder ein, und die Patronen prallten von den Kufen ab. Der Flug verging in einem Nebel aus Lärm und Staub und Rauch, aber endlich – Gott sei Dank – sah er, wie die Lippen des Piloten die Worte bildeten, auf die sie alle gehofft, für die sie gebetet hatten: Dustoff ist bereit zur Landung.
    Sie erreichten den Stützpunkt mit dem letzten Tropfen Treibstoff. Hier übernahm das Bodenpersonal. Ross fand jemanden, der ihm ein wenig Betaisodona und einige Binden gab. Dann ging er hinaus auf das Gelände. Die Sonne brannte ihm auf den nackten Arm, wo er den Ärmel abgerissen hatte. Er war ganz benommen von dem Wissen, einen Ausflug zur Hölle und zurück hinter sich zu haben.
    Und es war noch nicht mal Mittag.
    Seine Dustoff-Einheit war bekannt für ihre Schnelligkeit und Effizienz, und sie hatten schon viele Leben gerettet. FünfundzwanzigMinuten vom Schlachtfeld ins Traumazentrum waren der Schnitt. Das war etwas, worauf er mit Stolz zurückschaute, aber jetzt war es an der Zeit, weiterzuziehen. Und er war mehr als bereit dafür.
    Die Jungs hatten sich in der Messe versammelt. Zwei weitere Lufteinheiten bereiteten sich darauf vor, wieder auszufliegen.
    „Hey, Leroy, Weihnachten kommt für dich dieses Jahr ein bisschen früher!“ Nemo schlang ein zusammengeklapptes Stück Pizza hinunter. „Ich höre, deine Entlassungspapiere sind gekommen.“
    Ross nickte. Eine Welle der … nicht wirklich Erleichterung … durchlief ihn. Es passierte wirklich. Er würde endlich nach Hause fliegen.
    „Was wirst du mit dir anfangen, wenn du zurück in den Staaten bist?“, fragte Nemo.
    Neu anfangen, dachte Ross. Es dieses Mal richtig machen. „Ich habe große Pläne“, sagte er.
    „Natürlich.“ Nemo lachte und machte sich auf in Richtung Duschen. „Haben wir die nicht alle?“
    Wenn man sich in der Mitte von so etwas wie dem hier befindet, dachte Ross, plant man gar nichts, außer in den nächsten paar Minuten nicht zu sterben. Es war ein unfassbares Gefühl, zu wissen, dass er jetzt weiter denken durfte.
    Er erblickte Florence Kennedy im Schatten sitzend. Sie trank aus
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