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Sommer am Meer

Sommer am Meer

Titel: Sommer am Meer
Autoren: Rosamunde Pilcher
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dann kam der Park mit riesigen Buchen, der sanft zu der fernen Flußbiegung abfiel.
    Überwältigt war Virginia Anthony gefolgt, die Treppe hinauf und durch die Tür. Das Haus war leer, altmodisch und unmöbliert. Sie wollten es gemeinsam einrichten. Diese gewaltige Aufgabe reizte Virginia, doch als sie es sagte, setzte er sich über sie hinweg.
    „Wir beauftragen Philip Sayer damit, das ist der Innenarchitekt, der meine Mutter in London eingerichtet hat. Sonst machen wir nur irgendwelche Fehler, und das Haus wird ein grauenhaftes Stilgemisch.“
    Virginia dachte insgeheim, sie würde ihre eigenen Fehler dem unfehlbaren Geschmack eines anderen vorziehen - es wäre gemütlicher; aber sie sagte nichts.
    „Und dies ist der Salon. Dahinter befinden sich die Bibliothek und das Eßzimmer. Küche und so weiter sind unten.“
    Es hallte in dem hohen Raum, die Prismen der Kristall-Lüster an der reichverzierten Decke glitzerten. Die Wände waren getäfelt, die hohen Fenster hatten herrliche Simse. Es war staubig, und Virginia fröstelte ein wenig.
    Sie stiegen auf einer elegant geschwungenen Treppe in den ersten Stock. Ihre Schritte auf den gebohnerten Stufen hallten durch das leere Haus. Oben waren die Schlafzimmer, ein jedes mit eigenem Bad, die Ankleidezimmer, Wäscheschränke, sogar ein Boudoir.
    „Was soll ich mit einem Boudoir?“ wollte Virginia wissen.
    „Du kannst hineingehen et bouder un peu, und wenn du nicht weißt, was das ist, das ist das französische Wort für schmollen. Ach komm, mach nicht so ein entsetztes Gesicht; zeig mir lieber, daß du dich freust.“
    „Es ist so groß.“
    „Du tust gerade so, als wär's Buckingham Palace.“
    „Ich war noch nie in so einem großen Haus. Ich hätte nie gedacht, daß ich einmal in so einem Haus wohnen würde.“
    „Wirst du aber, also gewöhn dich lieber daran.“
    Am Ende standen sie wieder draußen beim Wagen und sahen zu der eleganten, gleichmäßig von Fenstern unterteilten Vorderfront hinauf. Virginia schob die Hände in ihre Manteltaschen und sagte: „Wo ist der Garten?“
    „Was meinst du?“
    „Ich meine Blumenbeete und so. Du weißt schon. Ein Garten.“
    Aber der Garten war achthundert Meter entfernt, von einer Mauer umschlossen. Sie fuhren hin und stießen auf einen Gärtner und Obst und Gemüse, pflückfertig, in Reih und Glied wie Soldaten. „Das ist der Garten“, sagte Anthony.
    „Oh“, sagte Virginia.
    „Was soll das heißen?“
    „Nichts. Bloß oh.“
    Der Innenarchitekt traf pünktlich ein. Ihm auf den Fersen folgten Lieferanten und Lastwagen, Bauarbeiter, Stukkateure, Anstreicher, Männer mit Teppichen, Männer mit Vorhängen, Männer mit Möbelwagen, die Möbel ausschütteten wie Füllhörner, endlos, als würden sie niemals leer.
    Virginia ließ alles geschehen. „Ja“, sagte sie, egal welchen Samtton Philip Sayer vorschlug. „Ja“, wenn er an viktorianische Messingbetten mit dicken gehäkelten Tagesdecken fürs Gästezimmer dachte. „Typisch viktorianisches Landleben, meine Liebe.“
    Nur ein einziges Mal hatte sie die Stimme zu einer eigenen Idee erhoben, als es um die Küche ging. Sie wollte sie so haben wie die einzige Küche, an die sie sich erinnerte, den herrlichen Raum in Penfolda mit seinem Flair von Beständigkeit, der Verheißung von leckerem Gekochtem, der Katze auf dem Stuhl und den üppigen Geranien auf der Fensterbank.
    „Eine Bauernküche! So eine möchte ich. Eine Bauernküche ist wie ein Wohnzimmer.“
    „Ich werde bestimmt nicht in der Küche wohnen, das kann ich dir sagen.“
    Sie hatte Anthony nachgegeben, denn es war nicht ihr Haus. Und es war nicht ihr Geld, mit dem die Spülen aus rostfreiem Stahl bezahlt wurden, der schwarzweiße Fußboden und der selbstreinigende Backofen mit eingebautem Grill.
    Als das Haus fertig war, war Virginia schwanger.
    „Wie wunderbar für Nanny!“ sagte Lady Keile.
    „Wieso?“
    „Herzchen, sie ist in London und arbeitet gelegentlich, aber sie sehnt sich so sehr nach einem neuen Baby. Sicher wird sie nicht sehr darauf erpicht sein, aus London wegzugehen, aber sie findet leicht Anschluß, du weißt, wie groß ihr Bekanntenkreis ist. Ihr Netz ist weiter gespannt als das des Rundfunks, sag ich immer. Und das obere Stockwerk ist für Kinderzimmer gemacht, das sieht man an dem Törchen am Treppenabsatz und an den vergitterten Fenstern. Fabelhaft sonnig. Hellblau, denke ich, was meinst du? Die Teppiche, meine ich, und französische Chintzvorhänge...“
    Virginia versuchte,
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