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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you
Autoren: Sarah Dessen
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nur fester gegen die Wand. »Halley, was hast du denn?«
    »Ich schaffe das nicht.« Meine Stimme klang eigenartig, hoch und dünn. »Es ist einfach gaga, der reine Wahnsinn, außerdem hat sie solche Schmerzen und ich glaube   –«
    Meine Mutter fiel mir ins Wort: »Du musst da jetzt reingehen, Liebes.«
    »Ich schaffe das nicht.« Beim Sprechen tat mir der Hals weh. »Es wird mir einfach zu viel.«
    »Dein Pech«, meinte sie knapp. Fasste mich an der Schulter und schob mich auf die Tür zu, ihre Hand fest auf meinem Rücken. »Denn Scarlett verlässt sich auf dich. Du kannst sie jetzt nicht hängen lassen.«
    »Ich bin aber gar keine Hilfe, so wie ich gerade drauf bin. Ich bin fertig mit den Nerven. So will sie mich sicher |340| gar nicht dabeihaben«, entgegnete ich. Doch meine Mutter öffnete mit ihrer freien Hand bereits die Tür.
    »Sie will niemanden dabeihaben
außer dir «
, antwortete sie. Und dann standen wir plötzlich im Zimmer. Meine Mutter hielt mich mit eisernem Griff fest und führte mich ans Bett zurück. Scarlett saß aufrecht da, umklammerte das Laken. Tränen liefen ihr übers Gesicht.
    »Hallo, Süße.« Meine Mutter stellte sich auf die andere Seite des Bettes und strich über Scarletts Haar. »Du machst das ganz toll. Wirklich prima.«
    »Ist Marion da?«, fragte Scarlett.
    »Noch nicht, aber Brian wartet bei euch auf sie. Sie kommt bestimmt bald, mach dir keine Sorgen. Wie kön nen wir dir helfen? Was können wir für dich tun?«
    »Bleibt einfach bei mir«, erwiderte Scarlett etwas ruhiger. Meine Mutter legte ihre Handtasche auf den Stuhl zu Scarletts Ballkleid und setzte sich ans Bett. »Ich will nicht allein sein.«
    »Du bist nicht allein.« Meine Mutter warf einen auffordernden Blick auf den Stuhl, der auf der anderen Bettseite stand. Ich setzte mich vorsichtig. Schämte mich. »Wir sind bei dir.«
    Meine Mutter beugte sich zu Scarlett und flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr, die ich nicht verstand. Ich sah sie über Scarletts erschöpftes, schweißglänzendes Gesicht hinweg an. Verstand die Worte nicht, wusste aber auch so, was meine Mutter sagte. Es waren dieselben Worte, die ich gehört hatte, wenn ich mit Skateboard oder Inlinern gestürzt war, aus einem Alptraum hochgeschreckt oder zum zigsten Mal von den ekelhaften kleinen Feindinnen aus unserem Viertel auf ihren pinkfarbenen Fahrrä dern bis vor die Haustür gejagt worden war. Ich sah zu, wie |341| meine Mutter das machte, was sie am besten konnte, und begriff, dass ich die Verbindung zu ihr nie vollständig wür de kappen können. Gleichgültig wie stark oder schwach ich selber war – sie gehörte zu mir, war genauso lebenswichtig für mich wie mein Herz. Mein Leben lang würde ich nie ganz ohne sie zurechtkommen.

|342| Kapitel neunzehn
    Die Ärztin sah uns an und nickte.
    »Es kommt, Scarlett, ich sehe schon den Kopf. Du musst nur noch ein paarmal tüchtig pressen, dann ist es da, also mach dich bereit, okay?«
    »Dauert nicht mehr lang«, flüsterte ich ihr zu und drückte ihre Hand noch fester. »Du hast es gleich geschafft.«
    »Du machst das hervorragend«, sagte meine Mutter. »Du bist so tapfer, viel tapferer, als ich je war.«
    »Das liegt an den Medikamenten«, meinte ich. »Seit sie ihr die gegeben haben, ist es der reinste Spaziergang mit ihr.«
    »Halt die Klappe«, fauchte Scarlett. »Ich schwöre, wenn ich das hier endlich hinter mir habe, bringe ich dich um.«
    »Pressen, Scarlett, tüchtig pressen!«, sagte die Ärztin vom Fußende des Bettes her. »Und jetzt – pressen!«
    »Tief einatmen!«, sagte ich. Und atmete selbst tief ein. »Ein . . . aus . . . atmen.«
    »Ein . . . aus . . . schön weiteratmen«, sagte auch meine Mutter. Ihre Stimme klang wie meine. Wie ein Echo. »Komm, Liebes, du schaffst es. Du schaffst es.«
    Scarlett hielt sich an mir fest, drehte mir fast den Arm |343| um. Ihr Mund stand weit offen, ihr Gesicht verschluckte ihre Augen, als sie mit aller Kraft, die ihr noch geblieben war, drückte und presste, presste und drückte, stärker, fester, heftiger als je zuvor an diesem Abend.
    »Da kommt es, es kommt, ah, es kommt.« Die Ärztin lä chelte uns vom Fußende her aufgeregt an. »Noch einmal pressen, Scarlett, dieses Mal vorsichtig, nur noch ein einziges Mal ein kleines bisschen . . .«
    Scarlett presste keuchend noch einmal. Die Ärztin streckte die Hände aus. Fühlte, tastete, zog, drehte. Und hielt plötzlich etwas in der Hand, etwas Kleines, Rotes, Schleimiges, das wild mit den
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