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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition)
Autoren: Niklas Frost
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verpetzt worden?« Er warf Stamm einen
vorwurfsvollen Blick zu.
    »Wenn ihr nicht schlecht geworden wäre, hätte sie’s mit eigenen
Augen gesehen. Außerdem hat deine Frau Metzger als Erste gepetzt.«
    »Die war doch auch vorher weg.«
    »Offenbar kennt sie euch Brüder. Und die Damen hat sie auch
durchschaut.«
    Wanja hob das Tässchen und wollte an seinem Espresso nippen,
schaffte es aber nicht, weil er sein breites Grinsen nicht wegbekam.
    »Wahrscheinlich war sie bloß sauer, dass Keilmeier für ihren Chef so
eine prickelnde Überraschung arrangiert hatte«, sagte er.
    Eva sah ihn ungläubig an. »Du meinst, das war alles für Kostedde …«
    »Für wen denn sonst? Meinst du etwa, für seine eigenen Leute?
Keilmeier lässt sich zwar nicht lumpen, aber nur, wenn es sich für ihn rechnet.
Psycho-Investment nennt er so was.«
    Eva blieb skeptisch. »Und das soll bei Kostedde ziehen? Ich weiß
nicht, auf mich wirkt der irgendwie …«
    »Schwul?« Wanja lächelte neugierig.
    »Nein, nein, schwul auf keinen Fall. Eher desinteressiert an Sex.
Schwer zu beschreiben. Er kommt mir so vor, als kenne er gar keine Triebe.
Außer Machthunger natürlich. Selbst wenn er ein Bier trinkt, tut er das nicht,
weil’s ihm schmeckt, sondern nur, weil er glaubt, dass das bei seinen Wählern
gut ankommt. Political Investment quasi.«
    »Tja«, sagte Wanja, der es inzwischen geschafft hatte, einen Schluck
Espresso zu trinken, »so kann man sich täuschen.«
    Eva behielt ihren skeptischen Ausdruck. »Nee, mich überzeugst du
nicht. Vielleicht solltet ihr froh sein, dass er nicht da war. Er hätte euch
den Bestechungsversuch womöglich übel genommen.«
    »Ich bin erstaunt«, schaltete sich Stamm ein, der bisher amüsiert
zugehört hatte. »Seit wann gehörst du zu Kosteddes Anhängern?«
    Eva stöhnte demonstrativ. »Das ist mal wieder typisches
Männerdenken. Nur weil ich ihn nicht ausstehen kann und seine Politik zum
Kotzen finde, verkörpert er doch nicht gleich alles Schlechte. Selbst bei einem
Typen wie Kostedde sollte man differenzieren können. Und korrupt wirkt er auf
mich nicht. Jedenfalls nicht auf diese primitive Art.«
    Wanja gluckste. Eva zog die Augenbrauen hoch.
    »Hättest du wohl die Höflichkeit, mich in meinem eigenen Haus ernst
zu nehmen!«
    »Okay, okay.« Wanja hob lachend die Arme. »Ein Glück, dass Kostedde
gestern nicht da war!«
    Eva ließ sich von seinem Lachen anstecken. »Schon besser«, sagte sie
und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Was mir im Übrigen auch nicht
einleuchtet: Wieso sollte Frau Metzger sauer sein, weil ihr Kostedde Nutten
servieren wolltet?«
    »Wieso wohl?«, fragte Wanja zurück.
    Einen Augenblick lang war Eva irritiert, dann schüttelte sie heftig
den Kopf. »Nein, nein, das wird jetzt zu albern. Kostedde und Frau Metzger?«
    »So wahr ich Wolfgang Anton Janicki heiße.«
    »Du heißt Wanja.«
    Wanja verschluckte sich an seinem Espresso. Ein braunes Rinnsal
bahnte sich einen Weg durch seinen blonden Bart. Eva warf ihm ein Taschentuch
rüber.
    Nachdem er sich restauriert hatte, sagte Wanja: »Kostedde hat sie
mir ausgespannt.«
    »Hör auf!«, sagte Stamm.
    »Ehrlich. Sie hat’s zwar nie zugegeben, aber ich würde meinen
nigelnagelneuen Touareg verwetten, dass es so war.«
    »Vorsicht«, sagte Eva. »Du hast doch schon mal eine ganze Firma
verspielt, soweit ich weiß.«
    »Eine sehr hässliche Bemerkung. Und falsch. Ich hab die Firma nicht
verspielt, und schon gar nicht verwettet. Ich hab sie schlicht vor die Wand
gefahren.« Er lachte. »Und selbst daran bin ich nur zur Hälfte schuld. Mein
Fehler war, dass ich zu spät aus Paris zurückgekehrt bin. Die Firma stand schon
ganz nah am Abgrund, aber mein Vater war zu krank, um mich vernünftig
einzuarbeiten. Nach Bilanzen und Auftragslage waren wir kerngesund. Als sich
die Gelegenheit ergab, günstig an ein Grundstück für eine Reihenhaussiedlung in
Neuss zu kommen, hab ich natürlich zugeschlagen. Wir sind dann voll in die
plötzliche Hochzinsphase 1994 gerasselt. Die hat zwar nicht einmal ein Jahr
gedauert, aber bis die Leute wieder genug Vertrauen hatten, um ein Eigenheim zu
kaufen, waren wir platt. Normalerweise hätten wir diese Zeit trotzdem
überbrücken müssen, aber ich wusste nicht, dass bei unseren Altaufträgen ein
ganz fettes faules Ei dabei war. Drei Millionen hätten wir für den Bau eines
Einkaufszentrums kriegen müssen, da geht der Auftraggeber pleite. Tja, und das
war’s dann für die Janicki Bau GmbH.
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