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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst
Autoren: Antje Szillat
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dich mal nicht so auf. Ich wollte dich nur warnen und dir helfen.«
    »Mir helfen? Tickst du noch ganz richtig?!«
    »Der zieht hier voll die miese Masche ab, Mann. Tut ganz unschuldig, aber in Wirklichkeit verfolgt der nur ein Ziel.«
    »Ziel?«
    »Sicher, der will dich klarmachen.«
    »Wie bitte?«
    »Dich klarmachen, vernaschen … schon mal was davon gehört?« Spöttisch verzog er den Mund.
    »Sag mal, kann es sein, dass du zu viel Stallluft geschnuppert hast?«, erwiderte ich. »Oder warum laberst du so einen selten dämlichen Schwachsinn?«
    Doch Konstantin zeigte sich kein bisschen beeindruckt von meinen Beleidigungen. Ganz im Gegenteil, er starrte mich geradezu mitleidig an.
    »Du willst es wohl nicht raffen, oder? Der denkt, er hat hier den dicken Ausländerbonus. Hast du mal die Ader an seinem Hals gesehen? Wie beim Gladiator. Bestimmt haut der sich zum Frühstück zehn Scheiben Schinken aufs Brot, wegen dem Eiweiß und so. Mann, schnallst du’s nicht? Der Typ will dich flachlegen. Du wärst nicht die Erste hier, bei der er das versuchen würde.«
    »Völlig logisch«, machte ich mich über ihn lustig. »Du meinst also, er wird mich demnächst packen und mit in den Urwald schleifen. So wie bei Tarzan und Jane. Klingt total realistisch.«
    Er schürzte verächtlich die Lippen. »Bitte, mach dich ruhig lustig. Aber behaupte nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.«
    »Mach ich nicht. Versprochen! Kann ich jetzt reingehen?«
    Konstantin schien tatsächlich anzunehmen, dass ich ihn um Erlaubnis bat, denn er nickte gebieterisch.
    »Was ist denn nun mit der Party? Du kommst doch, oder?«, rief er noch, als ich schon halb im Haus verschwunden war.
    Ohne mich noch einmal umzudrehen, sagte ich schroff: »Das muss ich mir echt noch mal überlegen. Am besten frage ich Tarzan, was der davon hält … ob er mir quasi Dschungelausgeherlaubnis erteilt.« Damit knallte ich ihm die Tür vor der Nase zu.

7.
    Jérôme saß nun schon seit einer halben Stunde am Schreibtisch und versuchte, seine Hausaufgaben zu machen, aber Anna ging ihm einfach nicht aus dem Kopf. Und er stellte überrascht fest, dass er sie vermisste. Obwohl sie sich gerade erst gesehen hatten.
    Er seufzte tief, lehnte sich zurück und blickte aus dem Fenster. In Gedanken rief er sich noch einmal den Nachmittag mit ihr in Erinnerung.
    Er hatte ihr erzählt, was ihn nach Mahlhausen verschlagen hatte. Dass seine Mutter für zwei Jahre als Ärztin nach Afrika gegangen war, er sie aber nicht begleiten konnte, weil er erst sein Abi machen wollte. So war er zu Ella und Udo gezogen und hatte es schon nach kurzer Zeit bitter bereut. Na ja, bis Anna plötzlich aufgetaucht war.
    Es war echt verrückt, vor ein paar Tagen hatte er noch nicht einmal etwas von ihrer Existenz geahnt, und jetzt konnte er sich kaum vorstellen, ohne sie zu sein. Mit einem Mal war sie da gewesen und hatte mit einem Lächeln all seine Zweifel, Sorgen und Ängste einfach zur Seite gefegt.
    Anna war schlagfertig, witzig und machte auf ihn den Eindruck, als ob sie sich vor nichts auf der Welt wirklich fürchten würde. Na ja, und dass sie auch auf Jan Delay stand, hatte ihr weitere Bonuspunkte eingebracht. Und er? Im Nachhinein kam er sich ziemlich dämlich vor. Dieses Weggerenne und das ewige Hin und Her. Er hatte sich ganz schön peinlich verhalten, gestand er sich selbst ein.
    Der Klingelton seines Handys riss ihn aus seinen Gedanken. Hastig kramte er es aus der Hosentasche hervor und schaute auf das Display.
    Sabine ruft an …
    »Hi, Ma!«, rief Jérôme in den Hörer.
    »Hallo, mein Großer. Ich musste gerade an dich denken. Wie geht es dir? Alles okay?«
    Jérôme grinste. »Genauso gut oder schlecht wie gestern oder vorgestern oder vorvorgestern oder …«
    »Schon gut. Ich hab’s kapiert«, fiel sie ihm lachend ins Wort. »Deine alte Mutter nervt.«
    »Quatsch. Natürlich nervst du nicht. Und seit wann fühlst du dich alt?«, fragte er spöttisch.
    Sie stöhnte kummervoll in den Hörer. »Der Job bringt mich noch um. Ich glaube, in den letzten Monaten bin ich um mindestens zehn Jahre gealtert. Du kannst dir nicht vorstellen, was hier für ein Elend herrscht. Manchmal weiß ich nicht, ob ich das wirklich noch ein weiteres Jahr durchstehe, aber …« Sie stockte, bevor sie mit bebender Stimme fortfuhr: »Weißt du … es … es ist entsetzlich. Wir haben nichts. Noch nicht einmal die einfachsten Dinge … und die Menschen hier, die sterben uns unter den Händen weg … Es ist so
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