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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst
Autoren: Antje Szillat
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verklickern, dass du das Theater nur veranstaltet hast, weil der mich zu seiner Party eingeladen hat, oder?«
    »Ach was.« Jérôme schüttelte den Kopf. »Du kannst zu jeder Party gehen, zu der du gehen möchtest. Das ist ganz allein dein Ding.«
    Ich stimmte ihm nickend zu. »Was also ist dann das Problem?«
    Jérôme stöhnte auf. »Mensch, Anna, ich weiß es doch selbst nicht. Der Typ ist irgendwie der große Häuptling bei der Dorfjugend hier. Die tanzen alle schön nach seiner Pfeife. Und ich hab einfach keinen Bock auf Stress und noch viel weniger, dass du deshalb welchen bekommst.«
    »Wollen wir zu mir zurückgehen und in Ruhe darüber reden?«, fragte ich hoffnungsvoll.
    »Lieber nicht.« Jérôme winkte ab. »Deine Mutter hält mich jetzt sicher für einen Volldeppen. Mein grandioser Abgang ist ihr bestimmt nicht entgangen, oder?«
    »Na gut«, lenkte ich ein. »Dann reden wir eben hier darüber.«
    Jérôme hob die Hände und ließ sie sofort wieder schlaff herunterfallen. »Ich weiß nicht, was ich dir noch sagen soll«, erklärte er. »Krause und seine Pfeifenköpfe stehen einfach nicht auf Typen wie mich. Und deswegen versuchen die, mir das Leben hier im Kaff zur Hölle zu machen. So einfach ist das.«
    »Und was genau haben sie gegen dich? Geht es um deine Hautfarbe?«
    Jérôme zuckte mit den Schultern. »Nein, das glaube ich nicht. Mag sein, dass man in einem kleinen Dorf auch mal auf Fremdenfeindlichkeit trifft. Aber ich habe echt nicht den Eindruck, dass das in dem Fall eine Rolle spielt. Ich passe einfachnicht in ihr Schema. Zu ihrer Weltanschauung. Was weiß ich?« Er runzelte die Stirn. »Eigentlich ist mir der Grund auch schnurzegal. Ich möchte nur nicht, dass du es dir meinetwegen mit den Leuten hier verdirbst.«
    Jèrôme schaute zur Seite, sein Brustkorb hob und senkte sich.
    Ich schluckte schwer und fummelte am Gummigriff meines Lenkers herum. »Was hältst du von folgendem Vorschlag«, sagte ich leise.
    Jérôme sah mich an.
    »Ich lass mein Rad hier stehen und dann machen wir einen Waldspaziergang.« Ich lächelte ihn an. »Was meinst du?«
    Jérôme zögerte. »Ich weiß nicht. Und wenn dir einer dein Rad klaut?«, gab er schließlich zu bedenken.
    »Also wenn das deine einzige Sorge ist, kann ich dich beruhigen: Meine Mutter wird sich denjenigen so vorknöpfen, dass er mir das Rad mit Freuden zurückbringen wird«, erklärte ich.
    Jérôme grinste schief. »Das glaub ich dir aufs Wort. Okay, dann mal los.«
    Im Wald empfing uns eine angenehme Ruhe und Kühle. Schweigend liefen wir nebeneinanderher.
    An einer kleinen, saftig grünen Wiese endete der Weg. Ich streckte die Arme zur Seite aus und holte tief Luft.
    »Es ist wunderwunderschön hier. Absolut genial!«, rief ich. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich einfach nur glücklich und schob alles andere beiseite. Ich ließ mich ins warme Gras sinken und streckte die Hand nach Jérôme aus. Ich tat es ganz selbstverständlich, weil es mir plötzlich richtig vorkam.
    »Setz dich doch«, forderte ich ihn auf und lächelte.
    Jérôme ließ sich langsam neben mir auf dem Boden nieder. »Inzwischen komme ich mir wirklich wie ein kompletter Idiot vor. Ich hätte es dir vernünftig erklären und nicht wie ein kleines Kind davonrennen sollen«, murmelte er.
    Ich rupfte eine Pusteblume heraus und drehte sie zwischen den Fingern hin und her. »Die beiden Typen neulich vorm Supermarkt, die haben mich blöd angemacht. So nach dem Motto: Tu, was wir dir sagen, sonst gibt’s Ärger«, gestand ich ihm.
    Jérôme machte große Augen. »Was?« Er stockte und schlug sich gleich darauf mit der flachen Hand vor die Stirn. »Deshalb hast du vermutet, dass sie hinter dem Einbruch bei euch stecken. Jetzt kapier ich es. Du denkst, das sollte eine Art Warnung sein?«
    »Genau, aber das war nur so ein Gedanke. Beweise hab ich dafür natürlich nicht. An diese Theorie mit dem Pferderipper hat selbst meine Mutter nicht geglaubt.«
    »Warum hast du mir nicht schon eher davon erzählt?«
    Ich blies gegen die Blume, nur ganz sacht, sodass sich ein Schirm nach dem anderen vom Stängel löste und durch die windstille Luft tanzte. »Weil ich es nicht für wichtig gehalten habe. Klar, die haben dich
Opfer
genannt und mir ziemlich deutlich gemacht, dass ich auch bald eins bin, wenn ich mich weiterhin mit dir abgebe. Aber mal ehrlich, sollte ich so einen Müll wirklich ernst nehmen?«
    Jérômes Augen verengten sich zu Schlitzen. Er holte tief Luft, schien
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