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Solange am Himmel Sterne stehen

Solange am Himmel Sterne stehen

Titel: Solange am Himmel Sterne stehen
Autoren: Kristin Harmel
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wofür deine Familie gearbeitet hat.«
    Ich gebe keine Antwort, da ich weiß, dass er recht hat, und da ich mich im Augenblick nicht damit befassen kann. Stattdessen frage ich ihn, ob er weiß, wie man die Wasserzufuhr für die Küche abstellt. Er sagt, er weiß es nicht, und so fahren wir den Rest der Strecke schweigend.
    »Wem gehört denn dieser Jeep?«, fragt Matt, als er vor meinem Haus vorfährt. »Jetzt habe ich in deiner Auffahrt gar keinen Platz zum Parken.«
    »Gavin«, sage ich leise. Sein vertrauter graublauer Wrangler steht neben meinem alten Corolla. Meine Stimmung sinkt.
    »Gavin Keyes?«, sagt Matt. »Dem Handwerker? Was tut der denn hier?«
    »Annie muss ihn angerufen haben«, sage ich mit zusammengebissenen Zähnen. Meine Tochter weiß nicht, dass ich Gavin noch immer nicht vollständig für die Arbeiten bezahlt habe, die er den Sommer über an meinem Haus erledigt hat. Nicht einmal annähernd. Sie weiß nicht, dass ich eines Julinachmittags, mit ihm auf der Veranda, peinlicherweise in Tränen ausgebrochen bin, als ich einen Kontoauszug von der Bank bekam, und dass er einen Monat später, als er mit den Reparaturarbeiten an meinem Haus fertig war, darauf bestanden hat, dass ich ihn vorläufig mit kostenlosem Gebäck und Kaffee aus der Bäckerei bezahle. Annie weiß nicht, dass er neben Matt der einzige andere Mensch in der Stadt ist, der weiß, was für ein Chaos mein Leben ist, und dass er aus genau diesem Grund der letzte Mensch ist, den ich im Augenblick sehen will.
    Ich gehe ins Haus, gefolgt von Matt ein paar Schritte hinter mir, der mein Essen von Fratanelli’s in einer Hand trägt. In der Küche treffe ich Annie mit einem Stapel Handtücher an, und Gavin, der den Kopf unter meine Spüle gesteckt hat. Ich blinzele, als mir bewusst wird, dass mein Blick schnurstracks zum Oberschenkel seiner Jeans gewandert ist, um zu sehen, ob das Loch, das ich heute Morgen bemerkt habe, noch da ist. Es ist noch da, natürlich.
    »Gavin«, sage ich, und er zuckt zusammen, kommt unter der Spüle zum Vorschein und steht auf. Sein Blick huscht zwischen Matt und mir hin und her, und er kratzt sich am Kopf, als Matt an ihm vorbeigeht, um mein Essen in den Kühlschrank zu stellen.
    »Hey«, sagt Gavin. Er sieht noch einmal zu Matt und dann zu mir zurück. »Ich bin gleich hergekommen, als Annie angerufen hat. Ich habe dein Wasser erst mal abgestellt. Sieht aus, als ob das geplatzte Rohr in der Wand ist, hinter der Spülmaschine. Ich komme übermorgen vorbei und repariere es dir, wenn es dir nichts ausmacht, so lange zu warten.«
    »Danke, das ist nicht nötig«, sage ich leise. Ich nehme Blickkontakt zu ihm auf, in der Hoffnung, dass er weiß, was ich ihm zu verstehen geben will: dass ich ihn noch immer nicht bezahlen kann.
    Aber er lächelt nur und fährt fort, als ob er mich gar nicht gehört hat. »Morgen bin ich schon ausgebucht, aber übermorgen sieht es noch sehr gut aus«, sagt er. »Da habe ich nur vormittags einen kleinen Job drüben bei Foley. Außerdem dürfte das hier nicht allzu lange dauern. Da muss nur ein Rohr abgedichtet werden, und dann ist es wieder so gut wie neu.« Sein Blick huscht wieder zu Matt und dann zurück zu mir. »Hör zu, ich habe einen Nasssauger im Jeep. Ich hole ihn schnell, und dann helfe ich dir, dieses Wasser zu beseitigen, so gut es geht. Und sobald die Böden trocken sind, können wir sehen, wie groß der Schaden ist.«
    Ich werfe einen Blick auf Annie, die noch immer mit einem riesigen Stapel Handtücher dasteht. »Wir können das hier selber aufwischen«, sage ich zu Gavin. »Du musst nicht bleiben. Stimmt’s?«, sage ich mit einem Blick auf Annie und dann auf Matt.
    »Ich nehm’s an«, sagt Annie schulterzuckend.
    Matt wendet den Blick ab. »Ehrlich gesagt, Hope, muss ich morgen früh raus. Ich muss sehen, dass ich nach Hause komme.«
    Gavin schnaubt und geht wortlos hinaus. Ich ignoriere ihn. »Oh«, sage ich zu Matt. »Natürlich. Danke fürs Essen.«
    Bis ich Matt zur Tür bringe, ist Gavin mit seinem Nasssauger schon wieder da.
    »Ich habe doch gesagt, das ist nicht nötig«, murmele ich.
    »Ich weiß, was du gesagt hast«, sagt Gavin, ohne stehen zu bleiben, um mich anzusehen. Einen Augenblick später, während ich zusehe, wie Matts glänzender Lexus von der Bordsteinkante fährt, höre ich, wie Gavin in der Küche den Nasssauger einschaltet. Ich schließe für einen Moment die Augen, und dann wende ich mich um und kehre zurück zu dem einen Chaos in meinem Leben,
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