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Sokrats für Manager

Sokrats für Manager

Titel: Sokrats für Manager
Autoren: Andreas Drosdek
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Einige in der Begierde, Einige in der Furcht ihre Tapferkeit: Andere aber dagegen, meine ich, Feigheit eben hierin?« Erstaunlicherweise wissen am Ende aber weder der Priester Euthyphron noch der Krieger Laches die jeweiligen Definitionen über das von Sokrates offengelegte Maß hinaus zu verbessern und zu klären. Für Sokrates enden daher beide Gespräche damit, dass keine zufriedenstellende Lösung auf die Fragen, was Frömmigkeit oder Tapferkeit seien, gefunden werden konnte. Klar wurde jedoch, was beides nicht nur ist, und allein diese Eliminierung von unzureichenden Definitionen wertete Sokrates als Fortschritt. Bei diesen Dialogen zeigte Sokrates, dass er sich vor allem darauf konzentrierte, welche Vorstellungen noch unzulänglich waren. Er hatte seine eigenen Vorstellungen, aber gerade diese wollte er mit Hilfe seiner Dialogpartner überprüfen. Dem Priester Euthyphron entgegenete er zum Beispiel an einer Stelle: »Sehr schön, o Euthyphron, und so wie ich wünschte, dass du antworten möchtest, hast du jetzt geantwortet. Ob indes auch richtig, dass weiß ich noch nicht. Allein du wirst mir gewiss auch das noch dazu zeigen, wie es richtig ist, was du sagst.«
    Später sagte er im Gespräch über die Frömmigkeit: »Wollen wir nun nicht wieder dieses in Betrachtung ziehen, ob es gut gesagt ist, Euthyphron?  Oder es lassen, und so leicht mit uns selbst und andern zufrieden sein, dass wenn nur jemand behauptet, etwas verhalte sich so, wir es gleich einräumen und annehmen? Oder muss man erst erwägen, was der wohl sagt, der etwas sagt?« Vor dem Rat der Athener betonte Sokrates später: »Denn das bin ich mir doch bewusst, dass ich weder viel noch wenig weise bin.« Denn das bin ich mir doch bewusst, dass ich weder viel noch wenig weise bin. Sokrates wurde im Laufe der Geschichte immer wieder eine Art falsche Bescheidenheit zugespro-chen. Er hätte angeblich nur vorgegeben, nichts zu wissen, um seinen jeweiligen Gesprächspartner aufs Glatteis zu führen und bloßzustellen. Obwohl Sokrates in praktisch allen Dialogen mit auf den ersten Blick fast zynisch wirkenden Fragen am En-de immer die Oberhand behielt, betonte er immer wieder, dass es ihm nicht darum ginge, recht zu be-halten, sondern darum, im gemeinsamen Dialog die Wahrheit aufzudecken oder zumindest eine klarere Vorstellung vom eigenen Nichtwissen zu erhalten. Es störte Sokrates weniger, wenn wichtige Fragen nicht in einem einzigen Dialog geklärt werden konnten. Es genügte ihm, erst einmal die Bereiche des Nichtwissens enger einzugrenzen.
    Klug ist, wer weiß, was er nicht weiß. Mit seiner radikalen Wahrheitssuche geriet Sokrates immer wieder in Konflikt mit den Sophisten, der Berater- und Trainerelite Athens, die gegen ho-he Honorare die Söhne der Adligen und vor allem auch die Söhne des aufstrebenden Bürgertums auf eine erfolgreiche politische Karriere vorbereiteten. Er entlarvte die Tatsache, dass diese Beraterelite zwar bereitwillig mit Begriffen und Ratschlägen um sich warf, am Ende aber einer ernsthaften Überprüfung des eigenen Standpunkts nicht standhalten konnte.
    Nichtwissen und Management
    Auch in unserer heutigen Zeit würde Sokrates im modernen Management wohl ähnliche Erfahrungen machen. Er würde auf ausgefuchste Topmanager treffen, die die Klavitatur der Unternehmens-politik zwar makellos beherrschen, im Grunde aber weit weniger über effektive Führung und nachhaltige Strategien wissen, als sie glauben und andere glauben machen. Und er würde auf junge Kreative treffen, die sich viel auf ihre Einfälle einbilden, auch wenn diese nicht auf fundiertem Wissen über die Zusammenhänge im Unternehmen und im Markt aufbauen, sondern eher durch reines Talent entstehen. Aber selbst eine hochkreative Marketingkampagne muss nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Da hätte es vielleicht noch viel bessere Möglichkeiten gegeben, da sind vielleicht vielversprechendere Chancen ungenutzt geblieben. Auch die Praktiker und Macher im Management bilden sich oft viel auf ihre Erfolge ein, ohne wirklich die Gesamtzusammenhänge zu verstehen, und reagieren dann überrascht, wenn plötzlich Probleme auftreten, mit denen sie gar nicht gerechnet haben. Ganz zu schweigen von den teuren Beratungsleistungen, die nicht selten verpuffen, weil die Berater selbst die angewandten Konzepte in ihrer letzten Konsequenz und ihrer tieferen Bedeutung nicht richtig verstanden und sich nie die Mühe gemacht haben, die hinter den Beratungskonzepten
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