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Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)

Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)

Titel: Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
Autoren: Thorsten Bonsch
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Schatten heraustrat.
    Er war etwas größer als ich, schlank, gut durchtrainiert, hatte kinnlanges, aschblondes Haar, schön geschwungene, dunkelbraune Augenbrauen, fein geschnittene Gesichtszüge und trug lediglich ein offenes, lindgrünes Hemd und eine abgeschnittene, zerfranste rote Jeanshose, die gerade noch auf seinen Beckenknochen hing. Während er langsam die Steintreppe herunterkam, musterte ich ihn von seinen bloßen Füßen – nackte Füße von hübschen Männern haben mich schon immer wahnsinnig gemacht –  bis zu seinen klaren, grünen Augen, die sich selbst auf diese Entfernung stark von seiner, für diese Gegend unnatürlich hellen, fast milchigen Haut abhoben und wie zwei Jadesteine in der Nachmittagssonne glänzten.
    Wir öffneten gleichzeitig unsere Augen.
    „Was war das?“
    „Du kanntest Zeit bislang nur als eine gleichbleibende Abfolge vor Geschehnissen, ohne die Möglichkeit, Einfluss darauf zu nehmen. Das ist jetzt nicht mehr so. Du kannst Zeit von nun an sortieren, bedingt ändern oder erneut durchleben, beschleunigen oder bremsen. Dabei kannst du dir aussuchen, ob du es mit deinem jetzigen Wissensstand tust, oder unvorbelastet den Abschnitt aufs neue erfährst.“
    „Das ist nicht möglich. Ich träume noch. Das ist alles nicht wirklich.“
    „Was ist wirklich und was nicht? Ist die Erde eine flache Scheibe und der Himmel auf eine Kuppel gemalt oder ist die Erde eine runde Kugel, von der wir durch geheimnisvolle Anziehungskräfte gehalten werden, und das All unendlich? Was davon klingt plausibler? Heute wissen wir es, aber bis zu Galilei und Columbus waren die Menschen felsenfest von der ersten Theorie überzeugt. Und wer kann reinen Herzens sagen, dass das, was wir nun zu wissen glauben, tatsächlich der Weisheit letzter Schluss ist?“
    Ich sah ihn wortlos an. In seinen Augen war keine Lüge zu erkennen, nur Hoffnung und Mitleid.
    „Du glaubst mir nicht, aber ich kann dich verstehen. Mir ging es nicht anders. Komm bitte mit ans Fenster.“
    Ich folgte Alain, er öffnete es ganz und wir lehnten uns nebeneinander auf die Fensterbank.
    „Gib mir deine Hand, du kannst es nicht allein, noch muss ich dir helfen.“
    „Wobei?“
    „Pass auf. Ich werde gleich rufen und dann musst du dich konzentrieren. Versuche, die Zeit um uns herum zu verlangsamen. Aber achte darauf, dass wir nicht Teil davon werden, sonst wirst du keinen Unterschied feststellen können. Keine Angst, ich helfe dir dabei.“
    „Das ist verrückt. Wie soll ich das den machen?“
    „Du wirst es spüren. Bitte verlass dich auf mich. Bist du soweit?“
    „Okay.“
    Natürlich war ich das nicht. Wie auch? Nichts im Leben kann jemanden auf eine solche Situation vorbereiten. Alain stieß plötzlich einen Schrei aus, der unglaubliche Ähnlichkeit mit dem eines aufgeregten Hahns hatte. Ich musste beinahe laut loslachen.
    „Jetzt, Julian!“
    Ich sah noch, wie ein paar Lärchen im Garten verschreckt aufflogen. Dann verschwamm die Szenerie, dehnte sich und schmolz, wie auf einem Gemälde Dalis. Ganz vage hatte ich das Bild einiger Uhren vor meinem geistigen Auge, deren Sekundenzeiger langsamer wurden, digitale Ziffern, die für das Heraufzählen bald so lange brauchten, dass ich sehen konnte, wie sich die einzelnen Flüssigkristalle in den vorgegebenen Formen der Zahlen veränderten.
    „Sieh hin, Julian. Mach die Augen auf.“
    Mein Blick klärte sich, aber mein Atem versagte beinahe. Die Lärchen! Sie waren am Himmel eingefroren. Nun, das war nicht ganz richtig. Wenn man lange genug hinsah, bemerkte man, wie sich ihre Flügel ganz langsam auf- und ab bewegten. Alain lachte freudig.
    „Siehst du? Das haben wir bewirkt. Ist das nicht toll?“
    „Ich ... ich kann es einfach nicht glauben.“
    Er küsste mich vorsichtig auf den Mund. Trotz der merkwürdigen Situation war das angenehme Prickeln wieder da. Doch wie sollte das alles möglich sein. Ich musste ganz einfach träumen. Aber als sich seine warmen, weichen Lippen von meinen lösten, dachte ich, dass es eigentlich keine Rolle spielte. Was würde es für einen Unterschied machen? Sollte alles ein Traum sein, könnte ich ihn eben so gut genießen, und falls nicht, na ja, dann hätte ich in meinem neuen Wunderland zumindest eine Menge Zeit zum Nachdenken.  
     

41
     
    Nachdem Alain im Bruchteil einer Sekunde und ohne sichtbare Anstrengung das Leben um uns herum wieder in Bewegung gesetzt und das Radio aus dem unfertig gestrichenen Zimmer, das nun auf dem alten Holzstuhl
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