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Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Titel: Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Schlafmulde hinüber und begann, mit dem kleinen Erlend zu spielen.
    »Ich glaube, du hast recht«, sagte sie leise.
VIII.
    David Jorden nickte dem Universitätsdiener in der traditionellen mattroten Tracht zu.
    Der Mann hatte ihm ein paar Spulen für das Lesegerät besorgt - genug für eine Nacht Arbeit. Aber Jorden wollte in dieser Nacht nicht durcharbeiten. Er wartete, bis der Universitätsdiener gegangen war, verließ den Raum und fuhr mit einem Transportschacht nach unten.
    In der Haupthalle nickte er zwei gelangweilten Wachmännern zu, die sich später nicht mehr an ihn erinnern würden.
    Jorden nahm das Transportband eines langen Flurs, schlug einen Seitengang ein und erreichte Minuten später eine Nische, an deren Wand die Tasten eines kleinen Schaltfeldes glommen. Zwei Handgriffe, dann glitt die Tür auseinander. Ein weiterer Transportschacht lag dahinter. Er führte ein Stockwerk tiefer in die sogenannte Alpha-Ebene: jenes Netz unterirdischer Tunnel und Hallen, wo Roboter die lauten, schmutzigen Produktionsanlagen bedienten, die schon vor Jahrhunderten von der Oberfläche des Mars verbannt worden waren.
    Auf der Alpha-Ebene gab es keine Laufbänder: die Maschinen, die sich hier normalerweise bewegten, ermüdeten nicht.
    David Jorden tauchte in das düstere Licht eines kahlen Betongangs. Er wußte, daß er von den allgegenwärtigen Kontrollen nicht entdeckt werden würde, solange er die Roboter nicht behinderte und keiner der Produktionsanlagen zu nahe kam. Er zählte die abzweigenden Seitengänge, nahm den fünften an der rechten Seite und öffnete eine Tür, hinter der das gedämpfte Summen und Vibrieren einer Kraftstation erklang.
    Die Energieversorgung der verschiedenen Sektionen von Kadnos wurde durch den Computer kontrolliert.
    Ausfälle kamen vor, aber es dauerte jeweils nur wenige Sekunden, bis der Defekt gefunden und behoben war. Größere Schäden gab es fast nie, und auf Sabotage waren die Kontroll-Computer nicht programmiert, weil Sabotage für die marsianischen Techniker bisher nicht existiert hatte. David Jorden wußte, daß er nicht entdeckt werden würde, solange er nur schnell genug aus der Sektion verschwand, die im Falle eines Defektes auf den Bildschirmen der Kontrolleure erschien.
    Sekundenlang starrte er mit zusammengekniffenen Augen auf die Wand voll farbiger Lichter, Skalen und Meßinstrumente.
    Ein seltsames Gefühl des Unwirklichen hatte von ihm Besitz ergriffen. Schlich er wirklich als Saboteur in der Alpha-Ebene herum? War er wirklich dabei, einer Gruppe rechtskräftig verurteilter Verbrecher zur Flucht zu verhelfen? Er dachte an Lara. Er liebte sie, und noch vor kurzem hatte er geglaubt, daß er das alles nur für sie tat. Jetzt wußte er, daß seine Gefühle allein nicht ausgereicht hätten, um ihn dazu zu bringen, daß noch andere Gründe existierten. Gründe, die in jener Forschungsexpedition auf der Erde lagen, als er plötzlich begriffen hatte, daß es noch eine andere Welt als die der Vereinigten Planeten gab und daß seine eigene Welt nicht das Recht hatte, hemmungslos zu töten und zu vernichten.
    Zielstrebig ging Jorden auf eine der großen Schalttafeln zu.
    Noch einmal zögerte er, dann atmete er tief durch. Mit den Fingernägeln löste er eine bestimmte Abdeckplatte, musterte sekundenlang das Gewirr von Drähten und Kontakten dahinter und hob langsam die Hand.
    Als er den Finger unter eine Kombination verschiedenfarbiger Drähte schob und sie mit einem Ruck herausriß, war er sich bewußt, daß er eine Schwelle überschritten hatte, hinter der es kein Zurück mehr gab.
    *
    Bluttriefende Alpträume...
    Nacktes Grauen, hervorgerufen von einer Droge, die sich der Reizung des Gehirns durch die Impulse der Schlafmaske entgegenstemmte. Charru klammerte sich verzweifelt an den dünnen Bewußtseinsfaden, der ihn mit der Wirklichkeit verknüpfte. Er hatte das Gefühl zu schwimmen, sich hilflos weiterzukämpfen, um den Alpträumen zu entrinnen. Undeutlich wurde er sich des kühlen Kunststoffs unter seinem Körper bewußt, des leichten Drucks der Maske über seinen Augen, und im nächsten Moment kehrte schlagartig die Erinnerung zurück.
    Unterbrechung der Energiezufuhr, hatte Lara gesagt.
    Und sie hatte auch gesagt, daß er sich scheußlich fühlen würde, daß die Kombination von Schlafmaske und Aufputschmitteln mörderisch auf den Organismus wirkte.
    Er fühlte sich scheußlich. Aber zugleich war er hellwach, setzte sich ruckartig auf und wiederholte in Gedanken die
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