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So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock

Titel: So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock
Autoren: Melda Akbas
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auch einen Deutschen oder einen Engländer oder einen Schweden. Auf jeden Fall wird meine Wahl nicht durch die Traditionen meiner Familie entschieden werden, sondern nur durch die Liebe. Irgendwie werde ich der Türkei, dem Land meiner Vorfahren, verbunden bleiben, doch ich fürchte, meine Kinder werden davon nicht mehr allzu viel mitbekommen. Das ist kein Gedanke, der mich glücklich macht. Ich finde es ein bisschen schade. Aber das Leben ist nun einmal so. Erwachsenwerden ist auch ein Abschied, das habe ich inzwischen begriffen.
    Ich bin immer gern in die Türkei gefahren, keine Frage.
Die Sommer, die wir dort verbrachten, waren meine schönsten bisher. Doch wir sind eben immer nur dorthin gefahren, nie in ein anderes Land. Spanien? Italien? Frankreich? Kam für Anne und Baba alles nicht in Frage. Kann ich auch irgendwie verstehen. Das ändert nur nichts daran, dass ich in den letzten Jahren festgestellt habe, wie sehr ich mir wünsche, noch viel mehr von der Welt zu sehen. Wir waren auf Klassenreise in Krakau und in Prag. Ich habe durch einen Schüleraustausch Colmar gesehen und Bristol. Durch den Kunst-Leistungskurs kam ich nach Barcelona. Mit Jenny, meiner deutschen Freundin, war ich letztes Frühjahr für ein paar Tage in London, was nicht ganz einfach zu bewerkstelligen war, aber trotzdem klappte.
    Wir buchten einfach die Tickets, sodass ich meinen Eltern im Notfall hätte sagen können: Es geht nicht anders, die Flüge sind schon bezahlt! Aber dann wollte ich es ihnen doch nicht mit der Holzhammermethode beibringen. Also setzte ich mich eines Abends zu Anne und meinte, ich möchte mit ihr reden, sie solle einfach nur zuhören. Ich bat sie auch noch, sie möge versuchen, mich zu verstehen. Dann rückte ich mit der Sprache heraus. Es war das erste Mal, dass ich versuchte, mit ihr auf einer Ebene zu sprechen. Sonst war ich immer die Trotzige gewesen, wodurch nie ein vernünftiges Gespräch zwischen uns zustande gekommen war. Diesmal ging ich von vorn bis hinten ganz diplomatisch vor. Die Sache war mir einfach zu wichtig. Meine erste Reise allein. Na ja, nicht allein, mit Jenny, aber ohne Eltern oder Lehrer, ohne offizielle Aufsichtsperson. Am Schluss bat ich Anne, in Ruhe darüber nachzudenken. Fast eine Woche verging, dann war sie einverstanden. Anders als Baba. Mit ihm hatte ich gar nicht erst gesprochen,
weil ich wusste, dass nichts Gutes dabei herausgekommen wäre. Er sagte noch an dem Tag, als wir abflogen, er sei dagegen und würde es mir nicht erlauben. Trotzdem fuhr er mich dann zum Flughafen. Annes Ja war eben stärker.
    Weil London so viel Spaß machte, planen Jenny und ich schon unsere nächste Reise, diesmal nach Stockholm. Dort leben Freunde von mir, die ich auf einer Party hier in Berlin kennengelernt habe. Durch Facebook ist es ja kein Problem mehr, mit jemandem in Verbindung zu bleiben, egal, wo auf der Welt er steckt. Na, und dann steht noch Paris auf meiner Reisewunschliste und Rom und … ach, ich kann es kaum erwarten.
    Wie es aussieht, wird in Zukunft einfach wenig Zeit bleiben für die Türkei. Mit den gemeinsamen Eltern-Kind-Reisen ist es sowieso vorbei. Wie soll das auch gehen? Ich bin achtzehn, hallo?! In den vergangenen Sommerferien sind Anne und Baba schon das erste Mal alleine gefahren. Sie wollten mich unbedingt mitnehmen, aber ich wehrte mich mit allen Tricks. Unsere letzte gemeinsame Reise liegt zweieinhalb Jahre zurück. Sommer 2007. Damals kam sogar Tayfun noch mit, obwohl er da schon über zwanzig war. Aber ich erwähnte es schon: Mein Brüderchen weiß genau, wie man sich - finanziell gesehen - am günstigsten eine gute Zeit machen kann.
    Unsere letzte gemeinsame Familienfahrt war wie alle anderen auch, sieht man einmal von den unterschiedlichen Routen ab, für die Baba sich entschied, die waren jedes Mal anders. Bis auf einmal, aber da war ich noch so klein, dass ich mich nicht erinnere, reisten wir immer mit unserem Auto. Fliegen war für eine vierköpfige Familie, noch dazu in der Hauptsaison, zu teuer. Einmal fuhren wir bis zur
Südspitze Italiens und nahmen dort eine Fähre. Ein anderes Mal benutzten wir einen Autoreisezug. Kann sein, dass wir das sogar zweimal machten, da müsste ich ihn fragen. Ich glaube, das war, als im ehemaligen Jugoslawien Krieg herrschte. Die letzte Strecke, die wir fuhren, kriege ich aber noch allein zusammen: Deutschland - Tschechien - Slowenien - Ungarn - Serbien - Bulgarien - Türkei. So ungefähr zweitausendzweihundert Kilometer.
    Es mag
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