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So schoen und kalt und tot

So schoen und kalt und tot

Titel: So schoen und kalt und tot
Autoren: Jane Withcomb
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immer wieder signalisiert hatte, bemerken müssen.
       Chester versuchte, seine Liebste, so gut es ging, zu trösten. Er hatte um ihre Hand angehalten, was ohnehin nur noch eine Formsache war, da sie sich ja vorher schon einig gewesen waren, ohne richtig darüber geredet zu haben.
       Natürlich hatte Melanie seinen Antrag angenommen, denn sie liebte ihn aufrichtig und wollte auch ihr ganzes Leben lang mit ihm zusammen bleiben. Nur – eine Freude darüber wollte bei ihr nicht aufkommen. Sie war sich sicher, in diesem Leben nie wieder eine Freude empfinden zu können.
       Es war ein etwas abgeschiedener Platz an der alten Mauer, wo Alanis ihre letzte Ruhe fand. Ein blühender Busch stand ganz in der Nähe, und auch das Grab von Mrs. Mansfield war nicht weit entfernt.
       Sogar Daisy war gekommen und hielt im Arm ihr kleines Töchterchen, das sich in den letzten beiden Tagen erstaunlich gut erholt hatte. Die Vorhersage, die Alanis ihr gegeben hatte, war unmittelbar eingetreten.
       Dann standen alle am offenen Grab, während Laird Ian einen letzten Gruß an die Tote richtete. Melanie schluchzte leise und konnte kaum zuhören.
       Plötzlich spürte sie eine Hand in der ihren. Sie zuckte erschrocken zusammen. Es war Benjamin, der unbemerkt an ihre Seite gekommen war. „Sehen Sie nur, Miss Barton“, flüsterte er ihr zu und deutete zu dem blühenden Strauch. „Countess ist da.“
       Melanie folgte seinem Handzeichen. „Countess“, flüsterte sie und starrte auf den Hund, der unter einem voll erblühten Ast saß und sie unverwandt musterte. „Wo ist Alanis?“ Hatte sie die Worte laut ausgesprochen oder nur gedacht?“
       In diesem Moment löste sich eine schlanke Gestalt aus dem Meer duftender Blüten. Durchscheinend wie ein zarter Schleier stand das Mädchen da und schaute zu den Trauernden. Dann blieb ihr Blick an Melanie hängen.
       „Alanis, du bist es wirklich.“ Melanies Schluchzen hörte mit einem Mal auf. Sie vergaß die Trauerfeier, vergaß alles, was geschehen war. Sie sah nur noch ihre Schwester, die nicht weit entfernt von ihr stand und sie anlächelte.
       Wie in Trance ging Melanie an den McGregors vorbei auf das Mädchen zu. „Dass du noch einmal gekommen bist“, flüsterte sie und spürte die verwundernden Blicke der anderen auf ihrem Rücken.
       Doch das störte sie nicht.
       „Du darfst nicht mehr traurig sein, Mel“, flüsterte das Mädchen und streckte ihr die Hand hin. „Mir geht es gut, ich werde zu Mum gehen. Sie wartet schon auf mich. Countess nehme ich mit mir.“
       Der Hund setzte sich Alanis zu Füßen, als hätte er nie etwas anderes getan. Sein Gesicht war jetzt freundlich und entspannt. Nichts erinnerte mehr an das knurrende Ungeheuer, das Charles Patterson in den Tod getrieben hatte.
       „Mach das Beste aus deinem Leben“, bat das Mädchen. „Glannagan Castle soll eine Schule werden für Kinder mittelloser Familien. Du wirst es schaffen, Mel. Du bist meine große kluge Schwester, die ich von Herzen lieb habe. Ich werde immer bei dir sein.“ Die Stimme wurde leiser, schwächer.
       „Bleib bei mir, Alanis, ich hab dich doch so lieb. Bitte, bleib…“ Melanie streckte die Hände nach dem Mädchen aus, doch sie griff ins Leere. Langsam, von der Mitte heraus, begann Alanis, sich aufzulösen.
       Chester war zu Melanie getreten. Er legte den Arm um sie. Ich sehe Alanis ebenfalls“, flüsterte er ihr zu. „Und ich habe auch gehört, was sie gesagt hat.“
       Alanis lächelte, aber sie war kaum mehr zu erkennen. „Ich wünsche euch alles Glück dieser Welt. Ich liebe euch…“ Ihre Stimme verlor sich im Raunen des Windes.
       Melanie schaute auf. Weit außerhalb des Friedhofes sah sie ein Mädchen gehen, dessen dunkle Haare im Wind wehten. Ihre Hand hatte sich in dem weichen Fell des großen weißen Hundes vergraben, der dicht neben ihr war.
       „Ich werde sie nie wiedersehen“, flüsterte Melanie Chester zu, dann begann sie zu weinen.
       Chester nahm ihr Gesicht in beide Hände, auch er war gerührt von dem, was eben geschehen war. „Ich liebe dich, Melanie. Für immer und ewig.“ Dann küsste er sie.
       Benjamin hob die Hand und winkte. Dann schaute er zu seinem Vater auf, der diese Szene ebenfalls beobachtet hatte. „Sie gehen ins Licht“, sagte er und lächelte. Laird Ian lächelte zurück.
     
     
     
    E N D E
     
     
     
     
     
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