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So schoen und kalt und tot

So schoen und kalt und tot

Titel: So schoen und kalt und tot
Autoren: Jane Withcomb
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Ärger vermeiden wollte. Seine Kleidung klebte an dem mageren Jungenkörper und fühlte sich schwer und kalt an.
       Als er das schützende Blätterdach hinter sich gelassen hatte prasselte der Regen ungehindert auf ihn nieder. Benjamin blieb stehen und breitete die Arme aus. Er richtete sein Gesicht nach oben und schien es zu genießen, wie die kalten Tropfen über seine Haut liefen.
       Gleißendes Licht holte ihn in die Gegenwart zurück. Es gab ein zischendes Geräusch, als würde ein scharfes Schwert Metall zerschneiden. Dann folgte ein Ohren betäubender Donner, der den Boden erzittern ließ.
       Benjamin spürte, wie er hochgehoben wurde, und noch ehe er richtig verstand, was passierte, wurde er ziemlich unsanft auf die Erde geworfen. Dann war es gespenstisch still.
       Regungslos lag der Junge da und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Sein Körper fühlte sich taub an und er konnte seinen Herzschlag in den Ohren klopfen hören.
       Nach und nach kehrte das Gefühl in seine Hände zurück, dann in seine Arme und Beine. Schließlich gelang es ihm, sich mühsam aufzurappeln. Schwer atmend stand er da und versuchte, nicht zu schwanken, obwohl seine Beine immer wieder unter ihm nachzugeben drohten. Er ahnte, dass ganz in der Nähe ein Blitz in die Erde gefahren war. Einem gnädigen Schicksal hatte er zu verdanken, dass ihm nicht mehr passiert war.
       Langsam schlich er zum Castle und öffnete die hohe Holztüre. Ihm war übel, und immer wieder hatte er das Gefühl, als würde er gleich das Bewusstsein verlieren. Er holte tief Luft, denn er wollte seinen Eltern nichts von dem Vorfall erzählen.
       Das jedoch war nicht mehr möglich. „Benny, da bist du ja.“ Angela kam angelaufen. Ihr Haar war offen und reichte fast bis an die schmalen Hüften. „Hast du den Blitz gesehen? Er muss hier ganz in der Nähe eingeschlagen haben. Ich bin so froh, dass du da bist.“ Sie schloss ihren Sohn in die Arme.
       Benjamin klammerte sich an seiner Mutter fest. „Ich habe nichts bemerkt“, log er, obwohl er noch immer ein Kribbeln hatte im ganzen Körper. „Du machst dir immer zu viel Gedanken, Mum“, tadelte er.
       Irritiert ließ Angela ihren Sohn los. Ein seltsames, unangenehmes Gefühl breitete sich in ihr aus. „Benjamin, was ist mit dir?“ Sie blickte in sein angespanntes Gesicht und spürte, dass der Junge ihr etwas verheimlichte.
       „Lass mich zufrieden, Mum.“ Benjamin schob seinen rechten Arm zwischen sich und Angela, dann schob er sie sanft zur Seite. „Ich geh gleich ins Bett. Schlaf gut, Mum. Wir sehen uns morgen.“ Ohne ihre Antwort abzuwarten ging er mit müden, langsamen Schritten die Treppe nach oben.
       „Benjamin, ich…“ Angela brach ab. Ihr trauriger Blick folgte ihrem Sohn, bis er um die Ecke verschwunden war. Dann ging sie ins Speisezimmer zurück, wo Ian auf sie wartete.
       „Was ist mit unserem Sohn?“
       „Ich weiß es nicht“, gestand die schöne Frau verzweifelt und setzte sich neben Ian. „Vielleicht solltest du mal mit ihm reden? Ich habe keinen Zugang mehr zu ihm.“
       „Vermutlich hast du Recht, Darling. Morgen werde ich mit unserem Sohn nach Glannagan fahren und meine bestellten Waren von der Bahn abholen. Da haben wir genügend Zeit, uns zu unterhalten. Du wirst sehen, es wird sich als harmlos herausstellen, was du gerade so fürchtest.“
       „Benjamin muss den Blitz gesehen haben. Er war im Park, als er einschlug, und es muss ganz in seiner Nähe gewesen sein.“ Angela begann zu zittern. „Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können. Er hätte tot sein können.“ Sie schluchzte unterdrückt auf.
       Sofort nahm Ian sie in die Arme. „Bitte reg dich nicht auf, Angela. Du bist noch nicht so kräftig, dass du dir Aufregungen leisten kannst. Ich liebe dich, Darling, und ich werde mit unserem Sohn reden.“ Er streichelte über ihr tränenüberströmtes Gesicht. Dann küsste er sie.
       Heftiger Sturm schüttelte die alten Bäume im Park. Eine dunkle, ziemlich große Gestalt, schlich den Kiesweg entlang, blieb immer wieder stehen, schaute sich um und lief weiter. An Benjamins Seelengarten verharrte die Gestalt. Unauffällig schmiegte sich der Schatten in die Dunkelheit.
       Erneut zuckte ein greller Blitz über den Himmel. Der Schatten war verschwunden.
     
    * * *
     
       Im Abteil herrschte Dunkelheit. Gleichmäßig ratterten die Räder und verbreiteten eine beruhigende Melodie. Auch als heftiger Regen einsetzte
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