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So nah bei dir und doch so fern

So nah bei dir und doch so fern

Titel: So nah bei dir und doch so fern
Autoren: Kate Allatt
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obgleich die Schwester sagte, man habe nichts Außergewöhnliches gefunden, gefiel ihr die Sache mit dem Lallen offenbar gar nicht, denn sie empfahl, die Notfallstation des Allgemeinkrankenhauses in Sheffield aufzusuchen. Mir boten sich drei Möglichkeiten: sofort dorthin aufbrechen, am nächsten Morgen hinfahren oder einen Termin für den nächsten Tag machen.
    »Wir fahren direkt«, sagte Mark, der inzwischen mit Harvey und Woodster vom Parkplatz gekommen war. Die Empfangsdame benachrichtigte die Notfallstation, und wir fuhren quer durch die Stadt zum Sheffield Hallam Hospital.
    Eine Stunde später stand ich dem diensthabenden Arzt gegenüber. Zuweilen heißt es, man solle unbedingt vermeiden, an einem Sonntag krank zu werden, denn dies sei der Tag, an dem die Fachärzte freimachen und die jüngsten unter den Assistenzärzten Dienst schieben. Mittlerweile hatte die wunderbare Wirkung der Ibuprofen-Tabletten eingesetzt, die ich früher am Morgen eingenommen hatte, und mir ging es nicht mehr so schlecht; Sprachvermögen und Sehkraft funktionierten wieder. Ich beschrieb, was mir im anderen Krankenhaus widerfahren war.
    »Haben Sie es gehört?«, fragte der Arzt Mark.
    Hatte er nicht. Ich schickte ihn nach draußen zum Empfang, um nach den Kindern zu schauen, die wir in unserer Panik im belebten Eingangsbereich alleine zurückgelassen hatten. Dann wollte der Arzt wissen, ob irgendjemand anderes mein Lallen gehört hatte. Damals kam mir diese Frage seltsam vor.
    »Haben Sie momentan irgendwelche Sorgen?«, fragte der Arzt weiter.
    Ich erklärte, dass ich gerade dabei sei, meine eigene Marketing-Firma aufzubauen, und dass mich die Aufgabe, einen Kundenstamm zu gewinnen und genügend Geld zu verdienen, um meine zwei neuen Angestellten zu bezahlen, durchaus unter Druck setzte. Daraufhin kam der Arzt zu dem Schluss, ich leide an Migräne, und schickte mich mit ein paar Co-codamol-Tabletten und dem Ratschlag nach Hause, ich solle es »im Auge behalten« und mich nicht überanstrengen.
    Im Nachhinein weiß ich, dass ich seine Diagnose hätte infrage stellen und darauf hinweisen sollen, dass die Schwester im anderen Krankenhaus immerhin besorgt genug über mein Lallen gewesen war, um mich eine zweite Meinung einholen zu lassen. Außerdem hätte ich dem Arzt erklären müssen, dass er nach der Blutdruckmessung bei dem Ergebnis »normal« nur einen Blick in meine Akte hätte werfen müssen, um festzustellen, dass »normal« in meinem Fall »niedrig« bedeutete. Doch von all dem tat ich nichts, ich fuhr einfach nach Hause, legte mich ins Bett und wartete, bis das Blutgerinnsel in meinem Stammhirn die Versorgung des Gehirns kappte.
    An die Fahrt im Rettungswagen zur Notfallstation vier Stunden später erinnere ich mich kaum, doch man erzählte mir, dass dort helle Aufregung und fieberhafte Aktivität herrschten, während Mark bei Alison anrief, sie solle sich um die Kinder kümmern. Ich wurde nach Sheffield in dasselbe Krankenhaus gebracht, nur schob man mich diesmal auf einer Bahre mit Rädern und mit hektischen Rettungssanitätern an meiner Seite hinein. Der erste Mensch, dem wir begegneten, war der Arzt, der nachmittags die Migräne diagnostiziert hatte. Mark berichtete mir später, er sei ganz schön bleich geworden, als er uns als absoluten Notfall zurückkehren sah.
    Ich versuchte, irgendetwas über einen Krampf in meinem Bein zu schreien. In diesem Moment bemerkte Mark den Wahnsinnsschrecken in meinen Augen. Ich war ein Kontrollfreak, der sämtliche Kontrolle über seinen Körper verloren hatte. Mir wurde eine Maske über das Gesicht gestülpt, um mich zu sedieren, und die Ärzte entschieden, sie müssten eine Ader zum Gehirn blockieren, bevor ein Scan gemacht werden konnte. Mark sagten sie, »irgendetwas Neurologisches« sei vorgefallen, aber sie wüssten noch nicht, was es sei.
    Während mein Gehirn gescannt wurde, hatte Mark die unangenehme Aufgabe, unseren jeweiligen Eltern die schlimme Nachricht zu überbringen. Weil er meine Mutter nicht erreichte, rief er meinen Stiefvater an und teilte ihm Unheil verkündend mit: »Ihr müsst sofort kommen, mit Kate passiert irgendetwas!« Sie waren auf einer Party bei einem Freund in Bury, entschuldigten sich und machten sich umgehend auf den Weg nach Sheffield. Danach rief Mark meinen Vater an, der zu Hause war und direkt zum Krankenhaus raste. Marks letzter Anruf unterbrach eine sonntägliche Soiree seiner Eltern. Seine Mutter und sein Vater, beide halbpensioniert und in ein
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