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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Platz vor dem Einkaufszentrum. Die U-Bahn nehmen. Aber es gab trotzdem keinen Ort … keinen Ort, an dem er … nichts.
    Er hörte Mama zum Telefon gehen, eine lange Nummer wählen. Papas vermutlich.
    Oskar fror ein wenig.
    Er zog die Decke über sich, setzte sich auf, lehnte den Hinterkopf an die Wand, lauschte den Geräuschen von Mamas und Papas Gespräch. Wenn er nur mit Papa sprechen könnte. Aber das konnte er nicht. Daraus wurde ja doch nie etwas.
    Oskar schlang die Decke um sich. Kurz darauf begann Mama zu schreien, und der Indianerhäuptling fiel aufs Bett herab, presste die Decke, seine Hände auf die Ohren.
    Es ist so still im, Kopf. Das ist … der Weltraum.
    Oskar machte die Striche, Farben, Punkte vor seinen Augen zu Planeten, entlegenen Sonnensystemen, die er durchquerte, landete auf Kometen, flog eine Zeit lang mit ihnen, sprang wieder ab und schwebte im Raum, bis an der Decke gerüttelt wurde und er die Augen öffnete.
    Mama stand vor ihm. Ihr Mund war verzerrt, ihre Stimme ein hackendes Stakkato, als sie zu ihm sprach:
    »So. Jetzt hat Papa erzählt … dass er … letzten Samstag … dass du … wo warst du? Was? Wo warst du? Kannst du mir das bitte mal erklären?«
    Mama zog direkt neben seinem Gesicht an der Decke. Ihr Hals spannte sich zu einem dicken, harten Strang.
    »Jetzt fährst du nicht mehr dahin. Nie mehr. Hast du gehört? Warum hast du denn nichts gesagt? Also … dieses Schwein. Menschen wie er sollten keine Kinder haben. Er wird dich nicht wieder treffen. Dann kann er da draußen hocken und saufen, so viel er will. Hast du gehört. Wir brauchen ihn nicht. Ich bin so …«
    Mama machte abrupt kehrt und knallte die Tür zu, dass die Wände wackelten. Oskar hörte sie schnell wieder die lange Nummer wählen, fluchen, als sie eine Zahl vergaß, von vorn anfangen musste. Wenige Sekunden nachdem sie die letzte Ziffer gewählt hatte, schrie sie wieder los.
    Oskar kroch aus der Decke, nahm seine Sporttasche und ging in den Flur, wo Mama so beschäftigt war, Papa anzuschreien, dass sie es gar nicht merkte, als er in die Stiefel glitt und ohne sie zuzubinden zur Wohnungstür ging.
    Erst als er schon im Treppenhaus stand, sah sie ihn.
    »Hallo! Wo willst du hin?«
    Oskar knallte die Tür zu und lief die Treppen hinab, lief mit klappernden Sohlen zur Schwimmhalle.
    *
    »Roger, Prebbe …«
    Jimmy zeigte mit der Plastikgabel auf die beiden, die aus der U-Bahn kamen. Der Bissen Krabbensalat, den Jonny gerade von seinem Sandwich abgebissen hatte, blieb ihm fast im Hals stecken, und er musste noch einmal schlucken, um ihn herunterzubekommen. Er sah seinen Bruder fragend an, aber Jimmys Aufmerksamkeit war ganz auf die beiden Männer gerichtet, die zur Würstchenbude schlenderten und ihn begrüßten.
    Roger war dünn und hatte lange, strähnige Haare, trug eine Lederjacke. Seine Gesichtshaut war von hunderten winziger Krater durchlöchert und wirkte eingeschrumpft, da die Knochen deutlich vorstanden und seine Augen unnatürlich groß erschienen.
    Prebbe trug eine Jeansjacke mit abgeschnittenen Ärmeln und darunter ein T-Shirt und sonst nichts, obwohl es nur ein paar Grad über null waren. Er war groß und dick. Ging überall aus dem Leim, hatte kurzgeschorene Haare. Ein Gebirgsjäger, der außer Form war.
    Jimmy sagte etwas zu ihnen, zeigte den Weg, und sie gingen zu der Transformatorenstation oberhalb der U-Bahn-Gleise. Jonny flüsterte:
    »Warum sind die gekommen?«
    »Um uns zu helfen, natürlich.«
    »Ist das wirklich nötig?«
    Jimmy schnaubte und schüttelte den Kopf, als hätte Jonny nun wirklich nicht die geringste Ahnung, wie der Hase lief.
    »Wie hast du dir das denn mit dem Pauker vorgestellt?«
    »Ávila?«
    »Ja. Dachtest du, er würde uns einfach so hereinlassen und … was?«
    Darauf wusste Jonny keine Antwort, weshalb er seinem Bruder hinter das kleine Backsteinhäuschen folgte. Roger und Prebbe standen mit den Händen in den Taschen im Schatten und stampften auf der Stelle. Jimmy holte ein silberfarbenes Zigarettenetui aus der Jackentasche, klappte es auf und hielt es den beiden hin.
    Roger studierte die sechs handgedrehten Zigaretten, die darin lagen, sagte: »Gedreht und bereit, man dankt …«, und schnappte sich mit zwei dürren Fingern die dickste.
    Prebbe verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die ihn aussehen ließ wie einen der alten Knacker in der Loge aus der Muppet-Show. »Die haben nicht mehr den richtigen Schmackes, wenn sie schon zu lange liegen.«
    Jimmy wackelte einladend
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