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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise
Autoren: Gary Shteyngart
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beigebracht haben, werde ich so hart arbeiten müssen, wie es geht.« Ich dachte an meine Rouenna, deren Hoffnungen erst alle auf meinem warmen fetten Körper ruhten und die dann, als ich in Russland eingesperrt war, mit Jerry Shteynfarb ein neues Leben beginnen wollte. Ich dachte an die Bergjuden und ihr Statuenduett aus Georgi Kanuk und Trotl dem Demokraten, demMörder und seinem Opfer. Ich rief mir alles ins Gedächtnis zurück, was ich in den vergangenen zwei Monaten in Absurdistan erlebt und getan hatte.
    Eine kristallene Scherbe zerbrach in mir. Ich fiel zu Boden und umklammerte einen von Avrams prähistorischen Knöcheln. Die Juden beugten sich herab zu mir und blickten mir in die leeren blauen Augen, und aus leeren blauen Augen blickte ich zurück. »Ich danke euch«, wollte ich sagen, aber es kamen keine Worte aus meinem Mund. Und dann, immer bettelnder, immer hilfloser:                                                                                »Oh,
    wie ich euch danke.                 
    Oh,                                             
    wie ich euch danke.                           
                 Oh,
    wie ich euch danke!«

Epilog
    173. Straße, Ecke Vyse
     
    Unsere Gastgeber brachten uns in einer halb fertigen Villa unter, die eher aussah wie eine vierstöckige Hundehütte mit Burgzinnen und einer Satellitenschüssel auf dem Dach. Unser Schlafzimmer war so weit und leer wie ein Bahnhof kurz vor der Morgendämmerung. Nana hatte mir ihr Gesicht an die Schulter gelegt – trotz ihrer Jugend litt sie schon an Schlafapnoe im ersten Stadium, die Muskeln an ihrer Kehle verkrampften sich, mit dem hübschen Gesicht schnappte sie vergeblich nach ein wenig kalter Bergluft.
    In einer Ecke des Raumes stimmte ein limonengrünes Musikinsekt Strawinskys Symphonie in C an. Sonst war alles ruhig. Ich erhob mich auf die Knie, ging auf alle viere und stand dann ganz auf. Ich spazierte vor das Haus. Auf den Kopfsteinpflasterstraßen zeigte sich kein lebendes Wesen. In der Neubausynagoge brannte kein Licht mehr, und die Fahne der Parfümerie 718 schlug still gegen die verwitterte Fassade des Ladens. An der Hauptstraße war alles tot, abgesehen vom 24 Stunden Internet Club. Drinnen hämmerten ein Dutzend übergewichtiger Nerds im Teeniealter auf ihre Tastaturen ein, wie in jedem Etablissement dieser Art, ob in Helsinki, Hongkong oder São Paulo, eine Hand fest um eine Brausedose oder eine Fleischpastete gelegt, die dicken, übergroßen Brillen wie graue, grüne und blaue Aquarien. Ich wünschte meinen gefallenen Brüdern
schalom
, aber sie grunzten kaum und mochten ihre elektronischen Abenteuer nicht unterbrechen. Ich kaufte mir einen duftenden Crêpe, gefüllt mit Kohl, Petersilie und Lauch, und riss ihn mit den Zähnen in Stücke.
     
    Liebe Rouenna
, tippte ich, als ich an der Reihe war.
Ich komme dich holen, meine liebe Kleine. Ich weiß noch nicht wie, ich weiß nicht, was ich anderen Schreckliches antun muss, um an mein Ziel zu gelangen, aber ich werde nach New York kommen und dich heiraten, und wir werden
4ever 2gether
sein, wie man so sagt.
    Du hast mich schlecht behandelt, Rouenna. Das macht nichts. Ich werde dich auch schlecht behandeln. Ich kann die Welt nicht verändern, und mich selbst schon gar nicht. Aber ich weiß, dass wir nicht dazu bestimmt sind, ohne einander zu leben. Ich weiß, dass ich mich erst sicher fühlen werde, wenn mein kleiner purpurroter Halb-
chuj
in deinem zarten, scharfen Mund steckt.
    Deine Hand wird auf deinem Bauch liegen, wenn du dies liest. Wenn du Shteynfarbs Kind haben möchtest, dann mach nur. Es wird auch mein Kind sein. Was mich angeht, sind sie alle meine Kinder.
    Was kann ich dir sonst noch sagen, mein Küken? Studiere schön. Arbeite bis tief in die Nacht. Verzweifle nicht. Putz dir die Zähne und geh immer schön regelmäßig zum Frauenarzt. Was immer dir jetzt geschieht, Duzidu, ob du das Kind nun austrägst oder nicht, du wirst nie mehr einsam sein.
    Dein russisches Loverschweinchen
    Mischa
     
    Zurück in der Villa, versuchte ich, Timofej wachzurütteln, aber er wollte Morpheus’ Arme nicht verlassen. Ich gab ihm einen kleinen Klaps. Aus schlafverkrusteten Augen sah er mich an. Sein Atem kitzelte mich in der Nase. »Zu Diensten,
batjuschka
«, sagte er.
    »Wir lassen Nana hier«, sagte ich.
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