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SMS für dich

Titel: SMS für dich
Autoren: Sofie Cramer
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eintreffenden Zug aus Hamburg hin. Es ist alles wie beim letzten Mal,
     nur dass sie diesmal nicht einfach bloß nervös, sondern supermegaaufgeregt ist und sich nicht nur Sorgen um ihre inneren,
     sondern vor allem ihre äußeren Werte macht.
    Fünfmal hat sie sich bei Katja vergewissert, dass eine Jeans und ein schlichtes, lässiges Oberteil auch wirklich das Richtige
     für diesen Abend seien. Katja ermahnte sie am Telefon außerdem, ein dezentes Make-up aufzutragen, da er sicher auf den natürlichen
     Typ stehe. Die Absätze sollten dagegen eher hoch sein, weil sie im Falle eines Kusses andernfalls unterhalb seines Kehlkopfes
     landen würde.
    Allein schon die Vorstellung lässt Claras Herz doppelt so schnell schlagen. Alles andere will sie sich lieber gar nicht ausmalen.
     Sie beschließt, schnell noch eine beruhigende Nachricht an Ben zu schicken, weil sie sonst befürchtet, auf der Stelle zu platzen.
     
    Ach Ben, du wirst immer in meinem Herzen sein. Egal, was passiert. Versprochen!
     
    ***
    Mit geschlossenen Augen atmet Clara den frischen Kaffeeduft langsam und genussvoll ein. Sie räkelt sich auf ihrem herrlich
     weichen Sofa und gibt sich dem wohligen Gefühl hin, das sie im ganzen Körper erfüllt. Es muss Wochenende sein!
    O Gott! Aber woher kommen der Kaffeeduft und die Geräusche ihrer Kaffeemaschine? Das Rascheln in der |214| Küche? Und dieses merkwürdige Gefühl im Bauch? Dieses Gefühl, als hätte sich ihr Leben von Schwarzweiß in Bunt und von Kalt
     in Warm verwandelt. Vor allem aber fragt sie sich: Woher kommt dieser dröhnende Kopf?
    Ah, sicher von den vielen Karaffen Grauburgunder und dem Sekt, den sie und Sven geöffnet haben, als sie sehr spät in der Nacht
     in ihre Wohnung kamen.
    Im Zeitraffer versucht Clara all die schönen Augenblicke des gestrigen Abends und der letzten Nacht Revue passieren zu lassen.
     Ob ihre bruchstückhaften Erinnerungen noch alles richtig wiedergeben? Oder ist womöglich irgendetwas furchtbar Peinliches
     passiert?
    Habe ich irgendwas von Ben erzählt?, fragt Clara sich und richtet sich blitzartig auf. Doch sie ist sich ziemlich sicher,
     dass sie es außer vagen Andeutungen über eine heftige und oft noch sehr präsente Vergangenheit tunlichst vermieden hat, Sven
     mit ihrer düsteren Lebensgeschichte zu vergraulen.
    Sie erinnert sich allerdings noch daran, dass sie während ihres letzten Toilettenganges in der Kneipe ihr Spiegelbild grinsend
     und lallend ermahnt hat, Sven auf gar keinen Fall mit zu sich nach Hause zu nehmen. Doch irgendwie marschierten sie wenig
     später in die Richtung ihrer Wohnung statt in die zum Bahnhof. Schnell ist Clara im Geiste jedes Zimmer durchgegangen, ob
     irgendein Indiz auf Ben schließen lassen könnte. Doch die meisten Erinnerungen verstecken sich ohnehin in Schubladen, Schränken
     oder Schachteln. Eigentlich hält nur noch das Schlafzimmer als Erinnerungstempel her. Da ist das Foto auf ihrem Nachttisch,
     die Songtexte auf einer Pinnwand, ein ungewaschenes T-Shirt und die Bettwäsche auf der linken Seite des  |215| Bettes, die sie nie wieder ausgewechselt hat   … Alles sehr gute Gründe, es nicht bis zum Äußersten kommen und Sven besser auf dem Sofa übernachten zu lassen.
    Noch immer ist ein Klappern und Klirren aus der Küche zu vernehmen, allerdings nicht besonders laut, so als ob Sven sich sehr
     bemüht, sie nicht zu wecken. Clara ist unsicher, ob sie einfach zu ihm gehen und sich von hinten an ihn schmiegen oder sich
     überraschen lassen soll.
    Sie zieht sich die Wolldecke über die Nase, schließt die Augen und genießt einfach das Gefühl, zu wissen, dass jemand da ist.
     So wie die ganze Nacht über. Es war einfach wundervoll – diese Mischung aus kribbeliger Spannung und seltsamer Vertrautheit.
    Zunächst hatten sich ihre Hände am Tisch scheinbar zufällig berührt. Und als sie sich später auf dem Sofa einfach nur im Arm
     hielten, war es wie ein Bann, der brach. Ein Bann, von dem Clara gar nicht wusste, dass er da gewesen war. Und auch wenn sie
     sich Sven gern hingegeben und das wundervolle Gefühl, sich begehrt und gleichzeitig geborgen zu fühlen, voll ausgekostet hätte,
     war es ihr in dieser Nacht so viel wichtiger, einfach nur seine Nähe zu genießen und seinen leisen Atem in ihrem Nacken zu
     spüren. Bis sie irgendwann früh am Morgen eng aneinandergekuschelt auf dem Sofa eingeschlafen sind.

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    Sven 
    Auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause muss Sven nicht nur ständig an Clara und
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