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SMS für dich

Titel: SMS für dich
Autoren: Sofie Cramer
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Und dies leider so auffällig, dass Breiding gar nicht anders konnte, als ihm den Text um die Ohren zu
     hauen.
    «Lass mich raten», feixt Hilke grinsend, «ihm fehlt die Würze?» Mit dem typischen Breiding-Zitat gibt sie zu erkennen, sie
     habe den Einlauf des Chefs sehr wohl registriert, obwohl sie nicht einmal von ihrem Bildschirm aufgeschaut hat.
    «Nee», antwortet Sven gequält. «Ich glaub, ihm fehlt eher das Hauptgericht.»
    «Zeig mal her!» Hilke überfliegt die Seiten und sagt mitleidig: «Das sieht nach einer Nachtschicht aus. Brauchst du Hilfe?»
    «Falls mir bis Mitternacht nichts Schlaues eingefallen ist, rufe ich dich an», erklärt Sven und verzieht dabei seinen rechten
     Mundwinkel.
    «O ja, das würde Martin sicher sehr freuen!», entgegnet Hilke ironisch.
    |22| «Keine Sorge. Deine Ehe möchte ich natürlich nicht gefährden.»
    «Och, so schnell droht da keine Gefahr, das weißt du doch», sagt Hilke fast ein wenig stolz.
    «Ja, und ich frage mich wirklich, wie das funktioniert nach so vielen Jahren   …» Sven hat Angst, neidisch zu klingen. Aber wirklich verstehen tut er es nicht.
    «Liebe heißt das Zauberwort. L-I-E-B-E.   Aber davon hast du ja keine Ahnung!»
    Obwohl es Hilke sicher nicht so meint, verspürt Sven einen leichten Stich. Aber er schweigt lieber.
    «Falls du also auch in Liebesdingen oder sonstigen Angelegenheiten Notfallhilfe brauchst, ruf gerne an. Ansonsten sehen wir
     uns morgen.»
    «Ja, danke. Schönen Abend!»
    ***
    Es ist bereits nach Mitternacht, und Sven sitzt noch immer vor seinem Computer. Wenn die Putzfrau nicht zwischenzeitlich aufgetaucht
     wäre, hätte er sich womöglich keinen Zentimeter gerührt. Aber sie hat einfach um ihn herumgesaugt und bemüht leise seinen
     Papierkorb ausgeleert.
    Auf seinem Bildschirm hat sich nichts getan. Sven verspürt einfach keinerlei Motivation, sich erneut an den Text zu machen.
     Stattdessen sitzt er auf seinem Stuhl, mit dem Blick zur HafenCity, die noch immer eine interessante Großbaustelle ist, und
     lässt seine Gedanken schweifen. Er spürt ein ungutes Gefühl in seinem Nacken. Oberhalb der Schulterblätter macht sich ein
     Schmerz bemerkbar, der zwar erträglich, aber doch unangenehm präsent ist.
    |23| Draußen ist es mittlerweile dunkel, und die Fensterscheibe spiegelt sein ernstes Gesicht. Sven fragt sich, ob ihm eigentlich
     gefällt, was er da sieht. Mit seinem Körper kann er ganz zufrieden sein, von dem aktuellen Zustand seiner Fitness abgesehen.
     Aber zu seinem Gesicht hat er keine rechte Meinung. Er empfindet es als durchschnittlich und weder besonders abstoßend noch
     besonders anziehend. Seine bisherigen Freundinnen mochten meist seine Augen. Die hat er von seiner Mutter geerbt. Sie hatte
     angeblich auch diese blassblauen Augen. Als Sven vier Jahre alt war, ist sie gestorben, und er fragt sich, was er wohl sonst
     noch von ihr geerbt hat.
    Fiona hat immer gesagt, seine Augen würden wie das Eisblau eines Huskys strahlen, eine beinahe bedrohliche Einfärbung, aber
     bestechend schön. Sie fand seinen Blick sexy. Dass er sich jedes Mal über das Kompliment freute, hat er ihr meist nicht gezeigt.
    Sven erscheint sein Anblick jedoch eher fahl, so, als blicke er in das Angesicht einer leblosen Gestalt. Sein Haar ist dünn
     geworden. Und er fühlt sich mit seinen 42   Jahren das erste Mal in seinem Leben alt. Ob eine Frau oder gar eine Familie daran etwas ändern würde, fragt sich Sven. Doch
     schnell ermahnt er sich, bloß keinen romantischen Phantasien nachzuhängen. Die würden sich früher oder später ohnehin als
     Enttäuschung erweisen.
    In seiner Welt gab es bisher keine dauerhafte Liebe. Und es wird sie auch nicht geben, davon ist Sven überzeugt. Mit Fiona
     hatte er sich eine gemeinsame Zukunft vorstellen können. Doch sicher wäre irgendwann der Tag gekommen, an dem all die schönen
     Facetten der Verliebtheit heimlich und unwiederbringlich verschwunden wären. Menschen |24| sind nun mal nicht dazu geschaffen, ihr ganzes Leben mit ein und derselben Person zu verbringen. Auch wenn kitschige Filme
     und Bücher unermüdlich das Gegenteil suggerieren.
    Gerade als Sven beschließt, nun doch die Liste mit seinen Lebenszielen fertigzustellen, piept sein Handy. Er greift in seine
     Tasche, um nachzusehen, wer ihm so spät noch eine SMS schickt. Sicher ist es Hilke, die ihm ein paar aufmunternde Worte senden
     will, bevor sie sich gleich zu ihrem Mann ins Bett legt, denkt Sven und spürt, wie er sie um
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