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Smart Magic

Smart Magic

Titel: Smart Magic
Autoren: Christoph Hardebusch
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oben, und komm heute ja nicht wieder runter«, dröhnte die Stimme des Alten plötzlich los, gefolgt von einem erneuten Klatschen. Eine Gestalt tauchte im hellen Türrahmen der Küche auf, klein, geduckt. Tom erkannte Benjamin, der sich die Wange hielt und mit gesenktem Blick an ihnen vorbeirannte. Am liebsten hätte er dem knapp Zwölfjährigen etwas zugeflüstert, irgendetwas Nettes, Ermutigendes, aber seine Lippen wollten sich einfach nicht öffnen.
    Alex ging weiter, schob die Hände in die Hosentaschen seiner Jeans und zog die Schultern trotzig hoch. Auch wenn Tom ihn nur von hinten sah, wusste er genau, dass Alex’ Miene kalt und ungerührt war. Er hatte häufig genug gesehen, wie Alex unter den Tiraden des Alten wirkte, als ginge ihn das alles gar nichts an. Oft hatte sich Tom gewünscht, dass er ebenso sein könnte. Aber das Brennen in seinen Wangen zeigte ihm wieder einmal, dass er seine Gefühle nicht so einfach verbergen konnte.
    Vor der Tür herumzustehen half auch nichts. Also tat Tom es Alex nach, machte sich innerlich bereit und trat in die Küche.
    Das gelbliche, warme Licht der Deckenlampe verbarg den abgenutzten Zustand der Schränke, ließ die schäbigen braunen Möbel fast einladend wirken. Der Alte hatte an dem großen Tisch Platz genommen, der den gesamten hinteren Teil des Raumes einnahm. Auf der völlig verkratzten Platte standen einige schmutzige Teller und eine Bierflasche.
    Selbst im Sitzen wirkte der Alte groß, in Toms Augen fast grotesk riesig. Er war hager, mit schmalen Schultern und einem langen Hals, auf dem der kantige Kopf seltsam deplatziert wirkte. Sein Gesicht war eingefallen, und durch die tief liegenden Augen mit den ausgeprägten Tränensäcken wirkte er stets müde, aber das Funkeln in seinem Blick verriet, dass er ziemlich wach war und nur darauf lauerte, dass jemand in seiner Gegenwart einen Fehler machte. Die graublonden Haare hatte er über die kahle Stelle an seinem Hinterkopf gekämmt; sie wirkten nass und strähnig. Er trug ein gestreiftes Hemd, das er aus dem Hosenbund gezogen und weit aufgeknöpft hatte, sodass Tom das verschwitzte Unterhemd darunter und die hellen Haarbüschel auf seiner Brust sehen konnte.
    »Ah, ihr beiden. Wird aber auch Zeit«, bellte er mit seiner erstaunlich tiefen Stimme, die nicht zu seinem dünnen Körper zu passen schien. Er streckte einen Arm aus und hielt ihnen seine Hand entgegen.
    Alex trat ohne zu zögern vor, zog das Bündel Geldscheine aus der einen Hosentasche, Ausweis und Karten aus der anderen und reichte alles dem Alten. Ein kurzer Blick auf die Karten, dann legte der Alte sie auf den Tisch und blätterte rasch durch die Scheine.
    »Fünfhundert? Ist das alles?«
    Er starrte die beiden misstrauisch an. Der Fünfziger in Toms Schuh war nun wie glühende Kohlen. In den letzten paar Monaten hatte das hier bloß einmal funktioniert, und Tom hatte sich von dem abgezweigten Geld das Handy gekauft. An die anderen Male, als es nicht funktioniert hatte, mochte er gerade nicht denken. Seine Kehle war trocken, und er wollte schlucken, tat es aber nicht, um sich nicht zu verraten.
    Der Alte stand auf und baute sich vor den beiden Jungen auf. Tom blickte hastig zu Boden, aber er wusste auch so, dass der Alte ihn um zwei Haupteslängen überragte.
    »Hast du mir nichts mehr zu geben, hm?«
    Fast hätte Tom seinen Turnschuh hochgerissen und dem Alten den Fünfziger überreicht. Sein Magen fühlte sich wie ein Stück Eis an. Doch er brauchte das Geld, und so schüttelte er schnell den Kopf.
    »Weißt du, was dein Problem ist, Junge? Einem wie dir kann man einfach nicht trauen. Dir liegt das Lügen doch im Blut, das sieht man dir schon an. Wer weiß, wer deine Eltern waren! Wahrscheinlich Zigeuner, die auch nie ein wahres Wort gesagt haben.«
    Tom biss sich auf die Unterlippe. Seine unbekannten Eltern waren ein Lieblingsthema des Alten, und er konnte sich endlos in Vermutungen darüber ergehen, von wem er und Alex wohl abstammen mochten. Nicht, dass er Benny beneidet hätte, dessen Mutter das Sorgerecht verloren hatte, weil sie betrunken ihre Wohnung angezündet hatte. Aber zumindest wusste er, wer sie war.
    »Also, Junge. Denk noch mal drüber nach.« Die Stimme des Alten war jetzt nur noch ein bedrohliches Flüstern. »Hast du sonst wirklich nichts? Wenn das nicht stimmt, holt Alex hier den Stock, und es wird dir ziemlich bald …«
    »Sorry«, fiel Alex dem Alten plötzlich gespielt munter ins Wort. »Hier ist noch einer.«
    Tom konnte
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