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Slide - Durch die Augen eines Mörders

Slide - Durch die Augen eines Mörders

Titel: Slide - Durch die Augen eines Mörders
Autoren: Jill Hathaway
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einen dieser Röcke getragen habe. Ich kann nicht glauben, dass ich einmal mit dem Mädchen befreundet war, das heute das Team leitet. Die zehnte Klasse ist ferne Vergangenheit.
    Sie wirft einen Blick auf mein Oasis-T-Shirt und grinst höhnisch. »Nettes Outfit. Welches Jahr haben wir, 1994 ?«
    Ich funkle sie böse an, bis sie sich abwendet und weiter unauffällig auf ihrem iPhone herumtippt.
    Mein Blick fällt auf die nagelneue Ausgabe von
Astronomie: die kosmische Perspektive
, die aus meinem Rucksack hervorlugt. Ich musste das Buch neu bestellen, damit ich nicht wandere, während ich darin blättere. Menschen haben erstaunlich oft emotionale Bindungen an ein Buch, da gehe ich lieber auf Nummer sicher.
    Da Mrs Winger von ihrem Computerspiel so fasziniert ist, wäre es ein Leichtes, das Buch herauszuholen und das Kapitel über Schwarze Löcher weiterzulesen, mit dem ich gestern angefangen habe. Leider werden in der Klassenarbeit über
Julius Caesar
vermutlich keine Fragen nach Schwarzen Löchern vorkommen.
    »Was habe ich verpasst?«, frage ich Icky.
    »Hm … na ja, die Verschwörer haben Cäsar erstochen. Du hast die einzige gute Stelle im ganzen Stück verpasst.«
    »Scheiße«, sage ich in gespieltem Ärger. Ich beuge mich über sein Pult, wobei ich darauf achte, sein Buch nicht zu berühren, und überfliege den Teil, den ich verpasst habe. Bla bla bla, die Verschwörer umzingeln ihn, und Cäsar ist Geschichte.
    Eine Frage aus der Lektürehilfe: Was waren Cäsars letzte Worte?
    Ich schaue wieder ins Buch und suche die Antwort. Aha! Unmittelbar nachdem Brutus mit dem Messer auf ihn eingestochen hat, sagt Cäsar: »Brutus, auch du? – So falle, Cäsar!«
    Ich stelle mir vor, wie Cäsar zum Kapitol geht, umgeben von Männern, die er für seine Freunde gehalten hat, und von ihnen hinterrücks erstochen wird. Und an Brutus, das blutige Messer in der Hand. Cäsar bleibt nichts anderes übrig als zu sterben, weil selbst das Arschloch, das er für seinen besten Freund gehalten hat, ihn tot sehen will.
    Dann taucht Sophies Gesicht vor meinem inneren Auge auf. Wie wird sie sich fühlen, wenn sie erfährt, dass ihre beiden besten Freundinnen sich gegen sie verschworen haben? Und das an ihrem Geburtstag?
    Menschen sind scheiße.
    Kopfschüttelnd schreibe ich die Antwort hin.
    »Ganz schön krankes Zeug, was?« Icky grinst.
    »Das kann du laut sagen.«
    Es klingelt, und alle erwachen wieder zum Leben.
     
    Mittagspause.
    Ich sitze auf meinem üblichen Platz unter der Tribüne und warte auf Rollins. Von hier aus kann ich eine leere Coladose, ein halbes Snickers und eine Kondomverpackung sehen. Ich wühle in meinem Rucksack nach meinem Essen und frage mich, welcher halbwegs zurechnungsfähige Mensch Sex unter der Tribüne haben möchte. Aber vielleicht waren sie auch auf dem Footballfeld, und die Verpackung wurde nur herübergeweht – auch nicht viel besser.
    Die Pop-Tarts mit braunem Zucker, die ich heute Morgen eingepackt habe, sind zu Krümeln zerfallen. Ich esse die großen Stücke, lege den Kopf in den Nacken und schütte mir den Rest aus der Tüte direkt in den Mund.
    Ich rechne damit, dass sich Rollins von hinten anschleicht und eine blöde Bemerkung über meine ausgezeichneten Tischmanieren macht, aber er taucht nicht auf. Schon zum dritten Mal hat er mich in der Mittagspause hängenlassen. Nach ein paar Minuten hole ich das Astronomiebuch heraus und lese etwas über Schwarze Löcher, während ich eine Limo trinke.
    Ich bin mitten in einem wirklich tollen Absatz, in dem es darum geht, dass nichts – nicht einmal Licht – einem Schwarzen Loch entkommen kann, wenn es einmal den Ereignishorizont erreicht hat, als es über mir klappert. Zwei Leute steigen die Tribüne hinunter. Ich klemme einen Finger ins Buch und schaue verärgert nach oben.
    Eine vertraute Stimme dringt zu mir herunter.
Scotch.
    Ich könnte kotzen.
    Die beiden setzen sich hin, und ich höre einen anderen Typen reden. »Kumpel, das musst du dir ansehen.« Er spricht in verschwörerischem Ton, als hätte er Drogen oder ein Penthouse-Heft dabei.
    Leise packe ich das Buch in den Rucksack. Vielleicht kann ich mich unbemerkt davonschleichen.
    »Was ist das? Wo hast du das her?«, will Scotch wissen.
    »Eine Cheerleaderin hat es heute Morgen rumgeschickt. Hey, hast du die Kleine nicht mal gevögelt?«
    »Ja, einmal«, knurrt Scotch.
    Mir ist ganz schlecht, und ich krieche zum Ausgang. Etwas Scharfes bohrt sich in mein Knie, und ich muss mit aller
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