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SLAM (German Edition)

SLAM (German Edition)

Titel: SLAM (German Edition)
Autoren: Akif Pirincci
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denke, ich kann das vertreten. Karim, früher, als der Mensch noch ein degeneriertes Wesen war, da gab es solche Männer, wie Sie einen gesehen haben. Fette, kranke, nach kaltem Schweiß stinkende Männer. Sie bewegten sich nur ungern, fraßen und soffen ungesunde Dinge und viel zu viel davon. Sie hatten zu wenig Sex und waren hässlich und faul. Damals, als die Medizin und die Nahrungsmittelherstellung noch nicht über so ausgeklügelte Methoden wie heute verfügte, gab es solche Männer überall auf der Welt. Man hat sie ›Dicke‹ oder ›Fe tte‹, oder, feiner ausgedrückt, ›Übergewichtige‹ genannt. Vielleicht war Ihr Traum eine archaische Erinnerung Ihrer Gene an jene Zeiten. Wissen Sie, wir tragen viele Erinnerungen unserer Vorfahren in unseren Genen mit uns herum, aber nicht alle sind positiv. Ihre Erregung kann auch ein fehlgeleiteter Impuls ob des Fremdartigen gewesen sein. Und das erklärt einmal mehr, warum Sie sich ihr nicht hingaben. Sie sind ein hoch entwickeltes Wesen. Sie wissen, was richtig und falsch ist, was schön und was abstoßend. Sie wissen, dass diese Dicken damals abstoßend waren. Das hat Ihnen die Lust am Orgasmus nach Ihrem Traum genommen, Karim.« Er starrte ihn durchdringend an. »So oder so, was Sie erlebt haben und was geträumt, ist vollkommen harmlos. Gehen Sie nun zu Soli und seien Sie ihm ein guter Mann und Gefährte.«
    Herr Harum beugte sich wieder in die Lehne seines Sessels zurück. Er schloss die Augen, sein Gesicht fror ein, die Hände reglos auf dem Schoß verschränkt.
    Karim betrachtete ihn noch eine Weile, dann erhob er sich. Die Sitzung war beendet. Aber anders als sonst ging es ihm diesmal nicht besser, sondern er war verwirrter als je zuvor.

2
     
    D urch die großen Glasflächen des Gebäu des wärmte die Sonne seine Haut. E r kniff die Augen zusammen und genoss das leichte Prickeln, spürte, wie sich die Härchen an seinen Armen aufstellten und sich sein ganzer Körper dem Licht entgegenlehnte. Fast eilig ging er aus dem Haus , in dem er sich eine Erklärung erhofft hatte und da s er nun mit mehr Fragen verließ , als er bei seinem Eintreffen gehabt hatte. Die Sic herheit, mit der Herr Harum ihm erklärt hatte , was es mit den Menschen mit Rundungen auf sich hatte, hatte ihn mehr verunsi chert als beruhigt. W arum erleichterte es ihn ni cht zu erfahren, dass es sich bei diese n Bilder n in seinem Kopf nur um harmlose Erinnerungen handelte, tief in seinen Genen vergraben? Wieso fühlte es sich nicht so an, als sei das Gehe imnis seiner Träume nun gelöst?
    Wie immer wurde sein Atem ruhiger, als er den Park betrat. Obschon an diesem Ort die Luft nicht sauberer war als zwischen den Bürogebäuden, konnte er hier das Leben förmlich unter seinen Füßen fühlen. Die streng geometrische Anordnung der Pflanzen fing seinen unsteten Blick ein, lenkte ihn entlang an sauber geschnittenen Hecken, die sorgsam geharkte Wege säumten. Im Hintergrund summten unzählige, unsichtbare Insekten, hin und wieder spürte er einen leichten Windhauch an seiner Wange vorbeis treifen und redete sich ein, es müsse eine Biene gewesen sein. Gesehen hatte er diese Tiere lediglich auf alten, fast unkenntlichen Abbildungen bei seinen heimlichen Streifzügen durch das Zentralarchiv, für das er arbeitete, auf der Suche nach Antworten auf Fragen, dere n Formulierung er nicht kannte .
    Die Rufe der spiel enden Kinder, das Rascheln der in der Herbstsonne vergilbenden Blätter und das beinah unhörbare Summen winziger Insektenflügel vermischten sich, wurden zu einer Melodie, die die Atmosphäre des Parks untermalte. Und dennoch fand man in manchen Ecken, abgeschirmt von hohen, kühlen Hecken, Ruhezonen, in welche die Stille sickerte und das Rauschen zu einem Hintergrundton wurde. Rückzugsorte für den Verstand und den Körper. Wenn man seine Gedanken schweifen lassen wollte, waren diese kleinen, nahezu geheime n Ecken des Parks ein Geschenk.
    Vorbei an Vätern, die liebevoll ihren spielenden Kindern zusahen, schlenderte Karim genau auf eine solche Ecke zu und ließ sich auf einer schlichten Bank nieder. Kühle umfing ihn , und die Wärme, die sich auf dem kurzen Weg in seiner Haut gesammelt hatte, floss nun aus ihm heraus und mischte sich mit der duftenden Einsamkeit des Herbstlaubes. Er lehnte sich zurück und blickte in den strahlend blauen Himmel , der sich wie ein Fenster grün- golden eingerahmt über ihm auftat. Wieder stand ihm das Bild aus seinem Traum vor Augen und er glaubte no
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