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Siras Toten-Zauber

Siras Toten-Zauber

Titel: Siras Toten-Zauber
Autoren: Jason Dark
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Beginn der Golfkrise erlebte die Öffentlichkeit täglich neue Überraschungen, wobei keine positiv war. Ich dachte auch über den Besuch des Mannes in Indien nach. Daß es diese Palmblattbibliothek geben sollte, davon hatte ich gehört. Mehr auch nicht. Ich kannte keine Zusammenhänge und wußte auch nicht über die Motive Bescheid. Zudem hatte es mich nicht unmittelbar berührt.
    Es waren dort auch nicht die Schicksale aller Menschen auf der Welt niedergeschrieben worden, nur die derjenigen, die im Laufe ihres Lebens diese Bibliothek einmal besuchen würden.
    Sollte mich einmal der Weg dorthin führen, konnte es sein, daß ich auch ein Blatt fand, auf dem mein Schicksal niedergeschrieben worden war. Es hatte eigentlich keinen Sinn, darüber näher nachzudenken. Ich mußte es so hinnehmen.
    Es fiel mir nicht leicht, mich auf ein derart komplexes und geheimnisvolles Gebiet zu konzentrieren, während ich auf die Stadt London schaute. Sie war so real, wie sie vor mir lag. Da waren die Geheimnisse des alten Indien lichtjahreweit entfernt. Hier zählten nur die realen, meßbaren Dinge. Hier lief der Alltag weiter, zu dem auch die Gondel der Gebäudereiniger gehörte, die vor der Glasfront schwebte und sich auf Höhe des neunzehnten Stocks befand.
    Ich sah die Gondel, wenn ich nach links schaute. Zwei Männer waren damit beschäftigt, die Fenster zu reinigen. Sie konnten von ihrem Platz aus in Büros und Wohnungen hineinschauen, und mir ging durch den Kopf, daß sie, wenn sie einen Mord planten, in die ideale Nähe ihrer Opfer gelangen konnten.
    Ich schaute mir die Männer deshalb genauer an. Viel konnte ich von ihnen nicht sehen. Sie trugen eine blaue Kleidung und Mützen auf den Köpfen. In dieser Höhe wehte stets ein stärkerer Wind. Waffen entdeckte ich nicht in der Gondel. Sie ließ sich elektrisch in alle Richtungen bewegen.
    Da die Gondel von links nach rechts schwebte, mußte das Bürofenster das nächste sein, das sie in Angriff nehmen würden. Auf dem Boden der Gondel standen die Arbeitsgeräte, die breiten Wischer, die großen Tücher und die mit Wasser gefüllten Fimer.
    Craig Munro war noch nicht zurückgekehrt. Die Tür des Büros hatte er geschlossen. Kein Schall drang vom Nebenraum her in das große Büro. Man konnte sich hier wie auf einer Insel fühlen, weit ab vom Trubel der normalen Welt.
    Die Luft war gleichmäßig temperiert, die Klimaanlage arbeitete lautlos. Ich war jetzt froh, eine Bar in der Nähe zu haben, weil ich Durst verspürte.
    Munro hatte nicht gelogen. Das Wasser stand neben dem Gin und dem Whisky.
    Ich öffnete eine Flasche, schenkte das Glas voll und dachte daran, daß ein Tag wie dieser verflucht lang und auch langweilig werden konnte. Da mußte man eben versuchen, das Beste daraus zu machen. Wieder trat ich an das Fenster. Ich schaute automatisch nach links. Die Gondel mit den beiden Männern war mittlerweile näher herangefahren. Sie reinigten jetzt die Scheibe des Nebenraums, wo das Sekretariat untergebracht war.
    Ich konnte den Grund nicht sagen, aber irgendwie gefielen mir die beiden Kerle nicht. Diese Putzerei mußte sein, okay, aber daß sie ausgerechnet an dem Tag vor der Hauswand herumturnten, an dem Munro sterben sollte, das wollte mir nicht in den Sinn. Harmlos, redete ich mir ein. Und trotzdem. Vielleicht hatte ich auch zu viele Filme gesehen, wo die Killer als Gebäudereiniger getarnt waren, so etwas gab es ja. Außerdem mußten Menschen, die eine derartige Tat in dieser Höhe verübten, reine Selbstmörder sein, denn einen vernünftigen Fluchtweg hatten sie sich selbst versperrt.
    Ich blieb dennoch mißtrauisch, was sich darin äußerte, daß ich so weit zurücktrat, um die die beiden soeben noch erkennen zu können, sie mich aber nicht sahen.
    Und sie putzten. Wenigstens einer von ihnen. Er war der Größere, der ebenfalls wie sein Kollege eine dunkle Pudelmütze auf dem Kopf trug. Der zweite Mann hatte sich gebückt. Es sah so aus, als wollte er an den Eimern herumfuhrwerken, das jedoch tat er nicht. Er blieb in der Haltung und schraubte irgend etwas zusammen.
    Was es war, erkannte ich nicht, weil der andere Mann mir die direkte Sicht nahm.
    Endlich kam der Kleine hoch.
    Und jetzt sah ich, was er festhielt.
    Zwei kurzläufige Schnellfeuergewehre, wie sie aus amerikanischen Action-Filmen bekannt sind. Eines überreichte er seinem Kollegen, der den Wischer fallen ließ und sich das Gewehr schnappte. Die folgenden Sekunden erlebte ich wie in einem schrecklichen
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