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Siras Toten-Zauber

Siras Toten-Zauber

Titel: Siras Toten-Zauber
Autoren: Jason Dark
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Beschäftigung haben. Sie tun Gutes, Mr. Sinclair.«
    Ich hatte dagestanden, ihr zugehört und war mir vorgekommen wie jemand, der unheimlich viel lernen muß. Wie ein Schüler, der vor seinem Lehrer steht.
    »War Ihnen das neu?«
    »In der Tat, Sira.«
    Sie nickte. »Nicht viele Leute wissen davon, und so soll es auch bleiben. Das ist ganz im Sinne der Mönche. Es sollen wirklich nur die Personen dort erscheinen, deren Namen und Schicksale auch auf einem der Palmenblätter verewigt ist.«
    »Sie wissen nicht, ob mein Name dort ebenfalls steht?«
    »Nein. Sie müssen es spüren, Sie müssen den Drang erfahren, der sie in diese Bibliothek treibt. Dort werden Sie dann über Ihre Zukunft etwas zu lesen bekommen.«
    Ich hatte bei ihrer letzten Erklärung einen Schauer bekommen. Es lag an den Worten und wahrscheinlich auch an dieser geheimnisvollen Umgebung, daß mir so anders wurde. Wenn ich darüber nachdachte, daß ich irgendwann das Palmenblatt mit meinem Schicksal in den Händen halten würde und darauf lesen konnte, was mir in Zukunft widerfuhr, konnte mir schon anders werden. Ich dachte auch an das Rad der Zeit, das ebenfalls in der Lage war, die Zukunft zu zeigen, aber das hatte man nicht zugelassen. Man wollte mich nicht in Bedrängnis stürzen.
    »Spüren Sie den Drang?« fragte Sira.
    »Wenn ich ehrlich sein soll, bestimmt.«
    »Ich kann es mir denken. Es ging auch meinem Mann so. Aber Sie müssen mit dem Schlimmsten rechnen, wenn Sie Ihr Palmblatt in den Händen halten und es sich entziffern lassen.«
    »Wie auch Ihr Mann?«
    »Ja.«
    »Aber er versuchte, dagegen anzugehen. Er wollte sein Schicksal nicht mittragen.«
    Sira nickte. »Das weiß ich, Mr. Sinclair. Wir haben oft genug darüber geredet. Er war einfach dagegen, sich schon jetzt aus dem Leben zu verabschieden, aber es gab keine andere Möglichkeit. Ich habe es ihm gesagt. Er wollte nicht auf mich hören. Zudem hat er einen sehr großen Fehler und Frevel begangen.«
    »Welchen?«
    »Mein Mann Craig stahl das Palmblatt. Es nahm es einfach mit, schmuggelte es aus dem Kloster, und das, Mr. Sinclair, ist nicht nur ein Vertrauensbruch, sondern ein Verbrechen. Schlimmeres kann man den Mönchen nicht antun.«
    »Mönche«, murmelte ich. »Sind es wirklich nur die, die die Blätter lesen können?«
    »Wenn ich ehrlich sein soll, brauchen es nicht unbedingt Mönche zu sein. Und das sind sie auch nicht. Man kann sie als Weise bezeichnen, die eine uralte Tradition fortführen, die stets von Generation zu Generation weitergegeben wird.«
    »Dann befindet sich, wenn ich Sie richtig verstanden habe, die Bibliothek im Besitz einer Familie?«
    Sira nickte. »In gewisser Weise schon. Nur an Mitglieder der Familie und sehr enge Freunde wird das Wissen weitergegeben. Auch unter Folter würden sie es nicht preisgeben, und sie merken genau, wer der Besucher ist und ob er sich nur eingeschlichen hat, getrieben von niedrigen Instinkten.«
    Ich hatte mittlerweile einiges erfahren und war froh darüber. Meine Neugierde hatte sich natürlich gesteigert und auch der Wunsch, die geheimnisvolle Bibliothek zu besuchen. Aber ich wollte auch auf Craig Munros Tod zurückkommen, über den seine Frau so gut wie keine Trauer zeigte. Was mich etwas wunderte.
    »Ihr Mann ist tot.«
    »Ja.«
    »Hat er vielleicht auch gewußt, wie er ums Leben kommen würde? Man hat ihn erschossen. Es…«
    »… hat das eine mit dem anderen nichts zu tun, Mr. Sinclair. Es war heute sein Schicksalstag. Ihn hätte auch ein Herzschlag ereilen können, aber Craig hat sich da auf Geschäfte eingelassen, die nicht gut für ihn waren. Und er hat dann versucht, seine Partner zu hintergehen, als die Golfkrise anfing. Er hatte Geld im voraus kassiert, ohne die Waffen zu liefern. Sie waren übrigens für den Irak bestimmt.«
    Ich nickte. »Das hatte ich mir gedacht. Dann hat der irakische Geheimdienst oder Munros Geschäftspartner die Killer angeheuert, um ihn zu töten.«
    »Ja, es waren Kamikaze-Menschen. Sie werfen für eine Sache ihr eigenes Leben in die Waagschale. Das müssen wir akzeptieren und haben es oft genug in den Medien gehört.«
    »Haben Sie denn keine Furcht?« fragte ich.
    »Vor wem sollte ich?«
    »Nun ja, Sira. Sie waren schließlich mit einem Waffenhändler verheiratet. Gibt es bei diesen Modern nicht den Begriff der Kollektivrache? Ich könnte es mir vorstellen.«
    In ihrem glatten Gesicht rührte sich nichts. »Es mag sein, aber wenn schon. Diese Männer werden mich nicht bekommen, denn ich bin
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