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Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.

Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.

Titel: Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.
Autoren: Georg Dreißig
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plötzlich ein Teppich vor ihnen auf dem Boden. Die beiden Zauberer setzten sich darauf, und der Teppich erhob sich in die Luft und flog mit ihnen davon. »War es schön in der Schule?«, fragte Herr Bim den kleinen Zauberer.
    »Jaha«, erwiderte Simsala zögernd. »Aber du musst mir beibringen, wie viel zehn weniger fünf ist«, fügte er bittend hinzu, »das habe ich nämlich nicht gewusst.«
    »Zehn weniger fünf«, brummte Herr Bim und wiegte den Kopf, »das kommt doch immer darauf an.«
    »In der Schule kommt es immer gar nicht auf nichts an«, erklärte der kleine Zauberer, »da ist es immer nur ein und dasselbe. Das Mädchen, das neben mir sitzt, die Ruth mit den blonden Zöpfen, die viel kleiner ist als ich, die kann das. Sie kann auch zählen, und schreiben kann sie auch, jedenfalls ein bisschen.«
    »Lernt sich alles«, beruhigte ihn der alte Zauberer. Dann in einem plötzlichen Entschluß griff er mit der Rechten in die Luft - und hielt zehn Kieselsteine in der Hand. »Lass es uns einmal versuchen«, ermunterte er Simsala. Gemeinsam beugten sie sich über die Steine, der eine zählte fünf auf seine Seite, der andere fünf zu sich herüber. In der Mitte blieben sieben Kiesel liegen. »Merk's dir gut, mein Sohn«, sagte der alte Zauberer zufrieden und schüttete alle Steine wieder zusammen. Sie versuchten ihr Glück aufs Neue. Beim zweiten Auszählen blieben in der Mitte zwölf Kiesel zurück. »Kommt bei euch in der Schule wirklich immer ein und dasselbe heraus?«, fragte Herr Bim ungläubig und betrachtete nachdenklich die Kieselsteine. »Immer«, bestätigte Simsala tonlos. Da griff Herr Bim die Kiesel, warf sie in die Luft und sah ihnen nach, wie sie als zahllose bunte Falter davonflogen. »Egal«, sagte er, »in der Schule wirst du es noch lernen. Jetzt aber wollen wir überlegen, was wir uns zum Mittagessen zaubern sollen. Wie wäre es mit -« Er schien gründlich zu überlegen, dann fuhr er fort: »- Bratäpfeln mit Tomatensoße?« Da mussten beide lachen.
    »Nein«, prustete Simsala fröhlich, »heute will ich lieber sauren Hering in Himbeermarmelade - mit Senf.« Was sie sich noch alles gewünscht haben mögen, ging in ihrem Gelächter unter. Ja, die beiden Zauberköche auf dem fliegenden Teppich lachten so sehr, dass sie beinahe heruntergefallen wären, und als sie endlich fertig gelacht hatten, sahen sie schon die Türme der Feste Hokuspokus in den blauen Himmel ragen. Sie waren wieder daheim.

Das goldene Schlänglein
    Am nächsten Tag stand Simsala pünktlich zum Schulbeginn an seinem Platz neben Ruth. »Guten Morgen, liebe Kinder«, sagte Herr Martin, als alle still waren.
    »Gu - ten Mor - gen, lie - ber Herr Mar - tin«, erwiderten die Erstklässler und setzten sich.
    »Heute wollen wir wieder schreiben«, erklärte Herr Martin, »damit auch Simsala unsere Buchstaben bald gelernt hat.«
    Blätter wurden ausgeteilt, Stifte hervorgezogen. Simsala hatte keinen Schulranzen, dennoch hielt er einen Stift in der Hand. Wie Ruth bewundernd wahrnahm, war er ganz golden.
    Der Lehrer wandte sich zur Tafel und schrieb. Dann fragte er die Kinder: »Was ist das für ein Buchstabe?«
    »Ein L«, wetteiferten die Kinder um die schnellste Antwort.
    Herr Martin nickte zufrieden. »Schreibt es schön groß auf euer Blatt, dass es ordentlich Platz hat, und seht zu, dass es sich ganz rund macht. Keine Ecken, bitte.« Die Kinder schrieben eifrig.
    Simsala steckte, wie er es am Vortag geübt hatte, die Zungenspitze heraus, ließ sie eifrig von einem Mundwinkel zum anderen wandern und schaute Ruth zu, wie sie sich abmühte, ein schönes rundes L zu malen. Plötzlich merkte das Mädchen, dass der kleine Zauberer sie beobachtete.
    »Guck weg«, zischte sie ärgerlich, »ich bin noch nicht fertig.«
    Dann schaute sie auf Simsalas Blatt, das noch ganz unberührt war, und fragte: »Wann fängst du denn an mit deinem L?«
    »Och«, erwiderte der kleine Zauberer und beugte sich brav über sein eigenes Papier, »jetzt vielleicht.« Er nahm seinen schönen goldenen Stift und machte damit in die untere linke Ecke des Blattes einen kleinen Punkt. »So«, sagte er dann befriedigt und lehnte sich zurück. Ruth staunte.
    »Was soll denn das?«, wunderte sie sich. »Wart ab«, erwiderte Simsala ruhig, »ein L werden natürlich. Hat Herr Martin doch gesagt.« Und es wurde ein L, und was für eins, eins, das sich wirklich ohne Ecken rundete. Erst rundete es sich nur ein wenig. Aus dem kleinen Punkt streckte sich ein winziger
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