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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition)
Autoren: Hugh Howey
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nickte
beschwichtigend. »Es tut mir leid, aber das ist die beste Station im ganzen
Silo. Und du bist hier in Sicherheit. Aber ruh dich erst mal aus. Ich hole die
Schwester.«
    Er stand auf, und
ein dickes Buch rutschte ihm vom Schoß, fiel auf den Stuhl und verschwand
zwischen Decke und Kissen.
    »Meinst du, du
kannst etwas essen?«
    Sie nickte, legte
den Kopf zurück und starrte an die Decke. Und dann kam alles zurück, Stück für
Stück tauchten ihre Erinnerungen wieder auf, so deutlich wie die Schmerzen auf
ihrer Haut.
    * * *
    Tagelang
las sie die zusammengefalteten Briefe und weinte. Lukas saß neben ihr und hob
die Zettel auf, die hinunterfielen wie die Papierflieger der Kinder im
Treppenhaus. Er entschuldigte sich wieder und wieder und schluchzte, als wäre
er verantwortlich für alles, was geschehen war. Juliette las die Briefe ein
Dutzend Mal und versuchte sich zu merken, wer tot war und wer noch persönlich
unterschrieben hatte. Sie konnte nicht glauben, dass Knox tot sein sollte. Sie
weinte um ihn und um Marck, sie wollte unbedingt Shirly sehen, aber man sagte
ihr, das gehe nicht.
    Wenn das Licht
ausging, kamen die Geister. Juliette wachte mit verklebten Augen und nass
geschwitztem Kissen auf, und Lukas trocknete ihr die Stirn und sagte, alles
werde bald schon in Ordnung kommen.
    * * *
    Es
war alles Peters Verdienst gewesen, nur Peters. Juliette dankte ihm immer
wieder. Er hatte die nötigen Entscheidungen getroffen. Lukas erzählte ihr von
der Treppe, von dem Marsch zu seiner Reinigung, wie sie ihre Stimme in Peters
Funkgerät gehört hatten, wie Peter davon erfahren hatte, dass sie lebte.
    Peter hatte das
Funkgerät nicht ausgeschaltet, sondern zugehört. Und dann hatten er und Lukas
miteinander gesprochen. Lukas hatte verbotene Dinge gesagt, aber er war bereits
zur Reinigung verurteilt gewesen, es hatte keine Gefahr bestanden, dass ihm
noch Schlimmeres passierte. Er hatte etwas darüber gesagt, dass er selbst wie
ein böser Virus sei, eine ansteckende Krankheit. Aus dem Funkgerät kam die
Nachricht aus der Mechanik, dass die Menschen sich ergeben hatten. Bernard
verurteilte sie trotzdem alle zum Tode.
    Und Peter musste
eine Entscheidung treffen. Sollte er das Gesetz vertreten? Oder sollte er
demjenigen gehorchen, der ihn an diese Stelle gesetzt hatte? Tat er, was
richtig war oder was von ihm erwartet wurde? Es wäre sehr einfach gewesen, sich
für Letzteres zu entscheiden, aber Peter Billings war ein guter Mann.
    Das hatte Lukas ihm
auf der Treppe gesagt. Er hatte ihm gesagt, dass das Schicksal sie zwar
hierhergebracht hatte, dass sie nun aber aus eigener Kraft entscheiden müssten,
was sie tun wollten.
    Er erzählte Peter,
dass Bernard einen Mord begangen hatte. Dass er Beweise hatte. Lukas hatte
nichts getan, wofür er den Tod verdiente.
    Und Peter merkte an,
dass die komplette Sicherheitsmannschaft sich gerade in der Mechanik befand,
etwa hundert Stockwerke weiter unten. Dass es im oberen Bereich nur noch eine
einzige Schusswaffe gab. Und nur noch ein Gesetz.
    Seins.

82. KAPITEL
    Silo 18. Wochen später
    Die
drei saßen am Konferenztisch. Juliette zupfte vorsichtig den Gazeverband über
das Narbengewebe auf ihrer Hand. Man hatte ihr einen Overall gegeben, der
möglichst locker saß, damit sie keine Schmerzen hatte, trotzdem juckte es sie
überall, wo der Stoff ihren Körper berührte. Sie saß auf einem gepolsterten
Sessel und wippte ungeduldig vor und zurück. Lukas und Peter wollten unbedingt
noch etwas mit ihr besprechen. Sie hatten sie in Richtung Treppenhaus
begleitet, sie dann aber in dieses Zimmer gezogen. Um noch einen Moment unter
sich zu sein , wie sie es nannten. Ihre ernsten Gesichter machten Juliette
nervös.
    Eine Weile sagte
niemand etwas. Peter hatte einen Techniker losgeschickt, etwas zu trinken zu
holen, aber als die Karaffe kam und die Gläser endlich gefüllt waren, trank
niemand auch nur einen Schluck. Lukas und Peter wechselten nervöse Blicke.
Juliette hatte keine Lust mehr zu warten.
    »Was ist denn?«,
fragte sie. »Kann ich jetzt gehen? Ich habe das Gefühl, ihr zögert das schon
seit Tagen raus.« Sie sah auf ihre Uhr, schüttelte den Arm so, dass sie aus dem
Verband hervorrutschte und sie das Ziffernblatt erkennen konnte. Sie blickte
Lukas über den Tisch hinweg an und musste über sein besorgtes Gesicht lachen.
»Wollt ihr mich hier für immer einsperren? Ich habe unten in der Mechanik
längst allen erzählt, dass wir uns morgen Abend sehen werden.«
    Lukas wandte
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