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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition)
Autoren: Hugh Howey
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Er kratzte sich den Bart. »Fühlt sich an, als
hätten wir länger geschlafen.«
    »Was für ein Tag war
gestern?« Sie schüttelte den Kopf. Das ergab doch keinen Sinn. »An welchem Tag
bin ich getaucht? Mit dem Kompressor?« Ihr Gehirn funktionierte nicht richtig.
    Solo sah sie
verwundert an. »Du bist am Donnerstag getaucht. Heute ist morgen.« Er rieb sich
den Kopf. »Also, noch mal von vorn …«
    »Keine Zeit.«
Juliette versuchte aufzustehen. Solo kam und half ihr auf. »Ins Labor für die
Anzüge«, sagte sie. Er nickte. Sie wusste, dass er erschöpft war, mindestens
halb so erschöpft wie sie selbst, und trotzdem hätte er alles für sie getan. Es
machte sie traurig, dass jemand so loyal zu ihr war.
    Sie ging mit ihm den
Gang entlang, und an der Leiter kamen die Schmerzen zurück. Juliette stieg zum
Serverraum hinauf. Solo kam ihr nach und half ihr auf die Füße.
    »Ich brauche unseren
kompletten Vorrat an hitzebeständigem Klebeband«, erklärte sie ihm auf dem Weg
zum Labor. »Und zwar nur das von den gelben Rollen, das aus der Versorgung.
Nicht das rote.«
    Er nickte. »Das
gute. Das wir für den Kompressor benutzt haben.«
    »Genau.«
    Sie verließen den
Serverraum. Juliette hörte die aufgeregten Rufe der Kinder und das Trappeln
ihrer Füße. Ein sonderbares Geräusch, wie das Echo von Geistern. Und
gleichzeitig vollkommen normal. Es war ein bisschen Normalität in Silo siebzehn
zurückgekehrt.
    Im Labor erklärte
sie Solo, was er mit dem Klebeband machen sollte. Sie legte lange Streifen
davon überlappend auf eine der Werkbänke und verschmolz sie mithilfe der
Lötlampe.
    »Es muss immer
mindestens zweieinhalb Zentimeter überlappen«, schärfte sie ihm ein, als sie
den Eindruck bekam, er sei zu sparsam mit dem Material. Er nickte. Juliette
schielte auf ihr Bett und spielte mit dem Gedanken, sich hineinfallen zu
lassen. Aber dafür hatte sie keine Zeit. Sie schnappte sich den kleinsten Anzug
im Raum, mit einem möglichst engen Halsring. Sie erinnerte sich, wie schwierig
es gewesen war, sich in Silo siebzehn durch die Schleuse zu zwängen. Das
Problem wollte sie nicht noch einmal haben.
    »Ich habe keine
Zeit, noch einen Schalter für den Anzug zu bauen, also werde ich keine
Funkverbindung haben.« Sie besah sich den Reinigungsanzug, Zentimeter für
Zentimeter, sie entfernte die Teile, die absichtlich in schlechter Qualität
hergestellt worden waren, und ersetzte sie durch die, die sie in der Versorgung
zusammengesucht hatte. Einiges musste sie einfach mit dem guten Klebeband
versiegeln. Ihr Anzug würde nicht so hübsch und ordentlich aussehen wie der, zu
dem Walker ihr verholfen hatte, aber er würde um Meilen besser sein als der,
den Lukas bekam.
    »Wie lange bist du
weg?«, fragte Solo und riss ein weiteres Stück Klebeband ab. »Einen Tag? Eine
Woche?«
    Juliette sah von
ihrer Werkbank auf. Sie wollte ihm nicht sagen, dass sie es möglicherweise gar
nicht schaffen würde. »Wir werden eine Möglichkeit finden, um euch
nachzuholen«, sagte sie. »Aber erst muss ich versuchen, jemanden zu retten.«
    »Damit?« Solo hielt
die Decke aus den Klebestreifen hoch.
    Sie nickte. »Die Tür
zu meinem Zuhause wird nie geöffnet«, sagte sie. »Außer wenn sie jemanden zur
Reinigung hinausschicken.«
    Solo nickte. »So war
das hier auch, als die Verrückten noch da waren.«
    Juliette sah ihn
überrascht an. Er lächelte. Solo hatte einen Scherz gemacht. Sie lachte, obwohl
ihr nicht danach zumute war, und stellte fest, dass es ihr guttat.
    »Wir haben noch
sechs oder sieben Stunden, bis die Tür aufgeht«, erklärte sie. »Und dann will
ich drüben sein.«
    »Und dann?« Solo
ließ die Lötlampe sinken und inspizierte seine Arbeit. Er sah zu ihr auf.
    »Dann will ich
hören, wie sie im Silo erklären, dass ich noch am Leben bin. Ich glaube, meine
Freunde kämpfen auf der einen Seite und die Leute, die mich rausgeschickt
haben, auf der anderen. Alle anderen gucken zu, die große Mehrheit im Silo. Die
Leute haben zu viel Angst, um Stellung zu beziehen, was im Prinzip bedeutet,
dass sie sich schon geschlagen gegeben haben.«
    Juliette machte eine
Pause und zog mit einer kleinen Zange die Versiegelung heraus, die das
Handgelenk mit den Handschuhen verband.
    »Und du meinst, das
ändert sich dann? Wenn du deinen Freund rettest?«
    Juliette sah auf und
betrachtete Solo, der mit dem Klebeband fast fertig war.
    »Meinen Freund zu
retten bedeutet erst mal nur, dass ich meinen Freund rette«, sagte sie. »Aber
wenn die
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