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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition)
Autoren: Hugh Howey
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Gesichtsfeld verzog sich. Sie konnte Lukas
nicht mehr sehen oder spüren, sie sah nur noch das blendende Licht und fühlte
die sengende Hitze, die sie verbrannte, wo immer der Anzug ihre Haut berührte.
Sie schrie vor Schmerz auf und zog sich die Decke wieder über den Kopf.
    Und die Flammen
wüteten weiter.
    Sie konnte ihn nicht
mehr spüren. Konnte ihn nicht sehen. Sie würde ihn nicht mehr wiederfinden
können. Tausend Verbrennungen breiteten sich auf ihrem Körper aus und schnitten
ihr wie Messer ins Fleisch. Juliette saß allein unter der dünnen Schutzschicht,
verbrannte langsam, saß unter dem prasselnden Feuer und weinte vor Wut. Sie
verfluchte das Feuer, den Schmerz, den Silo, die ganze Welt.
    Bis sie schließlich
keine Tränen mehr hatte und das Feuer ausbrannte. Juliette konnte die dampfende
Decke abwerfen. Ihre Haut fühlte sich an, als würde sie noch brennen. Sie
suchte nach Lukas und fand ihn nicht weit von ihr.
    Er lag an der Tür,
sein Anzug verkohlt. Sein Helm war noch an Ort und Stelle und ersparte ihr den
Anblick seines Gesichts. Sein Visier war noch stärker eingeschmolzen als ihr
eigenes. Sie kroch näher an ihn heran, obwohl sie merkte, dass die Tür hinter
ihr geöffnet wurde, dass man sie holen kam, dass es vorbei war. Sie hatte
versagt.
    Juliette wimmerte,
als sie die Teile seines Körpers sah, über denen der Anzug weggebrannt war. Da
war sein Arm, schwarz verkohlt. Sein Bauch, seltsam aufgebläht. Seine kleinen
Hände, so winzig und schmal und verbrannt bis …
    Nein.
    Das verstand sie
nicht. Sie warf ihre Hände in den dampfenden Handschuhen gegen den verzogenen
Helm und schrie entsetzt auf, in einer Mischung aus Wut und Erleichterung.
    Das war nicht Lukas,
der hier tot vor ihr lag.
    Das hier war ein
Mann, der ihre Tränen nicht verdient hatte.

81. KAPITEL
    Silo
18
    Das
Bewusstsein kam und ging mit den Schmerzen.
    Juliette erinnerte
sich an dichten Qualm, an Stiefel, die um sie herumsprangen, während sie in der
Luftschleuse auf der Seite lag. Ein silberner Stern kam in ihr Blickfeld,
schwankte neben ihrem Visier. Peter Billings sah sie durch den Helm an,
schüttelte ihre verbrannten Schultern, rief den Leuten zu, sie sollten sich
beeilen.
    Er hob sie hoch und
trug sie aus der Hitze hinaus, Schweiß tropfte von seinem Gesicht, der
geschmolzene Anzug wurde ihr vom Körper geschnitten.
    Juliette schwebte
durch ihr altes Büro wie ein Geist. Flach auf dem Rücken, unter ihr quietschte
ein Rad, an den Stahlstäben vorbei, an einer leeren Bank in einer leeren Zelle.
    Sie trugen sie in
Spiralen herum.
    Hinunter.
    Sie wachte auf, weil
sie das Piepen der Maschine hörte, die ihr Herz überwachte, und da war ein
Mann, der so gekleidet war wie ihr Vater.
    Er war der Erste,
der merkte, dass sie wach war. Er zog die Augenbrauen hoch, lächelte, nickte
jemandem hinter ihrer Schulter zu.
    Und da war Lukas,
sein Gesicht – so vertraut, so fremd –, es tauchte unscharf vor ihr auf. Sie
spürte seine Hand in ihrer. Sie wusste, dass diese Hand schon seit einer Weile
da war, dass er die ganze Zeit da gewesen war. Er weinte und lachte und
streichelte ihr die Wange. Jules wollte wissen, was so lustig war. Was so
traurig war. Er schüttelte nur den Kopf, dann trieb sie wieder davon.
    * * *
    Die
Verbrennungen bedeckten den ganzen Körper.
    Sie verbrachte die
Tage der Genesung in einem Nebel aus Schmerzmitteln.
    Immer wenn sie Lukas
sah, entschuldigte sie sich. Sie erhielt stapelweise Briefe von ganz unten aus
der Mechanik, aber niemand durfte zu ihr. Niemand durfte sie sehen, außer dem
Mann, der so gekleidet war wie ihr Vater, und einige Frauen, die sie an ihre
Mutter erinnerten.
    * * *
    Sobald
sie die Medikamente absetzten, wurde ihr Kopf wieder klar.
    »Hey.«
    Sie drehte den Kopf
zur Seite – und da war Lukas. Hatte er sie überhaupt je allein gelassen? Eine
Decke fiel ihm von der Brust, als er sich zu ihr beugte. Er hielt ihre Hand. Er
lächelte.
    »Du siehst besser
aus.«
    Juliette fuhr sich
mit der Zunge über die trockenen Lippen.
    »Wo bin ich?«
    »Auf der
Krankenstation im Dreiunddreißigsten. Alles wird gut. Kann ich dir irgendwas
bringen?«
    Sie schüttelte den
Kopf. Es war ein erstaunliches Gefühl, sich bewegen zu können, sich unterhalten
zu können. Sie versuchte, ihm die Hand zu drücken.
    »Mir tut alles weh«,
sagte sie matt.
    Lukas lachte. Er wirkte
erleichtert, das zu hören. »Das kann ich mir vorstellen.«
    »Seit wann gibt es
im Dreiunddreißigsten eine Krankenstation?«
    Er
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